250 Sitzung am 14. Mai 1919 ſich im Laufe der Zeit durch einige Generationen hindurch das Ruhebedürfnis und die Einſtellung auf den Schlaf etwas verſchoben, ſo daß in den Groß⸗ ſtädten und auch bei den großſtädtiſchen Kindern tatſächlich die Hauptruhe, der tiefſte und feſteſte Schlaf im Gegenſatz zu ſonſtigen Meſſungen gerade in die Morgenſtunden fällt. Bei der allgemeinen körperlichen Schwächung, die ja ſelbſtverſtändlich jetzt nach den Kriegsjahren in den Großſtädten vorhanden iſt, müſſen wir außergewöhnlich darauf Bedacht neh⸗ men, daß den Kindern durch die Schule nicht irgend etwas an Schlaf entzogen und ihnen nicht die beſte Zeit, nämlich der Morgenſchlaf, verkürzt wird. In Betracht kommi auch, daß die Kinder verhältnismäßig häufig lange Schulwege haben und deshalb früher aufſtehen müßten. Wenn der Unterricht ſchon um 7 Uhr anfängt, müſſen ſie alſo oft um 6 oder Uhr aufſtehen. Alle dieſe Dinge ſcheinen mit Nachdruck darauf hinzuweiſen, daß der Unterricht erſt um 8 Uhr be⸗ ginnt. Ja, ich kenne ſogar Schulpädagogen, die ſagen, es ſei um § Uhr noch zu früh, der Unterricht müſſe um ½9 Uhr beginnen. Ich weiß auch, daß Schwierigkeiten beſtehen, den Unterricht im Sommer bis 1 Uhr oder ſogar 2 Uhr auszudehnen. Aber dieſen Schwierigkeiten läßt ſich dadurch begegnen, daß ein Teil des leichteren Unterrichts, etwa des natur⸗ kundlichen Unterrichts, in Form von Erkurſionen und Ausflügen aller Art in dieſe Zeit hineingelegi wird. Ich glaube, es werden der Schuſverwaltung ſeitens der Schulbehörde gar keine Schwierigkeiten daraus gemacht werden, wenn ſie in den heißeren Sommerzeiten den Unterricht in der Mittagsſtunde vielfach in ſchattige Anlagen oder Wälder verlegt. Bei einer guten Zucht der Klaſſe — ich meine nicht die äußere, ſondern die innere Zucht — dürfte durch das Intereſſe der Kinder an dieſem Unterricht, durch die Perſönlichkeit der Lehrer und alle die Dinge, die dabei noch eine Rolle ſpielen, ſelbſt bei einem Un⸗ terricht im Freien ebenſoviel geleiſtet werden als unter dem Druck der verbrauchten und heißen Luft im Klaſſenzimmer um 1 Uhr. Stadtſchulrat Dr Neufert: Dem Herrn Vor⸗ redner möchte ich erwidern, daß ich ohne weiteres anerkenne, daß die Kinder jetzt ein aroßes Schlaf⸗ bedürfnis haben, um ſo mehr, als ſie in letzter Zeit an Unterernährung nicht unerheblich zu leiden hatten. Aber es ſoll ja auch der Schlaf nicht ver⸗ kürzt werden. Die Unterrichtszeit iſt dieſelbe, nur die Lage des Unterrichts iſt eine verſchiedenantige. Als vor zwei oder drei Jahren von ſeiten der Staatsregierung dringend gewünſcht wurde, es möge die Sommerzeit eingeführt werden bezal. der Stunde des Schulanfangs aber alles beim alten bleiben, bedeutete das, daß unſere Volksſchulkinder in den mittleren und oberen Klaſſen um 6 Uhr ſtatt um 7 Uhr Sommerzeit in der Schule ſein mußten. Da⸗ mals wurde zwar von vielen Seiten behauptet, daß es ſich empfehlle, um 6 Uhr zu beginnen, denn das bänge nur von der Gewohnheit ab: allein die Schul⸗ pa derutation hat ſich kräfria aegen die Vorrüclung des Schulbeainns gewehrt, und zum aroßen Teil mit denſelben Gründen. die der Herr Vorredner ſoeben angeaeben hat. Aber, meine Damen und Herren. es C iſt doch ein bedeutender Unterſchied, ob die Schule] chuler um 6 Uhr oder um 7 Uhr anfängt. Hierbei möchte ich den Wunſch ausſprechen, daß ei die Herren, wenn wiederum Wünſche aus Eltern⸗! kreiſen an ſie herankommen, die Gelegenheit benutzen, auch darauf zu dringen, daß die Eltern ihre Kinder des Abends immer rechtzeitig ins Bett ſchicken: in ſehr vielen Kreiſen iſt das ſchon möalich. Ich habe damals rach der Einführung der Sommerzeit von vielen gehört, daß die Kinder von 8 bis 9 Uhr abends ſchon ſehr aut zu ſchlafen vermögen. Es wäre etwas Wunderſchönes, wenn wir in der Lage wären, den Unterricht ſo zu erteilen, wie der Herr Vorredner ſoeben gewünſcht hat. Ich alaube, wir in Charlottenbura haben ja gezeigt, daß wir es zu ſchätzen wiſſen, die Kinder draußen in freier Luft, womöglich im Waldesſchatten, unter⸗ richten zu können, und wir haben den Beweis er⸗ bracht, daß die Reſultate einer ſolchen Erziehung und eines derartigen Urterrichts recht qute ſind. Aber es mangelt uns doch viel zu ſehr an ſchattigen Parlanlagen und rahe gelegenen Waldungen, als daß wir es in größerem Umfange tun könnten. Es würde auch ſehr koſtſpielig ſoin, jedesmal die Kinder in den Wald hinauszubefördern. 7 Bezüalich der höheren Schulen muß ich erklären, daß wir leider gar keinen Einfluß auf die Feſtſetzung Des Schulanfangs kaben; durch die Schuldeputation können wir in bezug auf unſere Volksſchulen mehr erreichen, denrn gewöhnlich werden ja die Vorſchläge der Schuldeputation von der Aufſichtsbehörde be⸗ rückſichtigt. Aber unſere Deputation für die höheren Lehranſtalten, ſowohl die für Knaben wie die für Mädchen, hat ſich ledialich mit den äußeren Ange⸗ legenheiten der ſtädtiſchen Schulen zu befaſſen, und dazu gehört die Feſtſetzung des Schulbeainns nicht. Ich bin alſo leider nicht in der Lane, hier irgendeine Verbeſſerung in ſichere Ausſicht zu ſtellen. Wir könnten uns nur mit einem Antrag an die Aufſichts⸗ behörde wenden, dahin zu wirken, daß eine Ueber⸗ cinſtimmung des Schulbeainns an höheren und nie⸗ deren Schulen herbeigeführt wird. Ohne weiteres gebe ich dem Herrn Vorredner darin recht, daß in den Familien Störungen da⸗ durch entſtehen, daß ein Kind um 12 Uhr, das an⸗ dere um 1 Uhr und das dritte um 2 Uhr zum Mittagbrot kommt. Es iſt das ja ſchließlich auch aus wirtſchaftlichen Grünrden, z. B. wegen der Koh⸗ ſenerſparnis, nicht zweckmäßig; auch manche andere Nachteile bängen noch damit zuſammen. Aber eine Uebereinſtimmung des Schulſchluſſes läßt ſich nicht (rzielen. In den höheren Schulen baben wir Kurz⸗ ſtunden, und die Gefamtzahl der Stunden iſt arößer: der Schriſckluß kann alſo unter keinen Umſtänden ül ereinſtimmen, ſellſt wenn die aleiche Stunde fünr den Schulbeginn feſtaeſetrtt wäre. Auch iſt zu be⸗ denken, daß die Schulwege für Schüler höherer An⸗ ſtalten meiſt auhellich weiter ſind als für die Volks⸗ ſchüler. Eine Uebereinſtimmurg des Schulſchluſſes werden wir für die Kinder einer Familie nicht he beiführen können: es liegt das auße — anfang an den mir da ſehr ein Charlottenbr