Sitzung am 3. September 1919 Mieteinigungsamt gehört habe, immer angenom⸗ men, daß in Betracht gezogen werden ſoll, wie hoch die Steigerung im Augenblick iſt, alſo wie hoch der Unterſchied zwiſchen der früheren und der jetzt zu zahlenden Miete iſt. Da muß nach allen Rechts⸗ und Billigkeitsgründen eine Erhöhung von beinahe 100% ungeheuerlich erſcheinen. Es ſcheint dies wie⸗ derum ein Urteil zu ſein, das zu einer Kritik an dem Gebaren des Mieteinigungsamtes hier in aller Oeffentlichkeit herausfordert. Wenn der Herr Vorredner meint, der Idealis⸗ mus der katholiſchen Kirchengemeinde ſei außerge⸗ wöhnlich groß geweſen, daß ſie während der Kriegs⸗ zeit die Räume für 1450 ℳ dem Mieter belaſſen hat, ſo muß ich doch ſagen, daß die katholiſche Kirchengemeinde ſonſt nicht für ſich in Anſpruch nimmt, daß ſie ein durchaus kapitaliſtiſches Unter⸗ nehmen ſei, das profitieren müßte, und daß ſich auch die katholiſche Kirchengemeinde bei ihren ſonſt doch guten Einnahmen mit den 1450 ℳ ganz gut bis dahin hätte begnügen können. Daß man aber darin, daß die katholiſche Kirchengemeinde auf ein Angebot von 3000 ℳ, das ihr von privater Hand gemacht wurde, nicht eingegangen iſt, alſo bei einem Verdienſt von 200 ℳ jetzt ihren alten Mieter, der ganz ideale Beſtrebungen verfolgt, nicht herausgeſetzt hat, — daß man darin ein großes Ideal ſehen ſoll, dafür fehlt mir, muß ich ſagen, jeder Begriff. Die Gewerkſchaft hat in ihren Räumen kein Jugendheim eingerichtet und hat von ihren Räumen, ſoviel mir bekannt iſt, nichts abgegeben. Ich bin aber über⸗ zeugt, daß ſie, wenn ſie etwas abgegeben hätte, eine ſolche Steigerung nicht vorgenommen hätte und ſicher nicht bei einem gemeinnützigen Zweck, wenn es ſich darum handelte, daß ein doch von ihr gebilligter Zweck dann illuſoriſch werden würde. Meine Par⸗ teigenoſſen ſowohl wie die rechtsſtehenden Sozialiſten würden gegen ein derartiges Vorgehen ſelbſtverſtänd⸗ lich Front machen. Stadtv. Lichtenberg: Wenn alle Ueberzeugun⸗ gen des Herrn Dr Löwenſtein ſo gut fundiert ſind wie die letzte, dann ſind ſie ſchlecht fundiert. Denn er ſagt: die Gewerkſchaft hat zwar keine Zimmer zur Verfügung geſtellt, ich bin aber überzeugt, wenn ſies getan hätte, dann hätte ſie es nur in einem idealen Sinne getan. Das iſt eine Behauptung ine fun⸗ damento in re. Und dann glaube ich, daß ich als Pfarrer dieſer Gemeinde ein wenig mehr in die Geld⸗ verhältniſſe der Gemeinde Einblick habe als der Herr Dr. Löwenſtein. Ich weiß, daß wir mit einer Schul⸗ denlaſt von 1 Million 400 000 ℳ belaſtet ſind, und ich weiß, daß ich in 3 Jahren in 150 ſchleſiſchen Städten und Dörfern „⸗pfennigweiſe Geld zuſam⸗ mengebettelt habe, um für unſere Kirche, die vor 40 Jahren für 600 Perſonen gebaut worden iſt und jetzt für 31 000 ausreichen a, einen Ceeeteruugs ban fertigzubringen. Stadto. r Hert: Ich ſtelle gegenüber — Vor⸗ redner feſt, was meinem Kollegen Dr Löwenſtein 7. nicht bekannt iſt, 928 der Idealismus 7 von Gewerkſchaftshäuſern in vielen beiche, daß ſie Jugendorganiſationen öllig unentgeltlich zur Ver⸗ in bereit, dafür in jedem ſich die Armendirektion ebenſo wie der Magi 383 Im übrigen betone ich, daß ich mit der Argu⸗ mentation des Herrn Vorredners völlig zufrieden bin. Er hat keinen Zweifel daran gelaſſen, daß für die katholiſche Kirche nicht ideelle, ſondern rein materiellle Gründe maßgebend ſind. (Widerſpruch und Unruhe.) Vorſteher⸗Stellv. Marzahn: Das Wort iſt nicht weiter gewünſcht. Herr Dr. Löwenſtein hat beantragt, die Vorlage vorläufig nicht zu verab⸗ ſchieden. (Stadtv. Dr. Löwenſt ein: wir zurück!) Den Antrag ziehen Dann kommen wir zur Abſtimmung. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats mit großer Mehrheit, wie folgt: Die Stelle des Stadthaushaltsplans Or⸗ dentl. Verwaltung Kap. XIV Anlage 0 / — Hauptausſchuß für Jugendpflege — wird um 3000 ℳ aus laufenden Mitteln verſtärkt mit der Auflage, daß dieſer Betrag zur Erhal⸗ tung der beſtehenden Heime zu verwenden iſt.) Wir kommen zu Punkt 5: Vorlage betr. Annahme eines Vermächtniſſes. — Druckſache 185. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Das von der verſtorbenen Frau Emilie Mathilde Kummerle geb. Schnabel teſtamen⸗ tariſch ausgeſetzte Vermächtnis von 5000 ℳ wird angenommen.) Ich darf wohl in Ihrem Namen für die hoch⸗ herzige Gabe den verbindlichſten Dank ausſprechen. Punkt 6 der Tagesordnung: Vorlage betr. Nachbewilligungen im Armenhaus⸗ haltsplan für 1918. — Druckſache 186. Stadtv. Klick: Der Vorlage ſelbſt werden wir unſere Zuſtimmung geben. Wir vermiſſen nur in ihr einen Punkt, der ſeinerzeit im Etatsausſchuß angeregt worden iſt. Es handelt ſich um die Stelle einer Stadtärztin, die von allen Parteien im Etats⸗ ausſchuß gewünſcht wurde. Wir möchten an den Magiſtrat die Anfrage richten, wie weit die Vor⸗ arbeiten für die Anſtellung einer Stadtärztin ge⸗ diehen ſind. Stadtrat Goeritz: Es handelt ſich bei deſer Vorlage nicht um Bewilligungen für die Zukunft, ſondern um Nachbewilligungen. Infolgedeſſen konnten damit irgendwelche Forderungen für die Zukunft nicht verknüpft werden. Was die von dem Herrn Vorredner angeregte Frage betrifft, ſo hat ſtrat lung dem Wunſche der Stadtverordnetenverſamm angeſchloſſen, iſt ſogar darüber hinausgegangen. Wir halten es für notwendig, nicht eine, ſondern zwei Aerztinnen anzuſtellen, da eine Aerztin für die Inanſpruchnahme durch das Publikum zu ungünſtig wohnen würde. Die Ausſchreibung iſt erfolgt. Die 24 wird , in der Zeit ge⸗ ſchehen.