15²³ Sitzing am 2. April 1919 gründet iſt, zerſtören, ehe wir nicht unter allen Um⸗ ſtänden nachweislich Beſſeres zu ſchaffen in der Lage ſind. Wir ſollen aufbauen, aber erſt dann, wenn wir wirklich wiſſen, daß das, was wir durch den Abbau beſeitigen, ſchlechter geweſen iſt als das, was wir aufzuna:ꝛen trachten. Denn wir uns dieſes mackte Zahlenmaterial in den nächſten Tagen vor Augen halten, dann werden wir meines Erachtens vielleicht davor bewahrt werden, zu ſchnell vorwärts zu ſtürmen und in Programme hineinzugehen, deren Durchführung ſich doch als unheilvoll, jedenfalls als zu ſchwierig im Moment erweiſen könnte. Rom iſt nicht an einem Tage erbaut worden, und die Kom⸗ munaliſierungsprogramme, die ausgeſprochen worden ſind, können auch nicht von heute auf morgen er⸗ füllt werden, (Sehr richtig! bei der Bürgerlichen Fraktion.) die Kommunaliſierungsprogramme, die in einer fort⸗ ſchrittlichen Gemeinde wie der Stadt Charlottenburg zum großen Teil wahrgemacht worden ſind und von denen wir jedenfalls das, was wir erreichen und erar- beiten können, wenn es uns vorteilhaft erſcheint, in kürzeſter Zeit herauszuholen und für Charlottenburg durchzuführen in der Lage ſein werden. Darum möchte ich Sie doch bitten, meine Damen und Herren, bei all dieſen Erwägungen, nie den kühlen Sinn zu vergeſſen, den Sie als Finanzpolititer haben müſſen, den kühlen Sinn, der Sie vielleicht in dem Moment verläßt, wo Sie das parteipolitiſche Programm im Auge haben, der aber notwendig iſt zum Beſten einer Kommune, — den kühlen Sinn, mit dem ich Sie auch bitte, an die Beurteilung des Haushaltsplans für das Jahr 1919 heranzutreten. (Bravo!) Stadtv. Dr Borchardt: Meine Herren! verſuchen, mich möalichſt kurz zu faſien, nachdem die Debatte über den vorigen Gegenſtand der Tages⸗ ordnung ſich ganz wider meine Hoffnung ſo lange ausgedehnt hatte, und ich werde daher einen Teil der Ausführungen, zu denen der Haushaltsplan un⸗ mittelbar Veranlaſſung aibt, unterdrücken. Ich kann das um ſo mehr tun, als ja der Haushalts⸗ plan, was ich hiermit geſchäftsordnungsmäßig bean⸗ trage, dem Ausſchuß überwieſen werden wird, den wir in der vorigen Sitzung gewählt haben, wo dann noch Gelegenheit ſein wird, auf Einzelheiten näher »einzugehen. Der Haushaltsplan ſpiegelt ja und muß wider⸗ ſpiegeln die trübe wirtſchaftliche Lage, in der wir uns befinden. Als vorhin einer der Herren Kol⸗ legen dem Kämmerer dazwiſchen rief: „Abwarten!“, als der Kämmerer meinte, die trübe wirtſchaftliche Lage werde ſich bei dem Ertrage der Steuern in dem nächſten Jahre noch erheblich ſtärker bemerkbar machen, da mußte ich lebhaft daran denken, daß doch ein ſehr aroßer Teil unſeres Volkes noch immer nicht den letzten Grund dieſer wirtſchaftlich trüben Lage begriffen hat, nämlich den Umſtand, daß wir den Krieg verloren haben, und zwar ſo verloren haben, wie es geſchehen iſt. Das haben nicht nur weite Kreiſe der Arbeiterſchaft noch nicht beariffen, 2 1. 4. Folaen dieſes Verluſtes des Krienes und ck, daß di Ich will — Das wird ja zum Teil veranlaßt durch die Hoff⸗ nungsfreudigkeit, die die innere Entwicklung auslöſt, der Umſtand, daß wir in Deutſchland zu einer De⸗ mokratie gekommen ſind mit einem ſtarken Anſatz auch zu einer ſozialiſtiſchen Wirtſchaft. Aber weil die Demokratie in wirtſchaftlicher Beziehung die Hoffnungen nicht erfüllt hat und auch gar nicht hat erfüllen können, die in weiten Kreiſen gerade in bezug auf die Anbahnung der ſozialiſtiſchen Wirt⸗ ſchaftsweiſe an ſie gelnüpft worden ſind, gerade des⸗ wegen hat ſich weiter Kreiſe eine große Unluſt, eine aroße Verdroſſenheit, auch das, was der Herr Käm⸗ merer vorhin ſchilderte, eine Unluſt an der Arbeit, bemächtigt. Wenn es nicht gelingt, dieſe Unluſt wieder zu überwinden, wieder zur Arbeitsfreudigkeit in unſerm Volke zu kommen, dann allerdings, alaube ich, wird es um unſere wirtſchaftliche Zukunft ſehr trübe ausſehen. Daß dieſe trübe Lage ſich im Etat ſpiegeln muß, iſt ja ſelbſtverſtändlich. Ich will daher über unſere Werke, um mich möaglichſt zu beſchränken, kein Wort ſagen. Als der Herr Kämmerer ausführte, daß das Steuerſimplum für die Einkommenſteuer, deren Zu⸗ ſchlag mit 260% beantragt wird, über 125 000 ℳ beträgt, war ch zunächſt der Meinung — ich hatte mir das vorher ſchon ſelbſt berechnet —, daß dieſer Anſatz eigentlich ein recht hoher und beträchtlicher iſt, ein recht hoffnungsfreudiger, der ſich vielleicht nicht erreichen laſſen wird. Ich hatte mir die Zahlen für das Simplum ſeit 1914 zuſammengeſtellt und hatte darin die koloſſale Steigerung wahrgenommen. Freilich hat ja die Stadtverordnetenverſammlung gegenüber dem Maaiſtrat in den Vorjahren dauernd recht behalten, daß die Steuererträge reichlicher ein⸗ gehen, als der Maaiſtrat es veranſchlagt hatte. Ich erinnere daran, daß im vorigen Jahre der Magiſtrat einen Zuſchlag von 190% forderte, alſo ein Herauf⸗ gehen von den vor zwei Jahren noch feſtaehaltenen 170% um 20%, daß aber die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung es war, welche das Steuerſimplum, das der Magiſtrat vorſchlug, das nur eine Steigerung um 2500 ℳ gegenüber dem vorjährigen aufwies, um über 9000 ℳ erhöhte und damit den Zuſchlag auf 180% feſtſetzte. Der Maaiſtrat glaubte noch in der letzten Sitzung ſeinem Proteſt Ausdruck geben zu müſſen, ſeiner Ueberzeugung, daß der von ihm vor⸗ geſchlagene Satz der richtige wäre. Wir haben eben zu unſerer Freude vom Herrn Kämmerer gehört, daß der Eingang ſogar ſo ſtark geweſen iſt, daß das Steuerſimplum für 1918 nunmehr 130 000 %ℳ be⸗ trägt. Als ich dieſe Zahl hörte, da ſchwand ein Teil meiner Beſorgnis wegen des Steuerſimplums von 125 000 %ℳ, obwohl ich mir ſagen muß, daß ich unſerm Wirtſchaftsleben in dieſem Jahre und dem Einfluß, den es auf die Steuern haben wird, nur mit aroßer Beſorgnis entgegenſehe. Nichtsdeſto⸗ 1 wird ſich möalicherweiſe dieſe Zahl halten aſſen. In anderen Poſitionen dagegen, alaube ich, werden die Steuern doch noch ertraareicher ſein können. Der Herr Kämmerer hat auf die Luſtbar⸗ keitsſteuer hingewieſen. Ich hatte auch bereits ge⸗ ſehen, daß ſie im Vorjahre mit 290 000 ℳ, in dieſem Jahre mit 550 000 ℳ einaeſetzt iſt, und ich war der Meinung, daß das ſchon reichlich hoch ſei. Nachdem wir aber eben vom Herrn Kämmerer gehört haben, daß beinahe das Dreiſache, alſo weit über 800 000 ℳ, eingekommen iſt, behalten ſich meine 2 f doch P iu prüfen, ob nicht bei diefem