311 Sitzung am 18. Juni 1919 Die Stadtverordneten der Stadt Charlotten⸗ burg erhalten rückwirkend vom 1. April 1919 Anweſenheitsgelder für die Teilnahme an den Stadtverordnetenſitzungen, Ausſchüſſen und Deputationsſitzungen in Höhe der in Berlin geltenden Sätze. Den Stadtverordneten der Stadt Charlotten⸗ burg wird Freifahrt auf allen Linien der Großen Berliner Straßenbahn und auf der Hoch⸗ und Untergrundbahn gewährt. Die erforderlichen Beträge werden aus Vor⸗ behaltsmitteln bewilligt.) 10 8—³ Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung: Bericht des Ausſchuſſes über die Vorlage betr. Er⸗ höhung der Beſoldung und Einführung des Mitbe⸗ ſtimmungsrechtes für Bürohilfsarbeiter. Druck⸗ — ſachen 127, 158. Berichterſtatter Stadtv. Meyer II: Meine Damen und Herren! Der Ausſchuß zur Beratung der Vorlage betr. Erhöhung der Beſoldung und Ein⸗ führung des Mitbeſtimmungsrechtes für Bürohilfs⸗ arbeiter hat in zwei Sitzungen getagt. Auf Antrag wurden zwei Vertreter des Ausſchuſſes der Beamten⸗ ſchaft und der Bürohilfskräfte zwecks Anhörung zu⸗ gezogen. Beide Herren machten ausgiebig von ihrem Rechte Gebrauch und legten in längeren Er⸗ örterungen ihren Standpunkt zur Vorlage dar. Zur Vorlage im allgemeinen wäre zu ſagen, daß dieſe in der Reihe der Magiſtratsvorlagen ein Novum darſtellen dürfte. Es muß angenommen werden, daß bei Abfaſſung der Vorlage ein gewiſſer Dualismus in der Seele des Magiſtrats obgewaltet hat, der ihn veranlaßte, die Vorlage einzubringen, gleichzeitig aber die kategoriſche Erklärung abzu⸗ geben, daß der Magiſtrat, als unvermeidliche Folge der Annahme des Mitbeſtimmungsrechts, nicht in der Lage ſei, künftig die volle Verantwortung für die Verwaltung tragen zu können. Ihrer Natur nach zerfällt die Vorlage in zwei Teile, einmal in das Mitbeſtimmungsrecht, zweitens in die Beſoldung. Bezüglich des Mitbeſtimmungsrechts war der Ausſchuß der Anſicht, daß es ihm nicht möglich ſei, auf Grund der der Vorlage angefügten Ausführun⸗ gen allgemeiner Natur in eine Beratung einzu⸗ treten. Er erſuchte vielmehr den Magiſtrat, Be⸗ ſtimmungen über das Mitbeſtimmungsrecht auszu⸗ arbeiten und dieſe in einer zweiten Sitzung dem Ausſchuſſe vorzulegen. der Beſoldung Magiſtrat auf ienten und Vuch. daß auch 1 1919 aufge⸗ burg in dieſer Klaſſe weibliche Hilfskräfte beſchäftigt, für dieſe eine Beſoldungsſkala eingefügt werden mußte, die Ihnen ebenfalls in dem Antrage mit⸗ geteilt wird. In der Beſprechung, namentlich bei Auftellung dieſer letzten Skala, wurde die Frage aufgerollt, wie man es in Zukunft mit der Bewer⸗ tung der männlichen und weiblichen Arbeit halten wolle. Der Niederſchlag der Ausſprache liegt Ihnen vor. Der Magiſtrat wird erſucht, in Zukunft die gleiche Bewertung für männliche und weibliche Ar⸗ beitskräfte eintreten zu laſſen. Ich glaube, daß man ſich dem Zuge der Zeit nicht entziehen kann und daß 2s ſowohl aus menſchlichen als auch aus ethiſchen Gründen angebracht ſein dürfte, männliche und weib⸗ liche Arbeitskräfte, ſofern gleiche Leiſtungen vorlie⸗ Zen, gleichartig zu entlohnen. Weiter wurde betont, daß bei Annahme der er⸗ höhten Beſoldungsſätze für die Bürohilfskräfte weite Kreiſe der Beamten, Angeſtellten und Lehrer mit ihren Bezügen ſtark ins Hintertreffen gegenüber den Bürohilfskräften geraten würden. Es wurde deshalb eine Entſchließung angenommen, die den Magiſtrat erſucht, die Beamten, Angeſtellten und Lehrer in ihren Bezügen unter Berückſichtigung der Erhöhung der Beſoldung der Hilfskräfte aufzubeſſern. Der Ausſchuß empfiehlt Ihnen mit dieſen bei⸗ den Entſchließungen die Annahme der Beſoldungs⸗ erhöhung der Bürohilfskräfte. In der zweiten Sitzung wurde in die Bera⸗ tung des Mitbeſtimmungsrechts eingetreten. Um einer Anfrage von vornherein vorzubeugen, möchte ich mitteilen, daß unter den Begriff „Bürohilfs⸗ kräfte“ nicht die Beamten in leitender Stellung fal⸗ len. Ferner möchte ich die Erklärung des Herrn Oberbürgermeiſters mitteilen, daß er beabſichtige, die uns vom Magiſtrat vorgelegten Bctimmungen unter der Vorausſetzung zu erlaſſen, daß der Magiſtrat ihnen zuſtimme. Er betonte, daß es ihm nicht mög⸗ lich ſei, in der kurzen Zeit vom 16. bis 18. Juni einen Magiſtratsbeſchluß herbeizuführen. Bezüglich der einzelnen Punkte iſt nur in zwei Fällen eine Interpretation des Ausſchuſſes erfolgt, und zwar wird Ihnen auf Wunſch dieſe Inter⸗ pretation wörtlich ſo, wie ſie gefaßt worden iſt, vor⸗ geleſen werden. Die erſte Interpretation bezieht ſich auf den Satz unter 11 1 b, letzter Satz: Ein Widerſpruch hindert nicht, daß die Er⸗ klärung der Kündigung oder Entlaſſung gleich⸗ wohl erfolgt; der Widerſpruch zieht lediglich die Folgen der Kündigung oder Entlaſſung bis zur endgültigen Entſcheidung hinaus. Hierzu nahm der Ausſchuß inſofern Stellung, als er ſagte: wenn ſich irgendein Angeſtellter z. B. der Sparkaſſe oder der Stadthauptkaſſe eines ſchweren Delikts, einer Unterſchlagung ſchuldig gemacht hat, ſo muß es der Magiſtrat in der Hand haben, dieſen Angeftellten mit dem Moment, wo das Vergehen bekannt wird, zu entlaſſen. Denn es würde ja ſonſt nur Gelegenheit gegeben werden, daß der Angeſtellte ſeine Verfehlungen wiederholt oder ſchwerwiegende Momente, die für die Strafverfolgung notwendig ne Rückſicht ſind, vertuſcht oder verſchleiert. Von dem Ausſchuß wird hierzu folgende Interpretation gewünſcht: 9 „Der Widerſpruch bewirkt, daß die Folgen er ar usgeſprochenen Kündigung oder Ent⸗ is zur endgültigen Entſcheidung hin⸗ en 1 Der Magiſtrat iſt jedoch aus wichtigen Gründen im