181 Sitzung am 15. April 1919 Stadtv. FIrau Klockow: Ich kann es verſtehen, wenn man ſich heutzutage immer wieder verſucht fühlt, in politiſche Abhandlungen zu verfallen, möchte aber doch der Hoffnung Ausdruck geben, daß wir gerade bei dem Schuletat in erſter Linie an das denken, was unſerer Stadt und unſerer Stadtjugend frommt, und nicht in erſter Linie politiſche Geſichts⸗ punkte geltend machen. Ich gehöre auch zu den jetzt ſo glänzend angegriffenen Geſchichtslehrern. Ich kann ſagen, daß ich ein Menſchenalter lang Ge⸗ ſchichtsunterricht erteile. Ich weiß allerdings nichts von dem, was uns vorgeworfen worden iſt —, näm⸗ lich von dem Beſtreben, nur Daten zu lehren. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Aber wir wiſſen es!) — Ja, es gibt ſone und ſolche, ſagt der Berliner. — Ich weiß ferner nichts davon, daß unſer Haupt⸗ augenmerk auf Kriegsgeſchichte und derartiges ge⸗ lenkt iſt. Wozu haben wir einen Hiſtoriker wie Lamprecht gehabt, der uns die große Bedeutung der Kulturgeſchichte naheaebracht hat. Aber abgeſehen davon — meine Kollegen und Kolleainnen können ſich ja dann ſelber verteidigen oder nicht, je nachdem — möchte ich eins betonen. Es tut mir wirklich leid, daß die Pädagogik nicht viel ſchärfer hervorgehoben worden iſt. Denn für meinen Begriff iſt die Schule nicht dazu da, um Politik zu treiben. Tatſachen er⸗ wähnen, Tatſachen feſtſtellen, ſelbſtverſtändlich, aber den Kindern ſchon in der Schule Parteibrillen auf⸗ zuſetzen, dagegen müßte ich mich ſehr energiſch wehren. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Aber es iſt geſchehen!) — Sollten die Herren nicht unter Umſtänden Ein⸗ zelfälle verallgemeinern? (Rufe bei den Sozialdemokraten: Nein!) Ich weiß nur, daß in den preußiſchen Beſtimmungen für die Schule ausdrücklich verboten iſt, und zwar lange vor dem 9. November. daß man irgendwelche volitiſchen Anſichten in die Schule hineintragen ſoll. Nach dieſer Vorſchrift habe ich mich in meiner Dienſtzeit immer gerichtet, und ich würde wünſchen, daß wir in der jetzigen Zeit darin keine Aenderung eintreten laſſen. (Bravo! bei der Bürgerlichen Fraktion.) Stadtv. Heilmann: Ich möchte nur die eine Bemerkung machen, daß, wenn die verehrte Kollegin in der Schule den Jahrestag der Revolution ſo be⸗ geiſtert feiern wird, wie ſie bisher den Geburtstag des regierenden Herrn gefeiert hat, (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten. Zuruf „Hört, hörti bei den Sozialdemokraten — Zuruf des punkt, daß der 9 Meine verehrten Damen und Herren, wenn in der Schule die Republik ſo fleißig verherrlicht wird, wie durch Kaiſerbilder, durch Schlachtenbilder an allen Wänden die Heldentaten der Herrſcher bisher ver⸗ herrlicht worden ſind, dann wird für unſeren Antrag kein Raum mehr ſein. Jetzt aber halten wir es durchaus nicht für ein Hineintragen der Politik in die Schule, wenn wir wünſchen, daß auch die Schule die Kinder im republikaniſchen Geiſt erzieht, um⸗ gekehrt, wie ſie ſie bisher zu einem künſtlichen Monarchismus zu dreſſieren verſucht hat. Wir wollen keine Republik ohne Republikaner, ſondern wir wollen republikaniſchen Geiſt in allen öffentlichen Anſtalten. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Dr Luther: Herr Kollege Heilmann hat ſich vorhin freundlich dahin ausgeſprochen, daß unſere Einſicht gewachſen wäre. Ich muß ihn leider enttäuſchen. Unſere Einſicht iſt genau dieſelbe ge⸗ blieben wie bisher. Wir halten — und ich halte mich für verpflichtet, trotzdem ich keine politiſche De⸗ batte als ertraareich anſehe, das jetzt doch zu ſagen — den 9. November unſererſeits für einen der furchtbarſten Unglückstage des deutſchen Volkes. (Sehr richtig! bei der Bürgerlichen Fraktion) Ich möchte dann noch hinzufügen, daß die Herren doch erſt einmal in der Schule werden beweiſen müſſen, ob denn wirklich der Kulturunterricht, von⸗ dem ſie ſchwärmen, das für die Erziehung unſerer Jugend erzielen wird, was wir bisher mit unſerer Erziehungsmethode erzielt haben. Unſere Erziehungas⸗ methode war bei aller Anerkennung kulturgeſchicht⸗ lichen Lebens in erſter Linie orientiert an der Be⸗ deutung großer Führerperſönlichkeiten, und weil wir von der Bedeutung großer Führer in der Ge⸗ ſchichte der Menſchheit aufs tiefſte durchdrungen ſind, haben wir auch mit Wärme und Lebendiakeit gern Feſttage unſerer Hohenzollern gefeiert. Und wir ſtehen heute noch auf dem Standpunkt, daß auch bei all den Nöten, die über das deutſche Volk kom⸗ men, bei all den großen ſozialen Kämpfen wahr⸗ ſcheinlich die monarchiſche Staatsform beſſer wäre, weil ſie in der Perſönlichkeit des Führers turmhoch über den großen Gegenſätzen und Kämpfen des Vol⸗ kes ſteht. Es tut mir leid, daß wir in dieſer Ein⸗ ſicht trotz des Wunſches des Herrn Kollegen noch nicht gewachſen ſind, ſondern dabei bleiben, daß der 9. November ein tieftrauriger Tag war und daß wir uns dagegen ſträuben werden, ſoweit wir es können — und wir können es ja vielleicht auch außerhalb der Schule —, dieſem republikaniſchen Geiſt, den er liebt, irgendwie in den Herzen unſerer Jugend Ein⸗ laß zu geben. 5 Stadtv. Gebert: Und Ihre Politik in den Kirchen?) Desae wen ab. , Dr Krüger: Ich ſteb⸗ auf dem Stand⸗ „November ein Trauertag für das