308 Stadtv. Gebert: Die Ausführungen der letzten Vorrednerin drängen doch dazu, etwas zu ſagen. Wenn auf die ungeheuer ſchwere, außerordentlich ſchickſalsreiche Zeit, in der ſich unſer deutſches Vater⸗ land befindet — in dem Sinne war es ja gemeint —, hingewieſen worden iſt, ſo möchte ich doch der Vor⸗ rednerin ſagen: es wäre praktiſch geweſen, wenn die Vorrednerin vor dem Kriege genau ſo geſprochen und warnend ihre Stimme erhoben hätte, damit dieſe unglückſelige Zeit nicht über uns hereingebrochen wäre, daß ſie vielmehr vor einem Krieg gewarnt hätte. (Stadtv. Frau Klockow Vor dem Kriege haben die Frauen nichts zu ſagen gehabt!) Da haben Sie Hurra gerufen! (Rufe bei der Bürgerlichen Fraktion: Zur Sache!) — Ia, gewiß, zur Sache, meine Herren. Es iſt dann weiter geſagt worden, daß dieſe Entſchädigung den Charakter einer ehrenamtlichen Tätigkeit verwiſcht. Dem iſt nicht ſo; es iſt das feine Beſoldung. Es iſt das in keiner Form für den Betreffenden ein Erwerb noch ſonſt ein Einkom⸗ men, aus dem er ſeinen Unterhalt beſtreiten kann. Dieſes Entgelt iſt weiter nichts als eine Aufwands⸗ entſchädigung, um das allernotwendigſte daraus zu beſtreiten und ſeinen Verpflichtungen gegenüber der Stadwerwaltung, die aus ſeiner Tätigkeit entſtehen, nachkommen zu können. Der Kollegin, die hier ſo warm für Sparſamkeit eingetreten iſt, möchte ich nur das eine mit auf den Weg geben: wenn Sie nur ein Jahr Ihre Tätigkeit ausüben, werden Sie feſt⸗ ſtellen müſſen, daß Sie ein ungeheures finanzielles Opfer im Intereſſe der Stadt zu bringen haben, für das dieſe Aufwandsentſchädigung in keiner Weiſe einen Ausgleich Ihrer perſönlichen Ausgaben dar⸗ ſtellt. Das iſt eine altbekannte Tatſache, und gerade diejenigen Kollegen, die jahrzehntelang in dieſem Hauſe geſeſſen haben, werden mir ohne weiteres zu⸗ geben müſſen, daß nach der Richtung meine Auf⸗ faſſung wohl ſtimmt. Wir werden nach wie vor unſere Tätigkeit als ehrenamtlich betrachten und ehrenamtlich ausüben. Ja, ich gehe ſogar noch wei⸗ ter: durch dieſe Entſchädigung werden die einzelnen Kollegen und Kolleginnen noch viel eher in der Lage ſein, ihr Amt auszuüben, ja ſogar viel leichter, und das liegt durchaus im Intereſſe der Stadt ſelbſt. So möchte ich bitten, das aufzufaſſen: die ehrenamtliche Tätigkeit wird durch dieſe Aufwandsentſchädigung in keiner Weiſe berührt. 7 Wenn nun Herr Kollege Dr Luther glaubte, ſich gegen Herrn Kollegen Dr Hertz wenden zu müſſen, ſo möchte ich ſagen: wenn Herr Kollege Dr Hertz in der erwähnten Sitzung, als die Uhr %1 zeigte, dar⸗ auf hingewieſen hat, man ſolle doch im Intereſſe der Stadt ſolange warten, bis die Tagesordnung er⸗ ledigt ſei, ſo muß man doch in Betracht ziehen, daß die Tätigkeit, die der einzelne Stadwerordnete aus⸗ übt, nicht 8 Stunden, nicht 9, ſondern 14 Stunden in Anſpruch nimmt, denn Sie dürfen nicht vergeſſen, daß ſeine Arbeitstraft auch noch für die Erledigung ſeiner perſönlichen Aufgaben in Anſpruch genommen wird. So liegt nach meinem Dafürhalten die Sache, und ich glaube, ich kann wohl ſagen, daß die Mehr⸗ heit der Stadwerordneten mit Ausnahme der rech⸗ Sitzung am 18. Inni 1919 ten Seite dieſes Hauſes dem Antrage zuſtimmen wird. Im Ausſchuß ſind ja auch alle möglichen Bedenken laut geworden, und die Frage iſt reiflich und eingehend hin⸗ und herdiskutiert worden. Zum Schluß wurde von allen Ausſchußmitgliedern erklärt, daß man der Vorlage in der Form, wie ſie Ihnen hier vorliegt, zuſtimmen könne. Das Stimmen⸗ verhältnis zeigt uns ja auch, daß die weit über⸗ wiegende Mehrzahl der Ausſchußmitglieder mit dem Antrage einverſtanden geweſen iſt. Ich möchte hierbei noch wünſchen, daß der Ma⸗ giſtrat aus dieſem Antrage, wenn er angenommen wird, die Konſequenz dahin ziehen möge, die Vor⸗ teile dieſes Beſchluſſes nunmehr auch den unbeſol⸗ deten Stadträten zugutekommen zu laſſen und uns in der Beziehung eine Vorlage zu machen. Das iſt der Wunſch, den ich dieſem Antrage mit auf den Weg zu geben hätte. Im übrigen bitte ich Sie, den Antrag wenn möglich einſtimmig anzunehmen. Stadtv. Dr. Luther: Ich will nur einige wenige Bemerkungen machen. Es iſt keineswegs ſo, daß ich mich auf das perſönliche Gebiet begeben habe, als ich Herrn Dr Hertz erwähnte. Herr Dr Hertz iſt für mich der Vertreter einer Weltanſchauung, und ebenſo wie Herr Dr Hertz für ſich in Anſpruch nimmt, als Vertreter dieſer Weltanſchauung hier ſeine Ideen auszuſprechen, halte ich mich auch für berechtigt, meine Weltanſchauung geltend zu machen. Aus dieſer Weltanſchauung heraus erkläre ich noch⸗ mals, daß wir ein Ehrenamt bezahlter Art nicht anerkennen können. Herr Dr Hertz hat als Vertreter dieſer Welt⸗ anſchauung davon Igeſprochen, daß die Intereſſen der Stadt beſſer gewahrt werden, wenn eine Be⸗ zahlung eintritt. Er hat das aber im Gegenſatz zu damals mit der Notlage und der Arbeitsleiſtung der Arbeiterklaſſe begründet. Ich bin der Meinung, daß wir im Intereſſe der Allgemeinheit, von der er damals geſprochen hat, jetzt zu alleräußerſter Spar⸗ ſamkeit abſolut verpflichtet ſind. Es wird auf allen Seiten, auch auf der Seite, zu der Sie dort drüben gehören, in öffentlichen Tagungen immer wieder mit aller Energie geſagt: es muß endlich einmal in Deutſchland aufhören, daß alles zu einem Ge⸗ genſtand des Lohnes und der Bezahlung gemacht wird. Hier haben wir ein Beiſpiel, wo wir einmal zeigen können, daß wir bei allen großen perſön⸗ doch bereit ſind, aus Rückſicht auf die Schwere unſerer Zeit auf eine perſönliche Be⸗ und ich würde mich freuen, mit mir im all⸗ Stand⸗ ſatz geltend machen. 0 Stadtverordnete 2