Sitzung am 15. April 1919 Stadtv. Jarius: Meine Damen und Herren! Da ſich hier unter den Gemeindeſteuern auch. die Luſt⸗ barkeitsſteuer befindet, ſo kann ich nicht umhin, noch⸗ mals auf die Luſtbarkeitsſteuerordnung zurückzu⸗ kommen. Die Gaſtwirte von Charlottenbura ebenſo wie die Saalbeſitzer und Gartenbeſitzer haben eine Proteſtverſammlung gegen die Beſteuerung einbe⸗ rufen. Die Verordnung enthält Härten, die das Gaſt⸗ wirtsgewerbe, hauptſächlich dieſe kleinen Gaſtwirte, ſchwer ſchädigen. Die kleinen Gaſtwirte, die in ihren Lokalen Unterhaltungsmuſik gehabt und dafür bis 11½2 Uhr keine Steuer bezahlt haben, ſind jetzt gezwungen, auch für dieſe Veranſtaltungen Steuern zu zahlen. So muß ein kleiner Gaſtwirt, der im Jahre vielleicht für 350 ℳ Unterhaltungsmuſik in ſeinem Saal hat, für jeden Tag 4 ℳ Steuern be⸗ zahlen. Dazu kommt, daß an Sonntagen die dop⸗ pelte Steuer gezahlt werden muß. Ferner kommt hinzu, daß dieſer Steuerſatz auch nur für Veranſtal⸗ tungen bis 11½ Uhr abends gilt, während, wenn dieſe Veranſtaltungen über 11½ Uhr hinaus dauern, der doppelte Satz in Anrechnung gebracht wird. Ich habe feſtgeſtellt, daß ein kleiner Gaſtwirt, wenn er in ſeinem Lokal ſtändig einen Klavierſpieler oder Gei⸗ genſpieler hält, im Jahre 1600 ℳ Steuern bezahlen muß. Das iſt eine Härte, die den kleinen Gaſtwirt furchtbar trifft, und er iſt nicht in der Lage, dieſe Steuer auf ſeine Gäſte abzuwälzen. Ebenſo iſt es mit den Saalbeſitzern. Ich habe mir als Beiſpiel den Volkshausfeſtſaal genommen und ausgerechnet, was der aroße Saal für ein Ver⸗ anügen koſten würde. Bisher iſt für dieſen Saal, der eine Fläche von 300 bis 400 qm hat, ein Steuer⸗ ſatz von 4 bis 5 %ℳ erhoben worden. Dieſer Steuer⸗ ſatz war für Sonn⸗ und Feſttage genau derſelbe wie Die Grundfläche kommt jetzt als für Wochentage. Maßſtab nicht mehr in Frage, ſondern es wird eine Kartenſteuer erhoben. Beſuchen 700 Perſonen dieſes Lokal, und iſt ein Eintrittspreis von 1,50 ℳ feſt⸗ geſetzt, ſo ergibt ſich für einen Wochentaa ſchon ein Steuerſatz von 250 ℳ, d. h., wenn die Veranſtaltung bis 11½ Uhr dauert. Dehnt ſich die Veranſtaltung über dieſe Zeit hinaus aus, ſo erhöht ſich die Steuer auf das 1 ½ fache und beträgt für den Abend 800 ℳ. Findet dieſe Veranſtaltung an einem Sonn⸗ und Feſt⸗ tage ſtatt, ſo beträgt die Steuer für dieſes Lokal 1000 ℳ. Das iſt eine Steuer, die kein Verein, wenn er irgendwie ein Vergnügen abhält, tragen kann. Die Gaſtwirte ſind zu der Anſicht gekommen, daß ſich die Vereine genötigt ſehen werden, ihre Ver⸗ gnügungen aus Charlottenbum herauszulegen und ſie in Nachbargemeinden, die eine derartige Luſtbar⸗ keitsſteuerordnung nicht haben, abzuhalten. Dadurch werden die Gaſtwirte hier in Charlottenburg mit ihrem Geſchäft brachgelegt. Meine Herren, ich werde in der nächſten Zeit einen Abänderunasantraa in bezug auf dieſe Luſtbarkeitsſteuer einbringen und dann hier direkt mit fachmänniſchem Material denm des dieſe beiden glaubt hat. desſelben vermeiden wollen. führt worden, und nach meiner Meinung mit n⸗] Recht, daß die Wirkung dadurch noch ſchlimmer wird, daß die Hausbeſitzer die Steuer gar nicht tragen, nicht abbringen laſſen werden, daß auf dieſe Weiſe feſtgeſtellt würde, welche Stadtverordneten geneigt ſind, zugunſten der Hausbeſitzer an einer Geſundung des Etats nicht mitzuwirken. Wenn wir unſere Abſtimmung ſo geſtalten werden, ſo liegt das nicht etwa daran, daß wir das zugunſten des Hausbeſitzers und insbeſondere nicht zugunſten des einzelnen Hausbeſitzers tun wollen, ſondern vielmehr zugunſten des Hausbeſitzes, indem wir uns dabei vergegenwärtigen und vor Augen halten, welche wichtige Rolle, welche wirtſchaftlichen Funktionen der Hausbeſitz, wie die Dinge heute noch licgen, in unſerem allgemeinen Wirtſchaftsleben aus⸗ füllt, und zwar weiß ich, daß ich mich damit durch⸗ aus im Einklang mit der Anſicht befinde, die augen⸗ blicklich im Reichsfinanzminiſterium über dieſe Frage beſteht und die ich erſt vor wenigen Tagen nicht von einer, ſondern von zwei maßgebenden Perſönlich⸗ keiten mir gegenüber vertreten gefunden habe. Nun hat die Beratung der früheren Kapitel unſeres Etats bereits ohne weiteres erbracht, daß dem Hausbeſitzerſtand als ſolchem bedeutende Be⸗ laſtungen auferlegt ſind, die ſich nicht vermeiden laſſen, die auch wir und meine Freunde bewilligt haben. Wir wollen aber in dieſer Beziehung nicht über das unumgänglich Notwendige hinausgehen, und wir glauben, daß das unumgänglich Notwen⸗ dige hier nicht mehr vorliegt. Eine Geſundung des Etats dadurch herbeizuführen, halten wir nicht für nötig, da wir der Anſicht ſind, daß er, namentlich wie ſich das Steuerkapitel nunmehr geſtaltet hat, ge⸗ ſund iſt. Herr Dr Borchardt hat auf die Vorbehalts⸗ mittel hingewieſen, die jetzt durch die Umgeſtaltung, die wir dem Etat im Ausſchuß haben angedeihen laſſen, eine Höhe von etwas über 1 Million erreicht haben, und führt mit Recht aus, daß wir im Geiſte bereits eine Summe von etwa 600 000 ℳ davon abrechnen müſſen. Das iſt richtig; da bleiben aber immer noch 450 000 ℳ übria, und ich kann Herrn Dr Borchardt an Zeiten erinnern, wo wir dieſe Poſition mit ſehr viel geringeren Summen dotiert haben und wo dann die Jahresabſchlußrech⸗ nung ergab, daß im weſentlichen die Finanzwirt⸗ ſchaft unſerer Stadt keinen Schaden durch die Do⸗ tierung erlitten hat. Wir ſind auch — und ich ins⸗ beſondere der Anſicht, daß auch jetzt nach der Heraufſetzung der Steuerſollſätze noch eine ge⸗ wiſſe Reſerve im Etat liegt, ſo daß auch wahrſchein⸗ lich für den Dispoſitionsfonds, für die Vorbehalts⸗ mittel noch etwas weiteres übrigbleibt, als wir augenblicklich vorſehen. Alſo eine unumgängliche Notwendigkeit ſehen wir nicht ein, und wenn wir ſie nicht einſehen, ſo ſind die Gründe, die ich angeführt habe, für uns durchſchlagend genug, um eine weitere Belaſtung des Hausbeſitzes zu vermeiden. Ich muß noch auf die beiden Gründe eingehen, die für uns dagegen ſprechen, und die Herr Dr Borchardt ad absurdum führen zu können ge⸗ Der eine iſt der, daß es dem Haus⸗ beſitzertum in unſerer Stadt niche aut aeht und wir deswegen eine weitere Belaſtung Nun iſt ange⸗ ſondern ſie abwälzen. Herr Dr Borchardt ſagt, daß n Gründe an und für ſich richtia ſind, aber Ich bin anderer Anſicht und behaupte, au