Sitzung am 15. April 1919 Ordnung im Lande aufrechtzuerhalten. Sollte dieſer Frieden das bringen, was wir unter dieſen traurigen Verhältniſſen von ihm zu erwarten haben, dann bin ich der erſte, der Rache predigt, bis zu dem Augen⸗ blick, wo wir uns das wiedergeholt haben, was uns jetzt auf dem Wege der Gewalt abgenommen wird. Das iſt und bleibt unſer letztes Wort in dieſer An⸗ gelegenheit! (Lebhafter Beifall bei der Bürgerlichen Fraktion.) Stadtv. Heilmann: Meine Damen und Herren! Unſere Herren Gegner befolgen in dieſem Saal eine merkwürdige Methode. Sobald wir poſitive prak⸗ tiſche Anregungen vorbringen, heißt es: das hat doch gar keinen Zweck, in einem Jahre ſind wir doch in Groß⸗Berlin eingemeindet, was wollen wir uns jetzt noch über Probleme wie Sozialiſierung hier in Charlottenburg den Kopf zerbrechen, wir können doch nicht praktiſch arbeiten. Wenn wir aber wieder allgemeine Fragen anſchneiden, iſt es den Herren, die hier zuerſt vom 9. November geſprochen haben, und zwar in ſchmähendem und beſchimpfendem Ton, auch nicht recht. Ich glaube Ihnen, meine Herren, daß es Ihnen am bequemſten wäre, Sie könnten vom 9. November als einem Unglückstag für das deutſche Volk ſprechen, ohne daß man Ihnen ant⸗ wortet. Aber darauf dürfen Sie bei uns nicht rechnen. Herr Kollege Künzel hat dann gemeint, er wiſſe gar nicht, von welchem Syſtem er ſprechen ſolle. Ich habe ihn nicht zu einer Auseinanderſetzung mit der Sozialdemokratie, ſondern zu einer Auseinander⸗ ſetzung mit der Republik aufgefordert, und die Repu⸗ blik bleibt die eine große deutſche Republik, gleichviel, wer zufällig gerade Kanzler, Miniſterpräſident oder Kriegsminiſter iſt. Und, Herr Kollege Künzel, am Beſtande der Republik ändert es ſogar nichts, wenn es irgend jemand in Deutſchland geben ſollte, dem meine Schreibweiſe nicht gefällt. (Stadtv. Künzel: Ihren eigenen Genoſſen!) — Ja gewiß, wenn ſelbſt meinen eigenen Genoſſen meine Schreibweiſe nicht gefällt, ändert das gar nichts an der Republik. Ucbriaens alauben Sie doch wohl ſelbſt nicht, daß unter der Monarchie alles reiner ſchöner Frieden geweſen wäre, als ob es da keine Richtungen, Strömungen und Kämpfe gegeben hätte. Laſſen Sie uns nur weiter ruhig uns auseinander⸗ ſetzen, um uns zur Klarheit über den beſten Weg durchzuringen und damit den Intereſſen des Volkes zu dienen. 2 Nun hat es mich aber aefreut, daß weniaſtens Herr Dr Krüger aus ſeinem Herzen auch heut keine Mördergrube gemacht und uns alles das geſaat hat, was wir ja früher ſchon von ihm an Liebenswürdig⸗ keiten gehört haben. Alſo die Revolution hat das große deutſche Heer zerſtört! Herr Kollege Krüger weiß nichts davon, daß, ehe die Revolution aus⸗ brach, ſchon Monate zuvor Brüſſel von Fahnenflüch⸗ tigen überfüllt war, 183 — Herr Kollege Krüger, wer das gemacht hat? Das würden Sie ohne weiteres wiſſen, wenn Sie draußen geweſen wären oder auch nur die gefragt hätten, die draußen waren. Dann hätten Ihnen die geſagt, daß die Strapazen, die Leiden, die Opfer, die Gefahren des Feldzugs, verbunden mit der jammervollen Er⸗ nährung, ſchließlich unerträglich wurden, und daß ein militäriſcher Verband nach dem anderen darunter zuſammenbrach. (Zurufe bei der Bürgerlichen Fraktion.) Aber ich wundere mich über den ſchlechten Mon⸗ archiſten, der Sie ſind. Sie bezweifeln nicht nur das Wort von den ſtärkeren Bataillonen, das bekanntlich von Friedrich dem Großen ſtammt, ſondern Sie be⸗ zweifeln auch meine Darſtellung von dem deutſchen Zuſammenbruch, die von keinem anderen als dem früheren deutſchen Kronprinzen Friedrich Wilhelm ſtammt. 1 (Stadtv. Dr Krüger: Iſt das erwieſen?) Der Herr hat Ihnen ja deutlich genug geſagt, er wiſſe ganz genau, wie die Kataſtrophe gekommen ſei. Man habe einen Motor vier Jahre lang mit der größten Umdrehungszahl laufen laſſen, und bei einem ſolchen Wahnſinnsexempel müſſe dann natür⸗ lich eines Tages ohne jede Warnung, ohne jedes vorherige Anzeichen der Motor zuſammenbrechen. (Stadtv. Dr Krüger: Das hat der Kronprinz nicht geſagt!) — Gewiß! (Stadtv. Dr Krüger: Nein!) Wenn es der Kronprinz geſagt hätte, wäre es ein beſſeres Zeugnis für ſeine Intelligenz, als es ſeine Freundſchaft mit Herrn v. Oldenburg⸗Januſchau war. Wenn er es nicht geſagt hat, ſo bleibt es gleich⸗ wohl vollkommen zutreffend und wahr. 7 Meine Herren, das deutſche Heer iſt darunter zuſammengebrochen, daß man ihm eine Leiſtung zu⸗ gemutet hat, die auf die Dauer von keinem Heer der Welt erfüllt werden konnte. Vier Jahre lang hat das deutſche Heer das Unmögliche ge⸗ ſchafft, ſich einer erdrückenden Ueberzahl zu wehren. Dann brach es zuſammen, und als Folge des Zuſammenbruchs kam die Revolution. Das iſt der aeſchichtliche Zuſammenhang, an dem alle Ver⸗ drehunasverſuche nicht das Geringſte ändern können. Nun hat der Herr Stadtv. Krüger uns wieder als die ſchlechten Patrioten bezeichnet, die das Par⸗ teiintereſſe höher geſtellt hätten als den Sieg. Um⸗ gekehrt war es! Die ſchlechten Patrioten waren Ihre Freunde, die die Moral des deutſchen Heeres untergraben haben: einmal durch wahnſinnige Er⸗ oberunaspläne und ſodann durch die Verweigerung des gleichen Wahlrechts . „] Schr richtig! bei den Sozialdemokraten/ ſan den Tane, an dem die Wahlrechtsborlae im, ſpreußiſchen Landtog abgelehnt wurde, an dem Tage haben Sie den Krieg verloren gemacht! adtw. Otto: Sehr richtigl!) Sta