381 Sitzung am 3. September 1919 Ehe wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich noch mitzuteilen, daß eine Anfrage der Stadtv. Dr. Rothholz und Genoſſen eingegangen iſt, lautend: Der Magiſtrat wird erſucht, darüber Aus⸗ kunft zu geben, wie weit die Fertigſtellung der beſchloſſenen Behelfsbauten gediehen iſt. Ich frage den Magiſtrat, ob und wann er bereit iſt, dieſe Anfrage zu beantworten. Oberbürgermeiſter Dr Scholz: wird heute beantwortet werden. Die Anfrage 1 Vorſteher⸗Stellv. Marzahn: Dann werden wir ſie an den Schluß der Tagesordnung ſetzen. Wir treten nunmehr in die Tagesordnung ein. Punkt 1: * Vorlage betr. Alterszulagekaſſenbeitrag für Lehr⸗ kräfte. — Druckſache 181. (Die Verſammlung beſchließt nach dem An⸗ trage des Magiſtrats, wie folgt: Der Haushaltsplananſatz Ord. Verwaltung Kap. III, Abſchnitt 3 Nr. 1 für 1919 — Al⸗ 9 tb ſt94 % — wird aus laufenden Mitteln um 9461 ℳ. verſtärkt.) Punkt 2: Vorlage betr. Gewährung von Vergütungen an Medizinalpraktikanten. — Druckſache 182. (Die Verſammlung beſchließt nach dem An⸗ trage des Magiſtrats, wie folgt: Zur Gewährung von Vergütungen an die in den ſtädtiſchen Krankenanſtalten beſchäftig⸗ ten Medizinalpraktikanten werden 24 000 % aus laufenden Mitteln bewilligt.) Punkt 3: Vorlage betr. Stromlieferung für das Waldhaus Charlottenburg und Nachbewilligung von Mitteln. — Druckſache 183. (Die Verſammlung beſchließt nach dem An⸗ trage des Magiſtrats, wie folgt: a) Dem abgedruckten Nachtrage vom 12 2 1919 zu dem am 2. 8. 1912 mit den Brandenburgi⸗ ſchen Kreis⸗Elektrizitätswerken — G. m. b. O. in Spandau abgeſchloſſenen Stromlieferungs⸗ vertrage für das Waldhaus Charlottenburg wird nachträglich zugeſtimmt. p) Der im Haushaltsplan für 1919 bei 0. vI — 4 — 13a vorgeſehene Anſatz wird um 12 000 %ℳ aus Vorbehaltsmitteln verſtärkt.) Punkt 4: Vorlage betr. Beihilſe an den Hauptausſchuß für Löwenſtein: Verehrte Anweſende! nicht vorwerfen wollen, daß wir e nicht unſere genügende Aufmerk⸗ n Dingen der Schaf⸗ unmögli enügend Wert bei⸗] Kritik zu üben, das mag ſie ſelber tun. Aber vor legen, wenn wir die Vorlage des Magiſtrats noch unter die kritiſche Lupe nehmen. Wir ſind im Gegenteil der Meinung, daß in Charlottenburg in der Unterſtützung der Jugendheime längſt nicht ge⸗ nügend geſchieht. Wir machen darauf aufmerkſam, daß Orte wie Neukölln, die genau ſolche Wohnungs⸗ kalamität haben wie in Charlottenburg, und viele andere kleinere Orte hier in der Nähe, weſtliche Vor⸗ orte von Berlin, ſchon jetzt Gelegenheit genommen haben, ſelbſtändige Jugendheime zu ſchaffen, und daß auch in Charlottenburg energiſch Mittel ergriffen werden müſſen, um von der Gemeinde aus Jugend⸗ heime zu errichten. Wir kommen darauf zurück, daß noch immer im Schloß Räume unbenutzt ſind, und wir möchten erneut den Magiſtrat energiſch bitten, daß er bei der Regierung immer wieder das Erſuchen ſtelle, daß dieſe Räume zu dieſem Zweck, wofür ſie ſich ausgezeichnet eignen, zur Verfügung geſtellt werden. Ferner ſcheint uns in der Kneſe⸗ beckſtraße in einem Hauſe, in dem bis jetzt eine ganze Menge Lebensmittelkommiſſionen unterge⸗ bracht waren, in einer Villa, umgeben von Wieſen und Anlagen, die ſich auch wegen ihrer ruhigen Lage ausgezeichnet eignet, vielleicht die Möglichkeit ge⸗ geben, ein Jugendheim zu errichten. Wenn dieſe Möglichkeit nicht gegeben wäre, ſollte weiterhin nach einer ſolchen geſucht werden. Es gereicht uns zur Genugtuung, daß in den Gemeinden, in denen der ſozialiſtiſche Einſchlag recht ausſchlaggebend gewor⸗ den iſt, mit aller Plötzlichkeit trotz aller ſonſtigen dringenden Aufgaben Jugendheime geſchaffen ſind. Leide ſind wir in Charlottenburg damit im Rück⸗ ſtande. Wir erſuchen alſo erneut und dringend den Magiſtrat, möglichſt bald dafür zu ſorgen, daß auch Jugendheime geſchaffen werden, die nicht davon ab⸗ hängig ſind, daß ſie jeden Augenblick Mietſteige⸗ rungen erfahren, ſelbſt wenn ſie von einer doch ſehr gemeinnützigen Vereinigung wie der katholiſchen Kirchengemeinde abhängig ſind. Wenn ich nun zu der Vorlage ſelbſt komme, ſo erſcheinen uns die 2000 ℳ ſehr gering, denn ich ver⸗ mute, daß von dieſen 2000 ℳ ohne weiteres dem Turngau Charlottenburg 1500 ℳ übergeben werden ſollen. Es bleiben alſo für die Koſten der Heizung, Beleuchtung uſw. dem Magiſtrat nur 500 ℳ übrig, und das ſcheint uns zu wenig zu ſein. Ferner aber ſcheint es uns auch, daß der Ma⸗ giſtrat und vor allen Dingen das Mieteinigungsamt ſein Intereſſe beſonders auf dieſe Mietſteigerung, die der Turngau Charlottenburg erfahren hat, lenken möchte. Es handelt ſich bei dem Jugendheim des Turngaues Charlottenburg um 7 Zimmer am Lützow 9. Dieſes Haus gehört der katholiſchen Kirchengemeinde. Die katholiſche Kirchengemeinde hat die Miete von 1450 ℳ. auf 2800 ℳo geſteigert. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Das ſind beinahe 100%. Wir ſind der Meinung, daß das Mieteinigungsamt dies nicht zulaſſen dürfte und daß eine Mietſteigerung in dem Um⸗ fange den rechtlichen und herkömmlichen Bedingun⸗ gen widerſpricht. überlaſſe es der katholiſchen Kirchengemeinde, wie ſie es mit ihren ſonſtigen idealen Beſtrebungen vereinigen will, daß ſie eine doch immerhin gemeinnützige Beſtrebung wie die Jugendpflege durch eine derartige Belaſtung faſt unmöglich macht. Es iſt nicht meine Sache, daran