184 Es ſchwand die letzte Ausſicht, Deutſchland aus der Uebergewalt ſeiner Feinde zu retten. (Sehr richtig!) Und was das Schlimmſte iſt: die Herren haben es gewußt, daß ſich durch dieſe Ablehnung des gleichen Wahlrechts Deutſchland die Niederlage zuzieht. (Zuruf bei der Bürgerlichen Fraktion: Das iſt eine Niederträchtigkeit!) Und als man es ihnen geſagt hat, hat Herr v. Olden⸗ burg⸗Januſchau geantwortet: wenn wir das gleiche Wahlrecht i in Preußen bekommen, haben wir ſo wie ſo den Krieg verloren. Das heißt mit anderen Worten: die Herren ſtellten ihr brutales, nacktes, egoiſtiſches Intereſſe über jede Rückſicht auf die Möglichkeit des Kriegsgewinns. Das gleiche Recht für alle war für ſie ſo ſchlimm wie der verlorene Krieg, und deshalb haben ſie lieber das gleiche Recht verweigert und es darauf ankommen laſſen, daß Deutſchland den Krieg verlor. Meine Herren, wir haben — das machen uns unſere Freunde von der Linken ja zum Vorwurf — bis zum letzten Augenblick daran feſtgehalten, unſeren Anhängern zu ſagen: ſpannt alle Kräfte an, um die drohende Kataſtrophe der Niederlage von Deutſchland abzuwenden! Wir haben das noch in einem Augen⸗ blick geſagt, als der Krieg ſchon längſt verloren war, als am 4. Oktober die Waffenſtillſtandsbitte an den Präſidenten Wilſon ging. Wer von Ihnen, wer von uns war denn da ſo töricht, daß er nicht wußte, das bedeutet die Kapitulation! Trotzdem haben wir unſere Leute von der Revolution zurückgehalten, ſo⸗ lange es ging, bis zu dem Augenblick, da der deutſche Waffenſtillſtandsunterhändler mit den kaiſerlichen Vollmachten nach Compiogne zum Marſchall Foch gefahren war. Herr Erzberger hat zum Abſchluß dieſes Waffenſtillſtandes keinen Auftrag von der Re⸗ volution, keinen auch von der Republik, er hat den Auftrag vom Deutſchen Kaiſer gehabt. Dieſer Waf⸗ fenſtillſtand iſt das letzte Werk des Kaiſertums, Bürgerlichen Fraktion: Der Demo⸗ kratiel) (Zuruf bei der und allein weaen dieſes letzten Werkes wäre es an der Zeit geweſen, das Kaiſertum zu ſtürzen. Wir ſind von der Schuld an der Niederlage voll⸗ kommen frei. Wir können mit erhobener Stirn vor das deutſche Volk treten und die ganze Verantwor⸗ tung für die Niederlage denen zuſchreiben, die ſie verſchuldet haben, den Monarchen, den Militärs, den Kriegshetzern, den Phantaſten und den brutalen Re⸗ aktionären. Stodtv. Künzel: Zur vorletzten Klaſſe gehören Siel — Heiterkeit.) Und, meine Herren, deshalb, weil die Revolntion und die Republil an der Niederlage ganz unbeteiligt ſind, haben Sie kein Recht, der Repudlik aufs Konto] „en zu ſchreiben, was lediglich Konto der Niederlage iſt. Die Demoraliſation war nicht die Folge der Revo⸗ lution. Sitzung am 15. April 1919 Schon in den letzten beiden Kriegsjahren Offizier, namentlich in den beſetzten cetieren be⸗ ſtechlich, (Sehr richtig! links. — Unruhe bei der ruaele, Fraktion.) und man wußte von jedem deutſchen Oftizier den Preis, um den er zu kaufen war. (Anhaltende Unruhe und Rufe: Pfui! bei der vir gerlichen Fraktion.) Das iſt nicht das Werk der Revolution, das iſt das Werk der allgemeinen Demoraliſation. (Stadtv. Künzel: Frechheit! — Glocke des Vor⸗ ſtehers.) Vorſteher Dr. Borchardt: Herr Kollege Künzel, ich muß Sie zur Ordnung rufen! Stadtv. Heilmann (fortfahrend): Das lehnen wir für uns und unſer Konto ganz entſchieden ab. Genau ſo ſteht es mit den glänzenden Finan⸗ zen. Das alles hat der Kriea zerrüttet. Leſen Sie doch nur die Etatrede, die hier in der Charlotten⸗ burger Stadtverordnetenverſammlung gehalten wor⸗ den iſt! Da lat uns der Herr Stadtkämmerer gan; ehlich geſagt: alle unſere Rechnungen ſtimmten und waren ſehr ſchön, wenn wir ſiegten: wir hatten alles nur auf den Sieg berechnet. Und nun will ich noch eins ſagen: der Mann, der preußiſcher Finanz⸗ miniſter war, Ihr Parteifreund Herat, hatte ſo ſehr alles auf den Sieg geſtellt,daß er mit Olivierſcher Leichtfertigkeit ſagte: die Amerikaner können nicht ſchwimmen, ſie können nicht fliegen, ſie werden nicht kommen, wir werden ſiegen. Solche Leichtfertiakeit von Ihren Parteiführern verzeiht das deutſche Volk nie, und deskalb ſind Sie für alle Zukunft gerichtet, bloß hier, ſondern auch in den Wahlverſamm⸗ ungen. der deutſchen Niederlage aber nicht verkümmern. Die Republik iſt von dieſer Schuld frei. Wenn wir eine Republik aehabt hätten, wären wir nie in dieſen wahnſinnigen Krieg hineingegangen oder hätten ihn zum mindeſten ſehr viel früher beendet. Die Freude an der Republik wird die ſein, daß wir ein Regiment beſeitigt haben, welches ein ſolches Unheil über Deutſchland gebracht bat. Das, meine Herren, wird das deutſche Volk zu würdigen wiſſen, es wird re⸗ publikaniſch werden in Geiſt, Wort, Geſinnung und Erziehung der heranwachſenden Jugend. So ſehr aus den Schulen. (Lachen bei der Büraerlichen aatton Kaiſer⸗ und Prinzennamen verſchwinden von Straßen, und die Erinnerung daran als Verehrungswürdiges ſchwindet aus den Juaend und wird erſetzt durch die freie deutſche Aere war nahezu jeder deutſche Beamte und jeder deutſche 1— Di Die Freude an der Republik ſoll uns die Schmach es Sie auch ſchmerzt, die Kſeehiter verſchwinden