255 Sitzung am 14. Mai 1919 bringung zu tun. Ich weiß, daß eine große Zahl von Kriegsbeſchädigten gerade in Charlottenburg auf irgendeine Anſtellung warren — es braucht ja nicht direkt beim Magiſtrat zu ſein —, und dem Magi⸗ ſtrat iſt es bis dato noch nicht möglich geweſen, etwas zu unternehmen. Ich gebe dem Herrn Oberbürger⸗ meiſter zu, daß es nicht angängig iſt, in alle Stellen innerhalb des Magiſtrats Kriegsbeſchädigte zu ſetzen, wenn ſie nicht über das nötige Wiſſen verfügen. Aber wir haben doch eine ſehr große Zahl von nicht verantwortungsreichen Stellen. Vor kurzem erſt iſt einer angeſtellt worden, trotzdem Hunderte von Kriegsbeichädigten auf dem Straßenrflaſter liegen. Es müßte doch die Sorge der Stadt ſein, ſich zunächſt der Kriegsbeſchädigten anzunehmen, daß ſie ſeeliſch aufgerichtet werden. Die Stadt aber hat ſich nicht bemüßigt gefühlt, in dieſe Stelle einen Kriegsbeſchä⸗ digten zu ſetzen. Nein, es muß ausgerechnet ein Hausbeſitzer ſein, der dieſe Stelle einnimmt. Jetzt iſt es ſo weit ſchon gekommen, daß dieſer Hausbe⸗ ſitzer ſogar noch Arbeiren von der Stadt bekommt. Ich habe in der Sitzung der Hochbaudeputation nichts geſagt, ich wollte doch einmal ſehen, wie weit das geht. Nur dieſen kleinen Fall möchte ich anführen. Herr Oberbürgermeiſter, wenn Sie ſich die Sache reiflich überlegen, dann werden Sie doch zu⸗ geben: wie mag es in den Herzen der Menſchen aus⸗ ſehen, die tagtäglich mit den Krücken innerhalb Char⸗ lottenburgs herumſpazieren und die nun ſehen, wenn ſie nach dem Rathaus kommen ich will nicht be⸗ leidigend ſein, aler was man hier hört und ſieht auf den Korridoren, das muß einen verletzen, der alles hingegeben hat, Leben und Geſundheit, nur in Erfüllung der geſetzlichen Dienſtzeit, und der nun ſehen muß. wie hier herumſcharwenzelt wird. Es gibt hier Poſten in der Stadt, die nicht ſo verant⸗ wortlich ſind, wo man bei gutem Willen Kriegsbe⸗ ſchädigte unterbringen kann. Ich bitte den Herrn Oberbürgermeiſter und den Herrn Dezernenten, doch erwas mehr Wohlwollen für die Kriegsbeſchädigten zu zeigen und ſie unterzubringen. Ich will nicht noch tiefer in die Materie ein⸗ greifen. Nur das eine möchte ich noch ſagen. Die Hinterbliebenen der Männer, die ihr Leben auf den Schlachifeldern haben laſſen müſſen, haben doch ein Anrecht darauf, von der Stadt mit der nötigen Rück⸗ Und was geſchieht mit muß 1 2 erwägen Sie die Sache reiflich und ſtimmen Sie dem Antrage zu. Sonſt führt es zu ungeheuren Konſequenzen. Die Erbitterung iſt ſehr groß, und die Stimmung iſt nicht ſo wohlwollend gegenüber der Stadt, wie es der Herr Oberlürgermeiſter ge⸗ ſchildert hat. Oberbürgermeiſter Dr Scholz: Meine Damen und Herren! Nur zwei Worte, weil ich es nicht auf der Verwaltung ſitzen laſſen kann, daß derartige ganz allgemeine Anſchuldigungen, die offenbar gar keine Einzelfälle nennen können, hier gegen die Verwal⸗ tung erhoben werden. Ich muß auf das entſchie⸗ dere beſtreiten, daß die Anſchuldigungen des Herrn Vorredners irgendwie gerechtfertigt ſind. Ich betone noch mals, daß die Verwaltung ſtets und mit allem Ernt bemüht geweſen iſt, alle irgendwie erfüllbaren Forderungen der Kriegsbeſchädigten zu erfüllen. Daß die Sache nicht ohne Prüfung auch bei den Hinter⸗ blierenen geht, iſt ſo ſelbſtverſtändlich, daß ich mich eigentlich wundere, daß ein Mitglied der Stadtver⸗ ordnerenverſammlung, die in erſter Linie die finan⸗ zielle Kontrolle über die Verwaltung des Magiſtrats auszuüben hat, uns dazu veranlaſſen will, von einer Prüfung des Einzelfalles abzuſehen. „Stadtw. Mickler: Das will ich nicht!) Davon kann gar keine Rede ſein, und es ſcheint, daß dies auch durchaus im Sinne des Herrn Vorredners ſelbſt liegt. Die Prüfung iſt ſo ſelbſtverſtändlich, daß, wenn ſie nicht geſchähe, ſie gefordert werden müßte. Es lieat in dieſer Prüfung durchaus nicht die Abſicht der Ablehnung, ſondern nur die notwen⸗ dige Feſtſtellung der Tatſachen, die allein zur Grund⸗ lage von Unterſtützungen gemacht werden können. (Ein Antrag auf Schluß der Beratung wird abgelehnt.) Stadtv. Herzog: Der Herr Kollege Gebert hat die Behauptung aufgeſtellt, daß in der hieſigen Ver⸗ waltung noch viele Hilfskräfte beſchäftigt ſeien, die ihre Tätigkeit nur zum Zeitwertreib ausüken. Ich glaube das nicht. Da ich ſelbſt in der ſtädtiſchen Verwaltung tätig bin, ſo höre ich doch, was vorgehr. Es iſt ſonderbar, daß alle dieſe Sachen Herrn Gebert zugetragen werden. Zu mir iſt noch keine Klage ge⸗ kommen, und ich habe ſolche auch noch von keinem ihre Schuldigkeit, von Zeiwertreib kann keine Rede ſein. Solange Herr Gebert nicht den Beweis dafür erbringen kann, glaube ich nicht, was er geſagt hat. (Sudw. Gebert: Das habe ich nicht geſaßt:) Antragſteller Stadtv. Horlitz (Schlußwort): Ich mich ganz kurz noch gegen einige Ausführun⸗ gen wenden und einen Augenblick noch Ihre Geduld ſin Anſpruch nehmen. Es liegt uns natürlich fern, zu ſchnüffeln. Wir ſind gegen jede Schnüffelei. Wenn e die Herren ſo gegen das Schnüffeln ſind, dann möchte ich Sie bitten, auch dagegen aufzutreten, wenn es ſich darum handelt, die Verhältniſſe der Kriegsbe⸗ tt! bei den Sozialdemokraten.) Beamten gehört. Soweit ich orientiert bin, tun alle