354 Sitzung am Der Beirat der Kriegsbeſchädigtenfürſorge iſt ſehr verbeſſerungsbedürftig, was jeder einzelne Kriegsbeſchädigte an ſeinem eigenen Leibe verſpürt hat. Aber noch viel ſchlimmer ſieht es bei dem Bei⸗ rat für die Hinterbliebenenfürſorge aus. Die Hin⸗ terbliebenenfürſorge iſt nicht durch die Stadt diri⸗ giert, ſondern einer Wohlfahrtszentrale zur Verwal⸗ tung überwicſen haben. Es haben ſich gerade bei der Wohlfahrtszentrale Mißſtände herausgebildet, die auf das allerſchärfſte zu verurteilen ſind. Ich will nur daran erinnern, daß die Recherchen, die von einzelnen Perſonen ausgeführt worden ſind, gerade⸗ zu ein Hohn gegenüber den Hinterbliebenen waren, wenn z. B. bei derartigen Recherchen, wo die Wiwe etwa noch den Hochzeitsrock ihres Mannes im Spind gehabt hat, geſagt wurde: verkaufen Sie erſt dieſen Rock, dann können Sie auch eine Unterſtützung von uns bekommen. Es iſt ein ſkandalöſer Zuſtand, wenn eine Kriegerwitwe ſich das ſagen laſſen muß. Damit muß aufgeräumt werden, und es muß der Wohlfahrtszentrale die Verſorgung der Hinterbliebe⸗ nen aus der Hand genommen werden. Wenn Herr Kollege Feilchenfeld dieſer Wohlfahrtszentrale ein großes Loblied ſingt, ſo muß er das mit ſeinem Ge⸗ wiſſen vereinbaren. Die Hinterbliebenen tun das nicht: ſie ſind zufrieden, daß ſie endlich umgeſtaltet wird⸗ Aber ich wundere mich, da den Kriegsbeſchädig⸗ ten nach dem Vorſchlag der Regierung ebenfalls das Mitbeſtimmungsrecht in ihren eigenen Angelegen⸗ heiten eingeräumt werden ſoll und muß, daß Herr Kollege I)r Feilchenfeld kommt und ſagt: wir wollen über dieſen Beirat wieder noch eine beſondere Kon⸗ trollinſtanz ſetzen. Eine rechtliche Unterlage liegt da⸗ für nicht vor. Wenn Sie über einen Beirat eine Kontrollinſtanz ſetzen, ſo ſagt der Beirat: Sie können ſagen, was Sie wollen, Sie haben nichts hineinzu⸗ reden, der Beirat iſt geſetzlich geregelt, er hat für alle Schritte, die er unternimmt, gerade zu ſtehen, und da nutzt es Ihnen nichts, wenn Sie darüber noch eine andere Inſtanz ſetzen. Sie müßten ſie, wenn Sie gerecht urteilen wollen, wieder aus Kriegsbeſchädig⸗ ten und Hinterbliebenen zuſammenſetzen und, damit es ganz richtig iſt, darüber wieder noch eine andere Kontrollinſtanz ſtellen. Das würde eine Schraube ohne Ende werden. Aus dem Grunde bitte ich Sie, das von vorn⸗ herein zu verwerfen, weil keine rechtliche Grundlage dafür vorhanden wäre. Ich bitte Sie, dieſer Vor⸗ lage zuzuſtimmen und die Sache nicht in die Länge zu ziehen und zu verſchleppen. (Zuruf.) — Ich betrachte es als eine Verſchleppung, wenn man dieſe Angelegenheit wieder an einen Ausſchuß verweiſen will. Man ſoll den berechtigten Wünſchen der Kriegsbeſchädigten Rechnung tragen und die Vor⸗ lage annehmen. Bitte, ſtimmen Sie der Vorlage zuſ n und lehnen Sie den Antrag Feilchenfeld ab. Sladt. Dr Feilchenfeld: Wir haben zunächſt] einen Ausſchuß gar nicht beantraat, ſondern nur der Wunſch ausgeſprochen, daß die Deputation vorläi fig nicht aufgehoben wird. Daß dieſe Deputatinn N eine Kontrolle über die einzelnen Bewill 25. Juni 1919 auszuüben hat, iſt ganz ausgeſchloſſen. Wenn die Verfügungen auf Grund der Verordnu S8. Februar 1919 durchleſen wollen, die abgedruckt ſind, ſo finden Sie, daß dieſ zu verfügen hat. Das aber, was ich betont habe, iſt, daß wir eine Fühlung mit dieſer ganzen Für⸗ ſorge von Stadtwerordneten wegen behalten wollen, damit wir auch in der Lage ſind, zu wiſſen, welche Mittel ſpäter bewilligt werden müſſen: dieſe Be⸗ ziehung zur Fürſorge aber iſt meiner Anſicht nach und nach der Anſicht meiner Freunde durch den Bei⸗ rat, wie er nach der Verfügung gewählt werden ſoll, nicht genügend gewahrt. Wenn Herr Kollege Mickler meint, daß die Wohlfahrtszentrale ſchlecht gearbeitet habe, ſo iſt er durchaus im Irrtum. Ich kenne dieſe Arbeit aus langjähriger Erfahrung ganz genau, und ich kann Ihnen ſagen, daß dieſe Arbeit faſt ausſchließlich von Damen, zum Teil auch von Herren, erledigt wird, die weiter nichts im Sinne haben, als den Bedürf⸗ tigen in ausgiebiger Weiſe zu helfen. Daß einmal von einer einzelnen Perſon eine taktloſe Bemerkung gemacht ſein mag, iſt möglich. Das aber iſt kein Grund, dieſe Zentralſtelle, die ſo außerordentlich verdienſtvoll gerade in Charlottenburg gearbeitet hat, ſo daß ſie in ganz Deutſchland als vorbildlich anerkannt wird, hier jetzt herabzuziehen. Das iſt ein ſchweres Unrecht, das Sie ſich nicht hätten zu⸗ ſchulden kommen laſſen dürfen. Beſonders auch hat unſere Kriegshinterbliebenenfürſorge in aufopfernd⸗ ſter Weiſe mit einer großen Reihe von Damen und Herren gearbeitet, und ich kann verſichern — ich habe mich perſönlich wiederholt gerade von dieſer Arbeit überzeugt —, daß dieſe Tätigkeit dort immer durchaus einwandfrei gehandhabt wurde. —5 Die Zahlen, die Ihnen auch zur Verfügung gee ſtellt werden können, mögen das beweiſen. Es ſind bisher 2842 Fälle dort bearbeitet worden. Es ſind im letzten Jahr allein an Unterſtützungen außer den Renten, die geſetzlich ſind, und den Zuſatzrenten den Kriegshinterbliebenen 84 400 % zugewieſen worden. Das iſt doch nur durch die Bemühungen dieſer Stelle möglich geworden. Die Leiterin dieſer Stelle hat — und das mag auch zur Kennzeichnung der Arbeits⸗ weiſe dieſer Stelle dienen — ein Amt, das ſie früher beim Magiſtrat innehatte und in dem ſie lebens⸗ länglich angeſtellt war, aufgegeben, um dieſe fr Arbeit in einer geringer beſoldeten Stelle o dauernde Verſorgung zu übernehmen, en großen Intereſſe für dieſe ſoziale Arbe „Alſo warum hat ſie eine beſſere Stelle aufgegeben, die viel und aus Fürſorge für d men wollte. Wir Arbeit ſo ſehr geri