288 Sitzung am 28. Mai 1919 auch der Herr Vorredner nicht, und wenn er noch ſo alt wird, wird beſtreiten können — daß es un⸗ möglich iſt, die Verantwortung für die Verwaltung in vollem Umfang aufrecht zu erhalten, wenn es einem unmöglich gemacht wird, diejenigen Perſonen anzuſtellen, die man für befähigt hält. 2 (Sehr richtig!) Davon läßt ſich nichts wegwiſchen, das kann kein wie immer gearteter Magiſtrat übernehmen. Damit iſt durchaus nicht geſagt, daß man nun keine Ver⸗ waltung führen könnte. Das hat der Magiſtrat nicht zum Ausdruck gebracht. Er muß ſich von der Verantwortung, die er der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung gegenüber fühlt und die er tragen will, entlaſten, indem er der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung pflichtmäßig ſagt: wenn wir, wie wir beſchloſſen haben, dieſes Mitbeſtimmungsrecht unſerer Ange⸗ ſtellten anerkennen wollen, ſo weiſen wir die Stadt⸗ verordnetenverſammlung auf die ganz ſelbſtverſtänd⸗ liche Konſequenz hin, daß das Mit beſtimmungs⸗ recht eben das alleinige Beſtimmungsrecht aus⸗ ſchließt, auf Grund deſſen nur die Möglichkeit der Tragung der alleinigen Verantwortung gege⸗ ben iſt. Meine Damen und Herren, ich darf exemapli⸗ fizieren: Wenn heute in irgendeiner Dienſtſtelle des Magiſtrats eine Veruntreuung begangen wird — nehmen wir an, in der Sparkaſſe —, ſo wird nicht nur der Kämmerer, ſondern auch der Oberbürger⸗ meiſter von Ihnen und von der Oeffentlichkeit dafür verantwortlich gemacht. Ob das innerlich berechtigt iſt, danach fragt niemand; er macht die Verwaltung dafür verantwortlich, was in ihrem Bereiche paſſiert. Wie ſoll dieſe Verantwortung anders zu konſtruie⸗ ren ſein, als indem man ſagt: der Magiſtrat bzw. der Chef der Verwaltung iſt in der Lage, ſich die Perſonen, durch die er ſeine Autorität ausübt, im Einzelfalle auszuſuchen? Mit dem Augenblick, in dem dieſes Recht untergraben oder auch nur tan⸗ giert wird, iſt die logiſche, ſelbſtverſtändliche Kon⸗ ſequenz, daß die voll e Verantwortung nicht mehr Und darauf die Stadtver⸗ getragen werden kann. ordnetenverſammlung mit allem Ernſt aufmerkſam zu machen, war nicht nur das Recht, ſondern auch die Pflicht des Magiſtrats. (Sehr richtig! und Bravo! bei den bürgerlichen Parteien.) Stadtv. Dr. Löwenſtein: Im Namen meiner Freunde habe ich unſere freudige Zuſtimmung zu dieſer Vorlage zu geben. Wir 9en in dieſer Vor⸗ lage einen kleinen Schritt (zur wirklichen Durch⸗ führung einer Selbſtverwaltung, die nicht nur negativ die Abwehr ſtaatlicher Bevormundung in ſich ſchließt, ſondern poſitiv die weitgehendſte aktive Tätigkeit aller Funktionäre der Gemeinſchaft für dieſe Verantwortung der Gemeinſchaft heranzieht. Wir ſehen aber in der Begründung, die der Ma⸗ giſtrat der Vorlage beigegeben hat, verſtärkt noch durch die Erklärungen, die der Herr Oberbürger⸗ meiſter vordem bei einer ähnlichen Frage und auch jetzt gegeben hat, daß der Magiſtrat durchaus nur] der Not gehorchend und nicht dem eigenen Triebe dieſe Vorlage uns gebracht hat. Wir ſehen in dieſen Erklärungen weiterhin einen Geiſt bürokratiſcher Selbſtherrlichkeit, den wir jetzt im Begriffe ſind Schritt für Schritt zu bekämpfen. Wir ſtehen auf dem Standpunkt, daß es kein Magiſtrat ablehnen ſollte, gerade jetzt in dem Geiſte der modernen Zeit, weitgehend das Intereſſe, das Wiſſen und die Kenntnis aller ſeiner Funktionäre bei der Beſtim⸗ mung und bei der Vertrauensausſprechung gegen⸗ über einem ſeiner Funktionäre mit heranzuziehen. Wenn wir ſo die Baſis der Verantwortung erweitern, ſo ſind wir der Meinung, daß wir durch dieſe Erweiterung geradezu eine größere Sicherheit ſchaffen, als ſie augenblicklich dadurch geſchaffen iſt, daß nur ein kleiner Teil der Perſonen ein wirklich entſcheidendes Beſtimmungsrecht über die Beamten hat. Gerade das Material, das uns zugegangen iſt und auf das wir im Ausſchuß näher eingehen werden, beſtätigt, wie überhaupt allgemein die Er⸗ fahrung, daß es dringend notwendig iſt, die Ver⸗ antwortung von einem ganz kleinen Teile fortzu⸗ nehmen und ſie auf die breiteſte Baſis der Geſell⸗ ſchaft zu ſtellen. Wir ſind der Anſicht, wenn wir eine derartige Verantwortung auf breite Baſis ſtellen, daß wir dann gerade aus unſeren Funktio⸗ nären der Gemeinſchaft einen viel größeren Teil von Verantwortungsgefühl und freudwilliger Pflichter⸗ füllung erzielen können, als wenn über ihnen immer das Damoklesſchwert der Behörde ſchwebt, die aus ſich heraus und mit der Engherzigkeit, die ihr not⸗ wendigerweiſe innewohnt, ihre Beſtimmung zu treffen hat. Wir ſehen keinerlei Bedenken, nach dieſer Richtung hin die Verantwortung zu erweitern. Andererſeits haben wir natürlich gar nichts da⸗ gegen, ſondern begrüßen es, im Ausſchuß noch ein⸗ gehend dieſe Vorlage zu prüfen. Wir bitten aber den Magiſtrat, darauf Rückſicht zu nehmen, daß ſe⸗ wahrſcheinlich doch das Mitbeſtimmungsrecht der Bürohilfskräfte kommen wird, und nicht durch weit⸗ gehende Entlaſſungen die Mißſtimmung, die gerade bei den Bürohilfskräften herrſcht, noch weiter zu ſteigern. Wir rufen ferner dem Magiſtrat zu unter Abwandlung eines bekannten lateiniſchen Sprich⸗ werts: Die Zeiten haben ſich geändert, und der Ma⸗ giſtrat möge ſich in dieſen Zeiten auch etwas ändern! (O! ol bei den bürgerlichen Parteien.) Oberbürgermeiſter Dr. Scholz: Ich habe ledig⸗ lich feſtzuſtellen, daß der Herr Vorredner durch ſeine Ausführungen nicht beſſer die Magiſtratsvorlage hätte begründen können, als der Magiſtrat ſelbſt ſie begründet hat. Er hat genau dasſelbe mit etwas anderen Worten geſagt, was ich mir erlaubt habe auszuführen. Er wird nicht behaupten können, daß der Magiſtrat rüchſtfündig ſei; denn der Magiſtrar hat Ilnen dieſe Vorlage gemacht, die die weit⸗ gehendſten Anſprüche der Angeſtellten befriedigt. Der Herr Vorredner hat das in vollem Umfange aner⸗ kannt, was ich mir eben auszuführen erlaubt habe: das nämlich das Mi t beſtimmungsrecht die Verant⸗ wortung auf breitere Schultern lädt, und er wird mir zugeben, daß es durchaus logiſch iſt, wenn ich rorhin feſtgeſtellt habe, daß dieſe Schultern nicht mehr allein die des 1 Etwas anderes hatte ich nicht feſt emas anderes habe ich nicht feſtgeſtelt. (Bravo! bei den bürg i 2 „ 32 a g i r a ts ſind. 2