156 Sitzung am 2. mit den Pflegejätzen nicht herauf⸗, ſondern herunter⸗ zugehen. Ich erſpare es mir, noch auf weitere Einzel⸗ ge einzugehen. Ich habe im Anfang ſchon darauf verwieſen, daß wir im Etatausſchuß noch reichlich da⸗ zu Gelegenheit haben werden. Wir werden den Etat Oort in allen Einzelheiten ſehr gründlich prüfen, und ich hoffe, daß er in manchen Punkten doch etwas ver⸗ beſſert aus dem Ausſchuß herauskommt. (Bravo! bei den Sozialdemokraten. Stadtv. Marzahn: Meine ſehr verehrren Damen und Herren! Der Herr Kämmerer hat uns die Finanzlage unſerer Stadt in den düſterſten Farben geſchildert und meines Erachtens auch durchaus mit Recht. Der Krieg und ſeine Folgen haben uns ſo ungeheure Laſten aufgebürdet, daß es zweifellos der allergrößten Sparſamkeit bedarf, um dieſe Laſten wenigſtens einigermaßen erträglich zu geſtalten. Bir werden daher den uns vorgelegten Haushaltsplan einer ganz eingehenden Prüfung unterziehen; wir werden insbeſondere beſtrebt ſein, unſere werbenden Werke, wie (as⸗, Waſſer⸗ und Elektrizitätswerke, wieder rentabler zu geſtalten, damit ſie in die Lage kommen, wie in früheren Jahren der Stadthauptkaſſe größere Beträge zuzuführen, wodurch vielleicht eine Erleichterung der direkten Steuern herbeigeführt wer⸗ den könnte, die doch von jedermann am drückendſten empfunden werden. Es wird auch unſere Aufgabe ſein müſſen, die Arbeitsfreudigkeit in allen Schichten der Bevölkerung wieder anzuregen. Ich möchte hierbei an meine eigene Jugendzeit erinnern. Damals fragte niemand danach, ob wir 12, 14, ja 16 und mehr Stunden arbeiteten. Damals kannte man kein Murren und keine Vergewaltigung, wir kannten nur jene Arbeits⸗ freudigkeit, die uns groß gemacht hat und die un⸗ bedingt erforderlich iſt, wie der Herr Kämmerer ja auch ſchon hervorgehoben hat, wenn wir unſer Wirt⸗ ſchaftsleben auf eine geſunde Grundlage ſtellen wollen. Auf Einzelheiten des Etats einzugehen, möchte ich mir mit Rückſicht auf die vorgerückte Zeit er⸗ ſparen. Wir werden ja im Ausſchuß genügend Ge⸗ legenheir haben, Ihnen diejenigen Vorſchläge zu unterbreiten, die wir für erforderlich halten. Dem Antrage des Herrn Vorredners ſchließe ich mich im Namen meine Freunde an und bitte Sie, den Haus⸗ haltsplan dem hierfür bereits gewählten Ausſchuß zu überweiſen. Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Damen und Her⸗ ren! Im Namen meiner Freunde bin ich in der Lage, zu erklären, daß wir dem Haushaltsplan, wie er uns voraelegt iſt, wie er uns von dem Herrn Kämmerer, wie wir das bei ihm gewohnt ſind, in klarer und überſichtlicher Weiſe weiter erläutert worden iſt, vor⸗ behaltlich einer näheren Prüfung in einem Ausſchuß in allen weſentlichen Punkten zuſtimmen. Wir ſtimmen insbeſondere — und darauf kommt es ja ſchließlich dem Maaiſtrat und dem Herrn Kämmerer an — der Erhöhuna der Einkommenſteuer auf 260% zu, und wenn mich der Herr Kämmerer eben in die⸗ ſem Augenblick mit einer etwas lächelnden Miene an⸗ ſieht, ſo alaube ich, daß durch ſeinen Geiſt jetzt Ver⸗ kandlungen gehen, die in dieſem Saal vor Jahres⸗ friſt und vor zwei Jahren ſtattaefunden haben, bei vor Augen zu Aie April 1019 denen ich nicht in der Lage war, ſo ohne weiteres⸗ im Namen meiner Freunde, die damals die Ver⸗ antwortunga für die ſtädtiſche Finanzpolitik zu tragen hatten, ſeinen Ausführungen zuzuſtimmen, wo ich im Gegenteil ſogar Verarlaſſung nehmen mußre⸗ einen Teil derſelben und ſeine Befürchtung, die er für die künftigen Jahre ausgeſprochen hatte, als nicht berechtigt hinzuſtellen. Herr Kollege Dr Borchardt hat bereits ausgeführt, daß die Ideen, die wir da⸗ mals hatten, durch die Entwicklung der Dinge ihr Recht bekommen haben. Es könnte nun demgegenüber ſcheinen, als ob wir uns — zum aroßen Teil ja dieſelben Männer einer Inkonſequenz ſchuldig machen, wenn wir, die wir früher bei einer Steuererhöhung um nur 20% heftig gekämpft haben, heute eine ſolche, die das Vierfache beträgt, alatt und ohne ein Wort der Ent⸗ geanung hinnehmen. Aber diejenigen, die uns dar⸗ aus etwa einen Vorwurf machen oder die auch nur verſuchen wollten, bei dieſem Punkt anzuhaken, wür⸗ den eben zu der Kategorie derjenigen Leute gehören, von denen Herr Kollege Dr Borchardt geſprochen hat, nämlich zu denjenigen Leuten, die noch nicht begrif⸗ en haben, was es heißt, daß wir inzwiſchen den Krieg verloren haben: ſie würden ſich nicht klar⸗ machen, in welchen politiſchen und wirtſchaftlichen Gedankengängen wir uns damals, im März 1918, bewegten, wo wir, und nicht nur wir, ſondern der größte Teil des deutſchen Volkes, nach dem, was uns von der Weſtfront gemeldet wurde. der Hoff⸗ nung waren, daß der Krieg bald ein autes Ende finden würde, weil wir nämlich annahmen, daß das, was uns berichtet wurde, die Wahrheit und vor allen Dinaen die ganze Wahrheit wäre. Aber das hat uns vielleicht in unſeren wirt⸗ ſchaftlichen Plänen weniager beeinflußt als die wirt⸗ ſchaftliche Lage, die wir um uns herum ſahen und die auch mit Zahlen bewieſen wurde. Obaleich wir uns auch in dieſem Saale damals ſchon über die Nöte, die auch ſchon in jenen Zeiten reſchlich und⸗ ſchmerzlich genug für alle Einwohner des Deutſchen Reiches exiſtierten, klar waren und das oft genug ausgeſprochen haben, ſo ſahen und erlebten wir doch um uns etwas, was uns vermuten ließ, daß das, was ich vor Jahresfriſt hier ausgeſprochen habe, das Richtige war, daß weniaſtens das Fundament unſerer aanzen Wirtſchaft unerſchüttert ſei. Wir erlebten und ſahen noch eine Art der Blüte des Wirtſchafts⸗ lebens, von der wir ahnten, daß ſie eine künſtliche, eine Scheinblüte iſt, von der wir es aber nicht be⸗ weiſen konnten. Jetzt wiſſen wir, daß wir uns ge⸗ täuſcht haben. Wir wiſſen auch — weniaſtens viele wiſſen es und alauben es zu wiſſen „ woran der Grund laa, daß wir eine falſche Idee in uns ein⸗ geſogen hatten. Es laa an der falſchen Politik des Reiches, und ich ſtehe in dieſer Beziehung ganz und⸗ gar auf dem Standpunkt, den Herr Finanzminiſter Südekum vor einigen Taagen eingenommen hat, der falſchen Politik des Reiches, die auf Sieg oder zum mindeſten auf eine kurze Kriegsdauer abaeſtellt war und nur unter dieſem Geſichtspunkt als eine berech⸗ tigte angeſehen werden konnte, einer Pol itik. die Riſiko auf Riſiko häufte, ſtatt zeitia daran zu den⸗ ken, für die aroßen Summen, die für die künftige Volkswirtſchaft benötigt waren, durch S Deckung zu ſchaffen, um auf dieſe Weiſe der im Wirtſchaftsleben ſtand. den und die . der Si