Sitzung am 18. Juni 1919 Nun lietet tatſächlich, wie Herr Kollege Wilk ge⸗ ſagt hat, eine einheitliche Durchführung des Park⸗ geländes ſeine Schwierigkeiten. Für Kinder, Kranke und ältere Perſonen iſt es nicht ungefähr⸗ lich, den Fahrdamm zu überſchreiten, und ſo kommt ein Tunnelbau als Verbindungsglied in erſter Linie in Frage. Ich möchte betonen, daß die Anlage des Volks⸗ parks Lietzenſee eine ganz vorzügliche werden wird, ſo wie ſie im Plan ausgeführt iſt. Sie bietet in der neuen Form weniger Blumenbeete als einen großen Baumbeſtand, der mehr den Wald nachahmt, und das iſt für die Volksgeſundheit — die Bäume ab⸗ ſorbieren den Staub ſehr leicht — ein ganz beſon⸗ ders wichtiger Punkt. Ich möchte demnach vor⸗ ſchlagen, die geſundheitliche Seite der Frage zu be⸗ rückſichtigen; denn unſer Volk braucht nach den kör⸗ perlichen und ſeeliſchen Erſchütterungen dieſes Krie⸗ ges ſolche Anlagen, beſonders wenn ſie mit einem See verbunden ſind, dringend nötig. Ich bitte des⸗ halb, die Summe, wenn ſie pielleicht nicht ſo hoch wäre, genehmigen zu wollen, wenigſtens den Punkt feſthalten zu wollen, daß eine Verbindung beider Parkteile auch hergeſtellt werden muß, wie ſie war. (Die Verſammlung lehnt den Antrag ab.) Vorſteher Dr. Borchardt: Wir kommen zu Punkt 21: Antrag der Stadtv. Frank und Gen. betr. Gasſperr⸗ ſtunden. Druckſache 156. Der Antrag lautet: Der Magiſtrat wird erſucht, die Gasfperr⸗ ſtunden wegen der erheblichen Schädigung der gewerbetreibenden Bürgerſchaft ſo ſchnell als möglich aufzuheben. 7 Antragſteller Stadtv. Frank: Meine Damen und Herren! Wir leiden alle unter den Gasſperr⸗ ſtunden, die jetzt in der Zeit von 8 bis 11½ und von 3 bis 6½ Uhr fallen. Wir verlangen auch nichts Unmögliches; der Magiſtrat, vielleicht der Herr Oberbürgermeiſter, wird uns ja erklären können, 0b das, was wir verlangen, zurzeit möglich iſt. Wenn es aber möglich iſt, dann bitten wir, im Intereſſe der geſamten Bürgerſchaft dieſe Sperre ſo ſchnell wie möglich aufhcben zu wollen. Die geſamte Bürger⸗ ſchaft leidet darunter — das dürfte wohl jedem trotz der Gasſperre einleuchten — im beſonderen aber leiden die Gewerbetreibenden. Ich möchte nur einige anführen, denen es z. B. faſt unmöglich iſt, ihr Gewerbe zu betreiben. 3. B. die Plättgeſchäfte, dieſe leiden ganz beſonders darunter; aber auch die Barbiere und Friſeure. Die letzteren ſchreiben mir: Die Geſchäftsinhaber ſind nicht in⸗der Lone, ihren aroßen Verpflichtungen in bezug auf die hohen Löhne der Angeſtellten und den ſonſti⸗ een Unkoſten und Lebensbedürfniſſen nachzu⸗ kommen, wenn ihnen nicht das erforderliche Cas zum Erwärmen des Waßers und zum de tungsapparate darumter, weil mit deſſen 327 ſich noch bei der Karbidbeſchaffung herausgeſtellt. Mir iſt in einem Fall berichtet worden, daß dem Betreffenden von der Stelle, von der das Karbid bezogen wird, geſagt wurde: Magiſtratskarbid iſt nicht da, aber Sie können privatim welches bekom⸗ men, das allerdings einen viel höheren Preis hat. Das geht nicht. Ebenſo wurde mir heute wieder von einem Bäcker erzählt, daß er mit Petroleum be⸗ leuchtet, das er ſich aber auch hintenherum beſchaffen muß. Das ſind natürlich Zuſtände, die für die Dauer unhaltbar ſind. Auch die Apotheker haben mir erklärt, daß ſie unter der Gasſperre ſehr zu leiden haben, daß ſie ihre Arzneien nicht fertig machen können und ihnen eine Extramenge von Spiritus zugewieſen werden mußte, um dieſem Uchelſtand abzuhelfen. Aber, meine Damen und Herren, auch die ſämt⸗ lichen Angeſtellten und Arbeiter leiden darunter, beſonders bei dem frühen Arbeitsſchluß. Sie kom⸗ men um 3 oder 4 Uhr nach Haus und können beim beſten Willen ihr Mittageſſen nicht kochen. (Zuruf: Kochkiſtel) — Auch bei der Benutzung der Kochkiſte muß man das Eſſen vorher ankochen können. — Sie müſſen bis ½ 7 Uhr warten und können dann natürlich erſt nach 7 Uhr eſſen. Das iſt nicht gut. Die Speife⸗ hallen kommen für dieſe Leute auch nicht in Betracht, da ſie ja während dieſer Zeit gleichfalls geſchloſfen ſind. Eine Angeſtellte ſchreibt hier: Bei Feſtſetzung dieſer Sperrſtunden iſt von der zuſtändigen Behörde ſicher nicht an das Los der⸗ jenigen gedacht, die ſogenannte engliſche Tiſchzeit, d. h. durchgehende Arbeitszeit, haben. Wie viele andere bin auch ich in einem Vorort Berlins tä⸗ tig und habe keine Möglichkeit, tagsüber eine warme Mahlzeit einzunehmen. Ich komme in⸗ folgedeſſen zwiſchen 4 und 5 Uhr nach Hauſe, und da ich in meinem beſcheidenen Heim auf einen Gaskocher angewieſen bin, ſo muß ich trotz großen Hungers bis ½x7 Uhr warten, um mir gleichzeitig Mittag⸗ und Abendeſſen bereiten zu können. Ich bin überzeugt, eine große Anzahl zurzeit hart r Frauen empfindet dieſen Zuſtand ſehr itter. Ich glaube, ich brauche auf die Einzelheiten nicht näher einzugehen. Bei der heuligen Wohnungs⸗ beſchränkung, die ja leider in vielen Fällen tatſich⸗ lich beſteht, iſt es auch feſtgeſtrut, daß einzelne gar nicht einen eigenen Kochherd haben. Bei der herr⸗ ſchenden Kohlenknappheit können ſich alle dieſe Per⸗ ſonen nicht anders behelfen, ſondern ſie ſind auf ihren kleinen Gaskocher angewieſen, den ſie aber nicht benutzen können, weil ſie eben lein Gas haben. Aber auch in den Fällen, wo tatſächlich das Gas gebraucht wird, wird nichts geſpart, weil die Flamme ſo llein brennt. Während ſonſt das Kochen in 5 Minuten erlediat war, laſſen die Frauen jetzt das Gas eine halbe Stunde brennen., Eine Friſeu⸗ rin erzählte mir, daß ſie bei ihren Geſchäften auch ſo verfahren müſſe, es helfe alles nichts. Dabei können wir natürlich nichts ſparen. Dieſe Sperrſtunden fünd alſo ganz verfchlt. ⸗ Aus allen dicſen Gründen bitten wir, ſich un⸗ ſerem Antrag anguſchließen, und erſuchen den Ma⸗ iſtrat, dahin zu wirken, daß die Gasſperrſtunden lichſt ſchnell