146 Sitzung am 2. April 1919 Kompromißpolitik, die dazu geführt hat, daß der größte Teil der Arbeiter, ein großer Teil der An⸗ geſtellten ſich von der Regierung abgewendet haben und daß die Regierung ihre Exiſtenz dem Belage⸗ rungszuſtand verdankt. Wenn Herr Heilmann den Eindruck zu erwecken verſucht hat aus ſeiner genauen Kenntnis der Meinung der Regierung, daß der Be⸗ lagerungszuſtand aufrecht erhalten werden ſoll zum Schutze des Rätekongreſſes gegen Angriffe von links, ſo bin ich überzeugt, daß jeder Arbeiter ihn ob dieſer Deutung auslachen wird. Eine Gefahr von links droht dem Rätekongreß in gar keiner Weiſe. Wohl aber droht dieſe Gefahr von rechts. (Lachen bei den bürgerlichen Parteien.) — Ja, verehrte Anweſende, laſſen Sie mich darauf hinweiſen, daß nicht von links, ſondern jetzt ange⸗ ſtiftet von rechts ſich Dinge vorbereiten, die Gewalt⸗ maßnahmen zum Ziele haben, die dann auf die Ar⸗ beiter abgewälzt werden ſollen. (Rufe: Was denn?) Es iſt kein leerer Plan und keine Redensarr, daß Anträge an die führenden unabhängigen Sozial⸗ demokraten gekommen ſind, ſich an Komplotten gegen Noske zu beteiligen. Es iſt kein leerer Plan und keine leere Redensart, daß Verſuche unternommen worden ſind, Arbeitern wieder Waffen auszulie⸗ fern, damit die Vorwände geſchaffen werden können, um ein neues Blutvergießen hier anzurichten. (Rufe: Beweiſe!) — Sie bekommen die Beweiſe früher, als ſie Ihnen lieb ſind. (Wiederholte Rufe: Heraus damit!) — Jedermann weiß, daß der Belagerungszuſtand nicht aufrecht erhalten wird, weil die Kommuniſten ſich nicht an dem Kongreß beteiligen und ihn gefähr⸗ den. Niemand von den Kommuniſten denkt daran. Ja, Herrn Heilmann iſt es ſicherlich genau ſo gut be⸗ kannt wie mir, daß von all den führenden Kommu⸗ niſten ſich überhaupt kein Menſch mehr in Berlin be⸗ findet, daß auch die kommuniſtiſche Fraktion im Ar⸗ beiterrat in keiner Weiſe daran denkt, irgendwelche Gewaltmaßnahmen zu treffen. (Wiederholte Zurufe.) Sehr intereſſant war mir das Zugeſtändnis des Herrn Heilmann, daß der Belagerungszuſtand auf⸗ recht erhalten werde zum Schutze und zur Sicherheit für die Mehrheit der Bevölkerung, wie er ſagte. Er wollte zuerſt ſagen: zum Schutze der Revolution aber er verbeſſerte ſich. Ja, verehrte Anweſende, zum Schutze der Revolution iſt der Belagerungs⸗ zuſtand das denkbar ungeeignetſte Mittel. Die Re⸗ volution wird geſchützt, wenn die Maſſen der Arbeiter ſich frei bewegen können, wenn nicht die Noke⸗Garde in die (Stadtv. Heilmann: findel entehrt!) * Seite nehmen nat Kauf, weil Sie genau wiſſen, daß die Freiwilligen⸗ haft die Gefahr der Gegenrevolution zu bannen Die Revolution wird durch Ge⸗ i Ich brauche auf die hiſtoriſchen Ausführungen von Herrn Heilmann nicht viel zu ſagen. Die Zwiſchenrufe, die bei dieſer Gelegenheit gemacht worden ſind, haben unſere Meinung darüber bereits zum Ausdruck gebracht, und ich glaube, ich ſage nicht zu viel, wenn ich behaupte, daß es Herrn Heilmann außerordentlich ſchwer gefallen iſt, die Taten ſeiner Freunde zu rechtfertigen. Ich will bei dieſer Ge⸗ legenheit nur noch darauf hinweiſen, daß er ſich ja durchaus nicht in Uebereinſtimmung mit allen ſeinen Freunden befindet, ſondern daß gegenwärtig jelbſt in den Kreiſen der rechtsſozialiſtiſchen Mitalieder. auch eines großen Teiles der Führer, eine ſo weit⸗ gehende Erbitterung über dieſe Gewaltherrſchaft be⸗ ſteht, daß über kurz oder lang die Entladung auch in ihren Reihen zum Ausbruch kommen wird. Das iſt für uns der keſte Beweis, daß wir uns mit unſerer Haltung vollkommen auf dem richtigen Wege be⸗ finden. (Sehr richtig! bei den Unabhängigen.) Wir wollen nicht Liebediener der Bourgeoiſie, nicht Liebediener der Reaktion ſein. Wir wollen die Ver⸗ wirklichung des Sozialismus, und wir ſind der Mei⸗ nung, daß eine ſchlennige Inangriffnahme aller der⸗ jenigen Reformen, die die Arbeiterſchaft dringend verlangt, Sozialiſierung und Lemmtlihnn der Herrſchaft der Arbeiterräte, geeignet iſt, allen den Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, die Herr Heilmann jetzt in den Streiks der Arbeiter ſieht. Streiks ſind (Zuruf bei der Demokratiſchen Fraktion: Verbrechen jetzt!) Streiks ſind kein Mittel, das die Arbeiterſchaft aus Prinzip anwendet. Wohl aber gibt es in beſtimmten Situationen als letztes Mittel den Streik. Das müſſen ſelbſt die Gewerkſchaften anerkennen. Wir halten an unſerm Antrag auf Beſeitigung des Belagerungszuſtandes und Zurückziehung der Truppen feſt. Ich möchte nur noch einmal darauf hinweiſen, daß niemand von den Rednern hier hat behaupten können, daß ſich in Charlottenburg irgend⸗ welche Dinge ereignet haben, die den Belagerungs⸗ zuſtand rechtfertigen. Niemand hat auch behaupten können, daß der Zuſtand, wie er jetzt gerade in Char⸗ lottenburg mit der Freiwilligengarde beſteht, irgend⸗ wie zu billigen iſt. Die größten Schädigungen der Geſamtheit erwachſen hieraus. Sie auf der rechten türlich dieſe Dinge gern in den 2171 Garden der Schutz für Ihre Intereſſen ſind. Daß aber die Herren Rechtsſozialiſten ebenfalls nicht wagen, gegen ihre Regierungsmitglieder die Auf⸗ hebung des Belagerungszuſtandes zu verlangen, das zeigt mir, daß ſie nicht geneigt ſind, mit uns ernſt⸗ ſie nicht die Entſchiedenheit aufbringen, dem 3 der Aetefe A ammn belfen Arbeiterratsverſammlungen, kommt und auch in die Verſammlungen der ana. demokratiſchen Vereine und ſie zur Auflöſung bringt.