41 Sitzung am Ich beneide Sie nicht um das Gewiſſen, mit dem Sie dieſe Politik teiben. (Zuruf bei den unabhängigen Sozialdemokraten: Und früher ſind Sie ſelbſt dafür geweſen!) — Wir Sozialdemokraten haben nie in unſerem Leben eine Politit mitgemacht oder verantwortet, die mutwillig die Not der breiten Maſſen ge⸗ ſteigert hat. — 2 Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Sie aber, meine Herren, haben ja eine Anfrage ein⸗ gebracht, die dagegen proteſtiert, daß die Aerzte gegen die Beſtreikung der Gas⸗, Elektrizitäts⸗ und Waſſer⸗ werke Einſpruch erheben. 3 (Stadtv. I). Löwenſtein: Das iſt nicht wahr, ſo heißt die Anfrage nicht!) Ich möchte bei der Gelegenheit feſtſtellen, daß es unwahr iſt, daß die mehrheitsſozialiſtiſchen Mitglie⸗ der des Arbeiterrats für den Generalſtreik geſtimmt hätten. Sie haben gegen den Generalſtreik ge⸗ ſtimmt, und erſt, als gegen ihre Stimmen der Ge⸗ neralſtreik beſchloſſen war, haben ſie erklärt: die Mehrheit hat beſchloſſen, wir fügen uns, wir wollen die Solidarität nicht brechen. Als dann die Mehr⸗ heit zu dem verbrecheriſchen Unſinn überging, Gas, Waſſer und Elektrizität ſperren zu wollen, da erſt haben unſere (Genoſſen geſagt: hier iſt die Grenze der Solidarität, hier können wir nicht mehr mit, hier handelt es ſich nicht mehr um einen Bruder⸗ kampf, hier handelt es ſich um ein Verbrechen am ganzen Volk! (Unruhe.) Di Die „Freiheit“ proteſtiert heute ausführlich und energiſch gegen den Aerzteſtreik. Was die „Frei⸗ heit“ Aber ich frage mich wieder: mit welchem Gewiſſen nennt man die Aerzte, die ihre Hilfe verweigern, Mörder und ſperrt ſelbſt Gas, Waſſer und Elek⸗ trizität ab, Sehr richtig!) liefert dadurch Hunderte und aber Hunderte von Menſchen dem Tode aus! * 1 (Wiederholte Zuſtimmung.) Sie beklagen die Toten der letzten Kämpfe⸗ Wi beklagen ſie mit Ihnen. Aber, meine Damen und Herren, ſterben in Deutſchland nicht nur Menſchen, von Kugeln getroffen, es ſterben jetzt gegenwärtig durchſchnittlich pro Tag 500 Menſchen an Hunger. 5 48 08 (Sehr richtig! bei den Bürgerlichen.) ſprochen hat. Sie wiſſen, daß wir dieſe Leben mittel nur bekommen, wenn Ruhe und Ord iſt. Sie wiſſen, daß wir dieſe Lebensmittel zahlen müſſen, bezahlen mit Kohle, Kali und anderen Produkten unſerer Arbeit. Tr darüber ſchreibt, iſt Wort für Wort richtig. in einer politiſchen V ſſich zwiſchen den beiden Part 42 2. Apri 1919 — billigen Sie den Streik, trotzdem veranſtalten Sie einen Streik über den andern, und jeder dieſer Streiks verurteilt Tauſende und aber Tauſende zum elendeſten Hungertode. 2 (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratiſchen Fraktion und den Bürgerlichen Parteien.) * Das, meine Herren, iſt eine fürchterliche Verant⸗ wortung, die auf Ihnen laſtet, und ich bin glücklich, ſie nicht mit Ihnen zu tragen. Zu dem Antrage mein Schlußwort! Wir müßten froh, wir könnten froh jein, wenn der Belagerungs⸗ zuſtand wegfiele, wenn wir dieſe Regierungstruppen nicht mehr brauchten. An Ihnen liegt , dazu mit⸗ zuhelfen, daß es ſo weit kommt. Wir wollen die Regierung noch einmal bitten, auf das ſorgfältigſte zu prüfen, ob ihre Macht nicht ausreicht, tr o tz Ihrer Taktik den Belagerungszuſtand aufzuheben. Wenn es überhaupt jemals zum Belagerungszuſtand nach der Revolution wieder gekommen iſt, ſo tragen daran die die Schuld, die mit den Waffen in der Hand zur Macht kommen wollen, obwohl ſie nur eine kleine Minderheit des Volkes hinter ſich haben, die nicht warten können, bis die Mehrheit des Vol⸗ kes in freier Abſtimmung ihnen zuſtimmt, ſondern die lieber mit Gewalt eine Diktatur aufzurichten verſuchen. Das ſind die wahren Schuldigen an all den blutigen Opfern, die gefallen ſind. (Bravo! bei der Sozialdemokratiſchen Fraktion und den Bürgerlichen Parteien.) Vorſteher Dr. Borchardt: Bevor ich das Wort weiter gebe, habe ich mitzuteilen, daß folgender Antrag eingegangen iſt: Die Stadtverordnetenverſammlung wolle beſchließen, den Magiſtrat zu erſuchen, die Regierung aufzufordern, den Belagerungszu⸗ ſtand aufzuheben, ſobald ſie es irgendwie mit ihrer Verantwortung für die Aufrechterhal⸗ tung der öffentlichen Ordnung vereinigen kann. 5 Bade, Leupold, Heilmann und weitere Unterſchriften. Stadtv. Dr. Luther: Meine Herren! Wa tte fortzuſpi außerordentlich reizen, Sie wiſſen, daß das Ausland uns Lebensmittel ver⸗ u ner