382 Sitzung am 3. September 1919 allen Dingen ſcheint es mir Aufgabe des Magiſtrats zu ſein, daß er hier dahinter faßt und erſt einmal unterſucht, inwiefern dieſe Mietſteigerung von 1450 auf 2800 ℳ, die dem Turngau faſt das Exiſtenzlicht ausbläſt, möglich iſt. Wir beantragen daher, daß der Magiſtrat, bevor dieſe Vorlage ver⸗ abſchiedet wird, nochmals die Sache unterſucht und der Stadtverordnetenverſammlung darüber Aus⸗ kunft gibt. Stadtrat Dr. Spiegel: Meine Herren! Bei den Ausführungen des Herrn Vorredners kam einem der alte Satz unaufhörlich in den Sinn, daß das Beſſere der Feind des Guten iſt; und wenn es mög⸗ lich wäre, das Beſſere, das ich ganz ebenſo wie der Herr Vorredner erſtrebe, an die Stelle deſſen zu ſetzen, um das der Magiſtrat Sie hier gebeten hat, dann können Sie feſt überzeugt ſein, daß ich mit dem Herrn Vorredner in jeder Beziehung übereinſtimmen würde. Aber ſo liegen die Dinge nicht. Es iſt uns beim beſten Willen nicht möglich, zurzeit Jugend⸗ heime ſtädtiſcherſeits in ausreichendem Maße zu ſchaffen. Was der Herr Vorredner an ſeiner Anſicht nach verfügbaren Gebäuden angeführt hat, das iſt einmal das Schloß und das andere Mal ein Grundſtück in der Kneſebeckſtraße. Das Schloß, um das wir ge⸗ beten haben, bekommen wir nicht; und auch, wenn wir hier eine rein ſozialiſtiſche Verwaltung hätten, würden wir trotzdem als Stadt noch nicht in der Lage ſein, der Regierung vorzuſchreiben, daß ſie uns das Schloß zur Verfügung ſtellen muß, ſondern wären immer noch von der Entſcheidung der Regierung in dieſer Beziehung abhängig. Das Gebäude in der keneſebeckſtraße iſt nicht frei, ſondern es befindet ſich in ihm bereits die Futtermittelabteilung und ferner die Unterſtützungskommiſſion vII, durch deren Ver⸗ legung andere, für Wohnzwecke notwendige Miet⸗ räume freigeworden ſind. Das ſind beides auch Ein⸗ richtungen, die wir im Intereſſe unſerer Einwohner⸗ ſchaft nicht entbehren können, die wir alſo nicht auf die Straße ſetzen können, um dort ein Jugendheim einzurichten. Aber, ſelbſt wenn es uns heute gelänge, ſei es im Schloß oder in der Kneſebeckſtraße oder ſonſtwo, endlich die wünſchenswerten größeren Räumlichkeiten für die Jugendpflege zu bekommen, dann wären die beſtehenden Heime trotzdem nicht entbehrlich. Die müſſen wir unter allen Umſtänden zu erhalten ſuchen; denn die Einrichtung eines neuen Heims unter Beſeitigung der alten würde kein Fortſchritt ſein. Wenn wir alſo auch nach wie vor auf das eif⸗ rigſte bemüht ſein wollen, die Räume für weitere Heime zu ſchaffen, ſo möchte ich Sie doch dringend bitten, uns heute dieſe Mittel zur Verfügung zu ſtellen, damit die Erhaltung der beſtehenden Heime wenigſtens geſichert iſt. Ganz gewiß ſollte man meinen, daß eine ſolche Steigerung, wie ſie dem Turnerjugendheim zuteil geworden iſt, einer ſo nützlichen Einrichtung gegen⸗ über nicht hätte ſtattfinden ſollen. Aber ſie iſt er⸗ folgt. Was Herr Dr Loewenſtein meint, da hätte das Mieteinigungsamt eingreifen müſſen, das habe ich auch gemeint und habe ſelbſtverſtändlich, ehe ich mich von Magiſtrats wegen mit der Angelegenheit] beſchäftigte, der Leitung des Turngaues aufgegeben, das Mieteinigungsamt anzurufen. Das Mieteini⸗ forderte Mietpreis dem zurzeit üblichen entſpricht, und ſomit iſt dieſe Mietſteigerung als berechtigt an⸗ erkannt worden. Es iſt ganz klar, das Mieteini⸗ gungsamt kann ſich nicht darum kümmern, ob der Mieter ein gemeinnütziges Unternehmen iſt, ſondern lediglich darum: iſt der Eigentümer nach Lage der Dinge berechtigt, heute dieſen Mietpreis zu fordern. Und ſo iſt es hier gegangen, wie es uns auch bei ſtädtiſchen Einrichtungen gegangen iſt; wir haben das 3z. B. kürzlich erlebt, als wir für eine Abteilung des ſlädtiſchen Arbeitsamtes eine Mehrforderung erhiel⸗ ten, die uns unbegründet hoch erſchien; wir haben das Mieteinigungsamt angerufen, und das hat gegen den Magiſtrat entſchieden — nicht nur, daß die da⸗ malige Forderung des Eigentümers berechtigt ſei, ſondern es hat auf den nun erfolgenden Anſpruch des Eigentümers den Mietpreis ſogar noch höher ge⸗ ſetzt, als er urſprünglich gefordert war. Meine Herren, es iſt ja doch ganz richtig: das Mieteini⸗ gungsamt muß unabhängig auch vom Magiſtrat ſein. Nach dieſem Beiſpiel iſt es jedenfalls ganz un⸗ möglich, zu verlangen, daß wir uns hinter das Miet⸗ einigungsamt ſetzen ſollen. Das Mieteinigungsamt iſt, wie geſagt, in ſeinen Entſcheidungen vollſtändig unabhängig, muß es nach Lage der Dinge ſein, und ſeine Entſcheidung müſſen wir als gegeben hin⸗ nehmen. . Da nun für das Fortbeſtehen der Jugendheime, insbeſondere für das Fortbeſtehen des Turnerjugend⸗ heims außerordentlich wichtig iſt, daß wir alsbald Beſcheid wiſſen, ob den betreffenden Vereinen zu Hilfe gekommen werden kann, ſo bitte ich Sie drin⸗ gend, die Vorlage des Magiſtrats heute zu verab⸗ ſchieden und die geforderten 3000 ℳ zu bewilligen. Ich kann Ihnen zuſagen, daß der Magiſtrat nach wie vor bemüht ſein wird, die Jugendpflege mit allen Kräften zu fördern und ein eigenes ſtädtiſches Jugendheim zu begründen, ſobald das die Verhält⸗ niſſe nur irgend zulaſſen. Stadtv. Lichtenberg: Wenn die katholiſche Kirchengemeinde bis jetzt für eine Etage von 7 Zimmern 1450 ℳ verlangt hat, ſo hat ſie damit bewieſen, daß ſie zu ideal iſt, und wenn ſie jetzt mit 2800 ℳ zufrieden iſt, ſo beweiſt dies, daß ſie von ihrem Idealismus immer noch nicht ganz 1 0 iſt, denn ein anderer Mieter hatte ihr 3000 ℳ geboten. Ich ſchlage aber dem Herrn Dr Löwenſtein vor, ſeinen Einfluß auf die Verwaltung des ſozialdemo⸗ kratiſchen Gewerkſchaftshauſes auszuüben und dort 7 Zimmer für 1400 ℳ zu reſervieren. (Sehr gut!) Stadtv. Dr Löwenſtein: Zunächſt, um Miß⸗ verſtändniſſen vorzubeugen, bin ich auch durchaus der Meinung, daß, ſolange nicht weitgehend Jugend⸗ heime geſchaffen ſind, ſo daß das Bedürfnis voll⸗ kommen gedeckt iſt, natürlich die beſtehenden Jugend⸗ heime unterſtützt und unterhal Das iſt ſelbſtverſtändlich. Ich wollte meine Kritik das etwa verh gungsamt hat jedoch entſchieden — von ſeinem r dieſe Ge tandpunkt aus ganz richtig —, daß der jetzt ge⸗l den G