182 Sitzung am 15. April 1919 Bis jetzt hat die Sozialdemokratie noch nicht gezeigt, daß ſie die Zuſtände beſſern kann. Das, was bis jetzt erfolgt iſt, iſt im weſentlichen alles eine Zer⸗ ſtörung. Sie haben das große deutſche Heer zer⸗ ſtört und dafür jetzt ein ſo kleines Heer, daß Sie noch nicht einmal die Polen wegjagen können, und Sie ſind vielleicht auch gar nicht imſtande, wieder ein ſolches Heer zu ſchaffen. (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Das brauchen wir auch nicht!) Ferner ſind unter Ihrer Verwaltung die Finanzen Preußens, die bis jetzt glänzend waren, vernichtet worden. Wir ſind verſchuldet, Sie haben 2½ Mil⸗ liarden Schulden geſchaffen. Wir wiſſen auch noch nicht, ob Sie jemals imſtande ſein werden, einen ſolchen prachtvollen Staat wieder herzuſtellen, den Sie leichtſinnig aus Parteiintereſſen vernichtet haben. (Lebhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Sie ſind Leute geweſen, die Ihre Parteiintereſſen höher geſtellt haben als das Intereſſe des Vater⸗ landes. Sie mußten wie die Franzoſen und Eng⸗ länder national empfinden. Das haben Sie nicht getan. Wenn Sie national empfunden hätten, dann hätten Sie ſich geſchämt, unſere Soldaten internatio⸗ nal zu verſeuchen. Es iſt geſagt und von Ihnen zu⸗ geſtanden worden, wie ſyſtematiſch unſeren Soldaten die Knochen erweicht worden ſind. Herr Kollege Heilmann ſaate, daß der Sieg immer bei den ſtärkeren Bataillonen wäre. Nun, wenn das wiſſenſchaftlich, ſagen wir mal, phuſikaliſch erfaßt wird, dann kommt es auf das an, was wir potentielle Energie nennen. Dazu gehören nicht nur kraftvolle, qut genährte Soldaten (Lebhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten) und die beſten Waffen, ſondern auch der Siegeswille. Dieſen Siegeswillen hatten unſere Soldaten noch im Anfang des Feldzuges. In der Schlacht bei Tannen⸗ berg 2 (Lebhafte Rufe: Das gehört nicht in die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung!) — Bitte ſehr, Sie haben ja Politik getrieben und eine aroße politiſche Debatte zugelaſſen, dann können wir Ihnen auch in der Beziehung erwidern —, in der Schlacht von Tannenberg hat eine kleine Trun⸗ penmacht die Uebermacht der Ruſſen zurüchgedränat, weil bei ihnen der Siegeswille vorhanden war. Da⸗ durch aber, daß der Sieneswille bei unſeren Soldaten vernichtet worden iſt, iſt unſere Niederlage entſtan⸗ den. Unſere Truppen bätten noch länger Widerſtand aeleiſtet, denn der alte Frit hat ſieben Iahre ſtand⸗ gehalten. Sie haben uns nerſprochen. es ſollte ſofort Frieden kommen. Wo iſt der Frieden? deſſen haben wir den Büraerkriea bekommen. Ihre a anderen Verſprechungen werden in ähnlicher Weiſe ins Waſſer fallen. Wer weiß, ob das Varadies. das Sie verſprachen, jemals eintreten wird! auf dem Standvunkt, daß die Monarchie aanz außer⸗ Statt Wir ſtenen Es iſt zweifelhaft, ob das in der Republik bleiben wird. Wir ſehen jedenfalls, daß die Beſtechlichkeit der Beamten in den Republiken, für die Sie ſo ſchwärmen, ſchlimmer iſt, als das jemals in der Monarchie ſein konnte. Ich erkläre alſo, daß in uns der Gedanke, daß der 9. November dem deut⸗ 2 Volke Nutzen gebracht hat, nicht aufkommen ann Sabn Künzel: Herr Kollege Heilmann hatte ſoeben das dringende Bedürfnis, uns entgegenzuhal⸗ ten, daß wir ſeinerzeit den Wunſch ausgeſprochen hätten, einmal eine größere politiſche Debatte zu entfeſſeln. Wenn wir politiſch auf das bisher einge⸗ gangen ſind, was uns von der Gegenſeite vorgehalten wurde, dann ſind wir doch nach allen Regeln der Kunſt von Ihnen, meine Herren da drüben, provo⸗ ziert worden. Ich habe damals — Herr Kollege Heilmann exemplifizierte ja auf mich mit dem Aus⸗ ſpruch „den Dolch in den Rücken ſtoßen“ uſw. — erklärt: wir werden uns zu einer anderen Zeit und an einer anderen Stelle vielleicht einmal wieder ſprechen können, dann werden wir eine politiſche De⸗ batte ausfechten können. Dazu iſt hier dieſer Ort nicht der gegebene. Sehr richtig! bei der Bürgerlichen Fraktion.) Das können wir im politiſchen Wahlkampf tun, da können wir uns auseinanderſetzen, und das habe ich damals auch damit gemeint. Im übrigen will ich nur aanz kurz noch ſagen⸗ ich bin ſehr im Zweifel darüber, mit wem ich mich denn da drüben eigentlich auseinanderſetzen ſoll. Nehme ich die Freunde des Kollegen Heilmann — ich will von den Unabhängigen einmal ganz abſehen, weil dieſe bei mir außer Kurs ſtehen —, (Heiterkeit) dann frage ich, mit welchem Syſtem ich mich den bei Ihnen auseinanderſetzen ſoll: mit dem Syſtem Scheidemann—Ebert oder Legien oder Noske oder aber — wenn man die ſozialdemokratiſche Preſſe durchſieht, findet man darüber hie und da Worte der Kritit — mit einem aewiſſen Suſtem Heilmann. Ja, meine verehrten Anweſenden, da weiß ich tat⸗ ſächlich nicht, an wen ich mich halten, wen ich in der heutigen Zeit letzten Endes als den Verantwort⸗ lichen anſehen ſoll. Deshalb verzichte ich lieber auf jede Kritik und treibe pontive Arbeit, damit wir hier aanz beſonders in der Beratuna unſeres Haushalts⸗ plans weiterkommen. Draußen im Wahlkamp; ſprechen wir uns wieder, dann werden wir die Klin⸗ gen kreu⸗en und ſehen, was dabei herauskommt. ( Lebhafte Zurufe bei den Senamemetraten — Das iſt kein aneifen, Herr Gebert, nd beißt es voſttive Arbeit leiſten: da iſt es unnö abſolut überflüſſig, bei jeder Geleg ano reden zu halten und zu rade zu lächerlich in dieſem nur ſagen und ordentlich Gutes latte: ſie gorantiert ein unüßer⸗ . . 7 treffliches Offizierkorps und ein unbeſtechliches Be⸗ d amientum. SSehr richtial bei der Büraerlichen cnn