290 eine Illuſion der Leute, die durch nichts gerecht⸗ fertigt iſt. Ich möchte deshalb den Magiſtrat bitten, uns darüber Aufllärung zu geben, wie er den § 5 und 6 der Bekanntmachung zum Schutze der Mieter aus⸗ zulegen gedenkt. Und dann hätte ich noch einen Wunſch, den ich dem Magiſtrat beſonders ans Herz legen möchte, nämlich das Siedlungsweſen im Auge zu behalten und den Ausbau von Siedlungen mög⸗ lichſt rechtzeitig und in größtem Maße in die Wege zu leiten. Ich begründe alſo meine Anfrage mit de! koloſſalen Wohnungsnot, die in Charlottenburg iſt, mit den ungeſunden Verhältniſſen in ſozialer Be⸗ ziehung, mit der Notwendigkeit der Bekämpfung der Wucherei und der Hamſterei leerſtehender Woh⸗ nungen, und ich bitte um Antwort. Stadtſyndikus Sembritzki: Meine Herren! Da ich annehme, daß eine allgemeine Erörterung der Wohnungsfrage nicht in der Abſicht der Verſamm⸗ lung liegt, ſo möchte ich mich an die geſtellte An⸗ frage halten: Welche Stellung nimmt der Magiſtrat zu der Frage, Charlottenburg als Notſtandsbezirk zu erklären, ein? Ich verſtehe die Frage nach der ihr gegebenen Begründung ſo, daß es darauf ankommt, welche beſonderen Notſtandsmaßnahmen in unſerer Stadt ergriffen ſind oder ergriffen werden ſollen. 8 1 Es ſind auf Grund der bekannten Verordnung vom 23. September 1918 in unſerer Stadt folgende Notſtandsmaßregeln ergriffen: Es iſt ergangen ein Verbot des Abbruchs oder der ſonſtigen Beſeitigung von Wohnungen, ferner ein Verbot der Benutzung von Wohnräumen zu anderen Zwecken, beſonders gewerblichen Zwecken: es iſt eine Anzeigepflicht für alle leerſtehenden Räume eingeführt, nicht nur Wohnräume, ſondern Fabrikräume, Lagerräume uſw. Die Verpflichtung, die der Herr Interpellant wünſcht, beſteht ſeit Monaten. Es iſt eine Aus⸗ kunftspflicht der Vermieter über die Beſtimmung aller Räume angeordnet und ein Beſichtigungsrecht der Stadtverwaltung für unbenutzte Räume einge⸗ führt. Es iſt ausdrücklich ausgeſprochen, daß als unbenutzt auch ſolche Räume gelten, die nicht tat⸗ ſächlich bewohnt, ſondern etwa nur zur Aufbewah⸗ rung von Möbeln benutzt werden. Es iſt eingeführt das Recht des Wohnungsamtes bzw. des Eini⸗ gungsamtes, Hauswirte oder ſonſtige Vermieter, welche leerſtehende Wohnungen nicht vermieten wollen, zu angemeſſenen Bedingungen zwangsweiſe zum Abſchluß ſolcher Verträge zu norigen. Davon wird umfangreicher Gebrauch gemacht. Es iſt ein Beſchlagnahmerecht der Stadtverwaltung für un⸗ benutzte Wohnungen und ſonſtige leerſtehende Räume eingeführt, von dem ebenfalls Gebrauch gemacht wird. Es wird in dieſen Tagen eingeführt eine Anzeigepflicht aller Vermieter in bezug auf den Ab⸗ ſchluß neuer Mietwerträge, ſofern dabei eine Steige⸗ rung in Betracht kommt. Es wird gleichzeitig Sitzung am 28. Mai 1919 der Gemeindebehörde bedürfen. Ein außerordent⸗ lich weitgehender Eingriff. (Stadtv. Dr Liepmann: Sehr richtig!) In welchem Umfange wir von dieſer Ermächtigung Gebrauch machen werden und Gebrauch machen können aus praktiſchen Gründen, iſt in dieſem Moment nicht zu überſehen. Zweifellos aber wird die Rechtsgültigkeit aller Mietwerträge von einer vorgängigen Bewilligung des Magiſtrats abhängig zu machen ſein. Ein ſehr wertvolles Mittel zur Bekämpfung des Wohnungswuchers und Wohnungs⸗ ſchleichhandels, insbeſondere, wenn die folgenden Maßnahmen hinzukommen! Wir haben beim Wohnungskommiſſar beantragt, ein Verbot aller gewerbsmäßigen und entgeltlichen Wohnungs⸗ vermittlung zu erlaſſen, ſoweit ein gemeinnütziger öffentlicher Wohnungsnachweis beſteht, wie es bei unſerer Stadt der Fall iſt. Wir haben ferner be⸗ antragt ein Verbot des Ausgebots oder des Ver⸗ ſprechens, insbeſondere des öffentlichen Ausgebots von Belohnungen für den Nachweis von Wohnun⸗ gen. Ich möchte in dieſem Zuſammenhange be⸗ merken, daß die Charlottenburger Zeitung „Neue Zeit“ ſchon ſeit Monaten ſolche Annoncen mit Be⸗ lohnungen nicht aufnimmt und daß, wie ich gehört habe, die Groß⸗Berliner Zeitungen ſich vor wenigen Tagen dahin ſchlüſſig gemacht haben ſollen, und zwar, wenn ich recht unterrichtet bin, auf Initiative von Charlottenburger Seite, in allen ihren Blättern derartige Annoncen nicht mehr aufzunehmen. Wir haben ferner ein Verbot anonymer Wohnungsan zeigen beantragt, denn der Wohnungsſchleichhandel und die Wohnungshamſterei bedienen ſich, um ſich der Anzeigepflicht und der Kontrolle zu entziehen, der anonymen Anzeigen, um ihre Wohnungen an den Mann zu bringen. Das ſind die Anträge, die wir geſtellt haben. Nach den Verhandlungen, die ich im Staatskommiſſariat geführt habe, darf ich annehmen, daß unſeren Anträgen in nächſter Zeit entſprochen werden wird. M. 1e Herren, wenn auch bekanntlich die Be kämpfung von Wucher und Schleichhandel mit Maß⸗ nahmen der Verwaltung, ſolange Angebot und Nachfrage in keinem angemeſſenen Verhältnis ſtehen, niemals zum vollen Erfolge führen wird, ſo glauhe ich doch, daß gerade auf dem Gebiete des Wohnungs⸗ marktes, weil die Ware hier nicht ſo leicht zu hinterziehen iſt wie auf anderen Gebieten der Ver⸗ ſorgung, es durch die erwähnten Maßnahmen in ihrer Gemeinſchaft gelingen wird, dem Wohnungs⸗ wucher und der Wohnungshamſterei, die gerade n letzter Zeit auch in unſerer Stadt erh gegriffen haben, recht wirkſam zu (Auf Antrag des Stabtb. Dn Derecng der u eingeführt ein Beanſtandungsrecht des Wohnungs⸗ amtes gegenüber dabei zutage tretenden übermäßigen Mietſteigerungen und das Recht des Einigungs⸗ amtes, den Mietzins auf ein angemeſſenes Maß herabzuſetzen. Endlich iſt der Magiſtrat ermächtigt,] billi anzuordnen, daß neue Mietverträge in ihrer Rechts⸗ die gültigkeit überhaupt der vorgängigen Genehmigung we