Sitzung am 18. Juni 1919 ir einen Geldbeutel oder keinen eit oder nicht Zeit ſondern weil uns das Vertrauen unſerer u berufen hat, und auf grund dieſes haben wir das Mandat auszuführen. ſind, nicht weil w Geldbeutel haben, weil wir 3 dazu haben, Wähler daz Vertrauens (Zuruf bei der demokratiſchen Fraktion) — Sie auch, ſelbſtverſtändlich. Ich faſſe das gar nicht anders auf. — Alle anderen Fragen, ob eine Geldbezahlung oder unſere Zeit uns das erlaubt, kommen erſt in zweiter Linie. Wenn uns ein wich⸗ tiges Amt von einer Allgemeinheit übertragen wird, dann iſt das für uns nach demokratiſchen Grund⸗ ſätzen heilig, dann fragen wir nicht, ob wir eine Bezahlung bekommen oder nicht. Etwas anderes iſt es aber, wenn wir wiſſen, daß auf der anderen Seite durch die Nichtentſchädigung viele unſerer Mitarbeitenden nicht imſtande ſind, ſich geſundheit⸗ lich, in ihrer Ernährung, in ihrem Berufe, in ihrer Familienverſorgung aufrecht zu erhalten. Dann halten wir es für unſere Pflicht, zu verlangen, daß diejenigen, die hier im Intereſſe der Gemeinſchaft tätig ſind, ein Mindeſtmaß von Hilfe durch dieſe Gemeinſchaft erhalten, um das ausführen zu können, wozu ſie durch das Vertrauen der Gemeinſchaft, nicht durch ihr perſönliches Intereſſe, berufen ſind. Ich glaube, ich ſage nur Allgemeinheiten, die das ganze Haus teilen wird; ich hoffe wenigſtens, daß es ſie teilen wird. Als Herr Dr Luther ſeine Weltanſchauung zum Ausdruck brachte, da fiel mir etwas ein, was mir ein Bauernpfarrer in meiner Jugend geſagt hat, oder beſſer, was ich hörte, als ich als Junge dabei war. Da kam einesTages der Ortsvorſteher zu dem Pfarrer und ſagte: Sie müſſen und können mal dagegen predigen, daß der Luxus und — er drückte ſich ſehr grob aus — die Gefräßigkeit der Tagelöhner in der Bauernſchaft nicht ſo groß wird. Da ſagte der Bauernpfarrer ihm auf plattdeutſch, ſo lange er noch ein Stückchen Brot mehr habe als jene Tage⸗ löhner, ſo lange hätte er nicht das Herz, jemals dagegen zu ſprechen, daß jene Leute nicht mehr ver⸗ langen ſollten, weil er doch mindeſtens mehr habe. Ich muß ſagen: ſolange ein Pfarrer für ſeine „hohe religiöſe Anſchauung“ und für ſeinen religöſen Be⸗ ruf Geld verlangt, hat er nicht das Recht, irgendein Ehrenamt nicht bezahlt zu verlangen. (Große Unruhe — Stadw. K ünzel: Das iſt eine Unverſchämtheit! — Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Dr. Borchardt (unterbrechend): Herr Kollege Künzel, ich rufe Sie zur Ordnung (Stadw. Künzel: Es iſt eine Unwerſchämtheit!) Herr Kollege Künzel, ich rufe Sie zum zuc tenmal zur Ordnung! — Herr Kollege, ich mache Sie dar⸗ auf aufmerkſam, daß die Vorausſetzung dafür, duß dem Vorſttzenden keine weiteren Diſziplinarbefug⸗ niſſe zuſtehen, doch die iſt, daß ſich — — el: Ruſen Sie doch den Redner Glocke des Vorſtehers) 309 Parlamenten die, daß ſämtliche Mitglieder ſolche Umgangsformen haben, daß, wenn einem das Tem⸗ perament einmal durchgeht, eine Erinnerung ge⸗ nügt, um ihn zu der Beſinnung zu bringen, die ihn zu dem Benehmen zurückführt, das man eben parlamentariſch nennt. Stadtv. Dr Löwenſtein (fortfahrend): Und ich muß ſagen: es wurde mir bei den Gedankengängen, die hier Herr Pfarrer Dr Luther gegen meinen Fraktionskollegen und Freund Dr Hertz dargelegt hat, wieder das in die Erinnerung gerufen, was mir viele Soldaten geſagt haben, wenn ſie von ver⸗ hältnismäßig geſunden und jungen Pfarrern auf⸗ gefordert wurden, an die Front zu gehen, während ſie ſelbſt hinter der Front im Kaſino ſaßen. Ich würde gar nichts geſagt haben denn dieſer Antrag ſchien mir von dieſem Geſichtspunkt aus eine Selbſtverſtändlichkeit zu ſein. Ich glaubte nicht, daß ſich irgend jemand dahinter verſchauzen könnte, daß der Idealismus oder die ehrenamtliche Tätigkeit, d. h. die Gewiſſenhaftigkeit in der Aus⸗ führung und die freie Wahl zu einer ſolchen Betä⸗ tigung, leiden würde, wenn wir eine derartig dürf⸗ tige Unterſtützung dem Stadtverordneten gewähren, damit diejenigen, die nicht reich ſind, in dieſer ſchweren Zeit leben können. Ich muß auch einen Widerſpruch in den Aus⸗ führungen der Frau Klockow aufdecken, daß ſie allen höheren Beamten, die wohl leben konnten, auch in dieſer ſchweren Zeit, in Anbetracht der wirtſchaft⸗ lichen Verhältniſſe Teuerungszulagen gewährt hat. Ich würde es ſehr begrüßen und dankbar den Ide⸗ alismus anerkennen, wenn alle dieſe Perſonen, die die augenblickliche ſchwere Zeit ſo auffaſſen, daß ſie Opfer bringen müſſen, auch wirklich perſönlich dieſe Opfer bringen. Ich weiß nicht, ob Frau Klockow und Herr Dr Luther dieſe Opfer bringen; ich halte mich auch nicht dazu berufen, das zu prüfen. Aber eins muß ich ſagen: ich halte den Appell in der Oeffentlichkeit an den einzelnen für verfehlt. Da möge jeder mit gutem Beiſpiel vorangehen und es ſo machen, wie es die Gewerkſchaften in Hamburg am Anfang des Krieges getan haben, daß ſie zu⸗ gunſten der Familien derer, die draußen im Felde waren, auf 30% ihres Verdienſtes verzichtet haben. Ich habe nicht gehört, daß die Vertreter der ideali⸗ ſtiſchen Weltanſchauung vom Kaiſer herunter bis zum Miniſterialdirektor in dieſer Weiſe auf ihre Einnahmen verzichtet haben. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ich würde das alles nicht gegen Sie vorbrin⸗ gen, denn ich glaube, daß Weltanſchauungen ſo nicht gegeneinander kämpfen; aber es muß einem Ver⸗ treter gerade dieſer Anſchauung entſchieden das Recht abgeſprochen werden, mit derartigen Wen⸗ dungen, für die mir der parlamentariſche Ausdruck fehlt, gegen uns zu kämpfen, die ich ſonſt mit einem Adjektiv bezeichnen würde, das ſehr eng im Zu⸗ ſammenhang mit dem Beruf des erſten Herrn An⸗ greifers ſteht. Aber es ſind auch praktiſche Gründe, die nach⸗ drücklich dafür ſprechen, außer Anweſenheitsgeldern die freie Fahrt auf der Elektriſchen und der Unter⸗ ich grundbahn zu gewähren. Ich gehöre mehreren De⸗ len! putationen an und weiß aus meiner kurzen Er⸗