239 Sttzung am 14. Kat 1919 Auf dieſen Gedanken eines derartigen Beirats der zu Bildenden ſowohl in der künſtleriſchen Depu⸗ tation als in der ſpäter noch zu bildenden wiſſen⸗ ſchaftlichen Deputation möchten wir ganz beſonderen Wert legen. Denn alle Bidung iſt mehr oder weni⸗ ger davon abhängig, daß dieſer Geſichtspunkt nicht nur theoretiſch hineingeworfen, ſondern auch wirklich praktiſch durchgeführt wird. Vexſuche, die ſeitens meiner Freunde im kleinen gemacht worden ſind, in⸗ dem man nämlich gerade das zu bildende Proleta⸗ riat — das war es in dieſem Falle herangezogen, ſeine Wüniche und Bedürfniſſe lei der Auswahl be⸗ rückſichtigt urd mit dieſen Bedürfniſſen das ſachliche Moment verbunden hat, haben ſchon bei den erſten Amängen etwas recht Erſprießliches geleiſtet. Ich habe mit großem Intereſſe und aktiver Beteiligung die Beſtrebungen der proletariſchen Hochſchulgemeinde verfolgt. Es wird in dieſem Kreiſe etwas außerge⸗ wöhnlich Neues geleiſtet, einfach dadurch, daß das paſſive Bildungselement, nämlich diejenigen Men⸗ ſchen, die herangebildet werden ſollen, auch tatfächlich mit herangezogen werden. Das möchte ich der Deputation noch ſagen und pielleicht auch für die Bildung der noch kommenden wiſſenſchaftlichen Deputation anheimgeben. Oberbürgermeiſter Dr. Scholz: Die Ausfüh⸗ rungen des Herrn Vorredners enthalten eine ſo aus⸗ gezeichnete Kritik unſerer bisherigen Beſtrebungen auf dem Gebiete der Arbeiterfortbildung, daß ich ſie gern akzeptieren möchte. Wir haben nämlich, genan von dieſen Grundſätzen ausgehend, in unſeren Ar⸗ beiterfortbildungskurſen verfahren, indem wir gerade di e, di e gebildet werden wollten, gefraat haben, wori n ſie gebildet werden wollen. Ein großer Teil dieſer Arbeiterfortbildungskurſe, die ja bekanntlich auch Diskuſſtonen ermöglichen, bezieht ſich gerade darauf, zu erkunden, auf welchem Gebiete die Be⸗ völkerung, d. h. die arbeitende Bevölkerung, ihre Fortbildung ſelbſt wünſcht. Ich wollte, wie geſagt, nicht verfehlen, die ſehr gute Kritik, die Herr Dr. Löwenſtein, vielleicht unbewußt, an dieſer ſeit 10 Jahren oder länger beſtehenden ſtädtiſchen Einrich⸗ tung geübt hat, mit Dank zu akzeptieren. (Die Verſammlung beſchließt einſtimmig nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Die Stadtverordnetenverſammlung ſtimmt der Bildung einer ſtändigen Deputation für künſtleriſche Volksbildung und Volksunter⸗ haltung, beſtehend aus 15 Mitgliedern, näm⸗ lich 5 Magiſtratsmitgliedern und 10 von der Stadtverordnetenverſammlung gewählten Mit⸗ aliedern [Stadwerordneten und Bürgerdepu⸗ Vorſteher Dr. Vorchardt⸗ Die erforderlichen Wahlen werden in der nächſten Sitzung erfolgen. Punkt 8 ausreichender Einfluß auf die Leitung des Jugend⸗ heims gegeben und dadurch eine Gewähr für die richtige Anwendung der Mittel im Sinne der Vor⸗ lage geboten iſt. Wir haben uns in dieſer Bezie⸗ hung überzeugt, daß in der Tat ein Einfluß der Kommunalvertretung in hinreichender Weiſe vor⸗ handen iſt. In der zweiten Beziehung haben wir uns auch nach ausgiebiger Debatte darüber einigen können, die Vorlage zur Annahme zu empfehlen. Wir haben uns durch die Darlegungen der Leiterin des Jugendheims davon überzeugen können, daß nach ihrem beſten Wiſſen und Willen irgendwelche nicht neutralen, parteipolitiſchen Geſichtspunkte bei dem Inſtitut und der Verwaltung ausſcheiden. Nachdem in dieſer Be⸗ ziehung befriedigende Erklärungen und Aufklärungen gegeben waren, hat die Kommiſſion einſtimmig ge⸗ glaubt, Ihnen die Vorlage zur Annahme empfehlen zu müſſen, was ich hiermit tue. — Stadtv. Dr. Rothholz: Meine Herren! Aus den Verhandlungen des Ausſchuſſes haben wir recht wenig zu hören bekommen, ſchließlich nur den Effekt, daß der Referent uns die Annahme des Antrages empfiehlt. Wenn man dieſer Frage näher tritt, muß man ſich doch auch die Frage vorlegen: genießt denn das Jugendheim noch das Vertrauen in der Bevöl⸗ kerung, das es früher genoſſen hat? Ich muß ſagen: große Teile der Bevölkerung bringen dem Jugend⸗ heim dieſes Vertrauen nicht mehr entgegen. Woraus ergibt ſich denn, daß man einem Inſtitut wie dem Jugendheim vertraut? — Doch auch aus der Zahl der Mitglieder, und mir wurde mitgeteilt, daß eine große Zahl von Mitgliedern ſich aus den Liſten des Jugendheims hat ſtreichen laſſen. Wenn man den Urſachen dafür nachgeht, ſo kann das nicht wunder⸗ nehmen, denn die Leiterin des Jugendheims iſt Mit⸗ alied der Deutſch⸗nationalen Partei. Ich bin weit entfernt, hier eine politiſche Schnüffelei vorzu⸗ nehmen. (Unruhe und Zurufe von der Bürgerlichen Fraktion.) — Bitte, laſſen Sie mich ausſprechen. — Ich bin auch weit entfernt, hier eine politiſche Debatte zu entrollen: aber das muß ich doch ſagen: Fräulein on Gierke iſt nicht ein gewöhnliches Mitalied dieſer Partei, ſondern ſie iſt eine der erſten Führerinnen, und dieſe Deutſch⸗Nationale Partei hat im Wahl⸗ kampf gegen einen Teil der Charlottenburger Bevöl⸗ kerung antiſemitiſche Flugblätter hetzeriſchen Charak⸗ ters verbreiten laſſen. Ich nehme an, daß von der⸗ ſelben Seite auch gegenwärtig in Charlottenburg die⸗ ſelben Fluablätter oder Fluablätter ähnlichen In⸗ halts verbreitet werden. (Zuruf bei der Bürgerlichen Fraktion: Das iſt un⸗ wahr!) 4 2 Das weiß ich nicht. Ich weiß nur ſo viel, daß im —] mitiſche Flugblätter verbreitet hat. Wahlkampf die Deutſch⸗nationale Partei antiſe⸗ amhe a garnſe) ich will nun nicht einen Appell ꝗercke richten — ich 2 ſches Blut fließt , daß ſie den antiſemitiſchen Trei⸗