Sitzung alit 25. Iunt 191 Stadtv. I)r. Roſenfeld: Es iſt mit Recht von Dr. Hertz hervorgehoben worden, daß die Frage, um die es ſich hier handelt, in ſo engem Zuſammenhang mit den geſetzlichen Maßnahmen des Reiches und des Staates ſteht, daß wir hier nur in einem ſehr beſchränkten Rahmen die Möglichkeit haben, auf dieſem Gebiete etwas Selbſtändiges zu unternehmen. Aus dieſem Grunde halte ich es für ziemlich müßig, daß wir uns hier über die Frage der Zwangswirtſchaft unterhalten. Ich halte es deshalb auch für müßig, daß wir uns darüber unter⸗ halten, welche anderen ſtaatlichen Maßnahmen zu empfehlen wären. Aber ich möchte doch dem ent⸗ gegentreten, daß wir etwa grundſätzlich den Vor⸗ ſchlag zu verwerfen hätten, der ſeinerzeit von dem Ernahrungsminiſter Schmidt gemacht iſt, daß eine Abſtufung der Lebensmittelpreiſe je nach der Steuer⸗ ſtufe der Einwohner vorgenommen werden müßte. Die Frage hat allerdings für große Gemeinden wie unſere ihre großen praktiſchen Bedenken, weil die Verwaltungsſchwierigkeiten ganz unüberſehbar ſind und zu befürchten iſt, daß ſchließlich nicht viel dabei herauskommen wird. Deshalb habe ich mit Freude gehört, daß der Magiſtrat in der Beziehung einen anderen Weg 4 . nerſuchen will, wenn ich recht verſtanden habe, durch Erhöhung der Er⸗ werbsloſenunterſtützung an beſtimmte, beſonders be⸗ dürftige Familien, um ihnen auf dieſe Weiſe den Einkauf der beſonders teuren Lebensmittel zu ermög⸗ lichen. Dieſer Weg ſcheint mir durchaus gangbar, und ich würde den Magiſtrat bitten, mit möglichſter Beſchleunigung auf dieſem Wege zu verſuchen, was ſich irgendwie erreichen läßt. In anderer Beziehung aber bleibt uns hier in der Stadtverordnetenverſammlung noch die Mög⸗ lichkeit, dabei zu wirken, daß ſich die Sozialiſierungs⸗ kommiſſion ſpeziell unter dem Geſichtspunkt, eine Verbilligung der Lebensmittel herbeizuführen, ſoweit das im Rahmen der ſtädtiſchen Anordnung geſchehen kann, möglichſt ſchleunig mit dieſer Frage befaßt. Ich habe zu meiner Freude gehört, daß nach der Richtung ſchon Erhebungen im Gange ſind, inwie⸗ weit etwa die ſtädtiſche Broterbackung und auch die Milchverſorgung irgendwelche Ausſichten für die Zu⸗ kunft geben kann; gerade die Milchverſorgung wäre ein Gebiet, auf dem verſucht werden müßte, durch eine Verbilligung in dieſer Beziehung einen Aus⸗ gleich für die wahrſcheinlich unvermeidliche Steige⸗ rung der anderen Lebensmittelpreiſe zu ſchaffen. Deshalb möchte ich den Magiſtrat bitten, ſeinerſeits zu tun, was er kann, um die Sozialiſterungskom⸗ miſſion möglichſt in einer Arbeit zu unterſtützen, die darauf hinausläuft, ſtädtiſcherſeits der all⸗ gemeinen Bevölkerung zugänglich zu machende Lebensmitel billiger zu beſchaffen und auf dieſem Herrn 22 1 Angriff ch keinen Eie zu teuer, ſelbſt wenn man alle Faktoren in Betracht zieht, die bei einer kaufmänniſchen Berechnung be⸗ rückſichtigt werden müſſen. Aber wenn man bedenkt, wie dieſe Einkäufe im Auslande getätigt werden, darf man ſich nicht wundern, wenn die Preiſe im Inlande uns zu teuer erſcheinen. Ein holländiſcher Korreſpondent hat neulich erklärt, wie dieſe Käufe gerätigt werden. Er hat ſich über den ſchwerfälligen Apparat beklagt, der bei dem Einkauf von Lebens⸗ mitteln Verwendung findet und iſt ſchließlich zu dem Schluß gekommen, daß man die deutſchen Kauf⸗ leute hinausſchicken ſollte; dann würde man Butter, Eier, Käſe uſw. zu mäßigen Preiſen erſtehen können. Das wäre auch nach meiner Meinung die beſte Lö⸗ ſung, um der Bevölkerung eine gute Verſorgung zu ermöglichen. Es wird Ihnen aber vielleicht durch ein anderes Beiſpiel noch klarer, wenn ich Sie näm⸗ lich daran erinnere, wie ſeinerzeit die ſogenannten Reichsfettheringe nach Deutſchland gelangt ſind. Da⸗ mals iſt eine Kommiſſion von 6 Herren gewählt worden, auch war ein Tippfräulein dabei und ein Rechtsanwalt. Dieſe ſogenannte Kommiſſion iſt nach Norwegen gefahren, hat ſich dort mehrere Tage aufgehalten, 41 Paragraphen aufgeſetzt und iſt dann nach einem kleinen Abſtecher wieder in Deutſchland angelangt. Später ſind auch dieſe ſogenannten Reichsfettheringe in Deutſchland angekommen, und die Verwunderung war groß, als man bemerkte, daß dieſelben ſo klein und mager, und zwar nicht größer als 5 bis 10 em, ausgefallen waren. Als man ſich dann nach Norwegen mit der Bitte wandte, doch zu erklären, warum die Reichsfettheringe ſo flein und mager ausgefallen ſeien, gaben die Nor⸗ weger zur Antwort: Hätten Sie anſtatt der Kom⸗ miſſion mit dem Tippfräulein und dem Rechtsanwalt einen einzigen Kaufmann hinübergeſchickt, ſo hätten Sie wirkliche Fettheringe bekommen, ſo aber müſſen Sie ſich ſchon mit den Reichsfettheringen begnügen. Sie können ſich auch keineswegs darüber beklagen, ſelbſt wenn wir Ihnen Kieſelſteine geſchickt hätten; denn Sie brauchen ſich ja bloß Ihre 41 Para⸗ graphen durchzuleſen. Nun beklagen ſich die Herren über die teuren Eier. Sie vergeſſen aber, daß die Steigerung der Löhne dieſe teuren Preiſe zum Teil auch mit ver⸗ ſchuldet hat. (Aha! bei den Sozialdemokraten.) — Ich ſage nicht, daß dieſe höheren Löhne dieſe teuren Preiſe überhaupt bedingt haben, ſondern nur zum Teil. Sie müſſen auch verſtehen, daß die Preiſe nicht einfach deswegen teurer werden, weil müſſen berückſichtigen, daß dazu auch noch andere Faktoren gehören, nämlich der Produzent, der Groſſiſt, der die Waren einkauft und jetzt die ſehr erhöhten Speſen für ſeine Reiſen, für die Transport⸗ koſten und auch für das Verpackungsmaterial aus⸗ geben muß. Es wird Ihnen vielleicht nicht un⸗ bekannt ſein, daß der Groſſiſt etwa 90 „ für das Ei bezahlen muß, daß dann die übrigen Speſen dazu⸗ kommen, ſo daß ein Ei den Kleinhändler ungefähr 1.10 % koſtet. Wenn Sie dann 4 24 daß der . Speſen hat, und zwar ſchon allein durch den Bruch und das Verderben der ſo können ermeſſen, daß ich lieber alles als g ade Eierhändler. Wenn ſß Sie dieſe Eier billiger erſtehen der Kleinhändler ſie erhöhen will, ſondern Sie 371 15