948 Sitzung am 3. Rechtsverhältniſſe zu ſchaffen, und um mehr handelt es ſich hier doch wirklich nicht. Wenn dann die klaren Rechtsverhältniſſe geſchaffen ſind, dann können wir immer noch nach unſerem beſten Ermeſſen entſchei⸗ den: iſt es heute Zeit, zu kommunaliſieren oder ſpäter, iſt das ein Betrieb, der mit Vorteil kom⸗ munaliſiert werden kann, oder müſſen wir auf dieſen Wirtſchaftszweig verzichten? Dieſer Entſcheidung wird durch das Reichsgeſetz, das die Gemeinden er⸗ mächtigt, zu ſozialiſieren, in keiner Weiſe vorge⸗ griffen. Es ſcheint mir nach alledem doch eine Art von Ueberängſtlichkeit zu ſein, die den Herrn Kol⸗ legen Meyer veranlaßt, ſchon die Ermächtigung zur Sozialiſierung mit einer abwehrenden Handbewe⸗ gung von ſich zu weiſen. Wir können uns ſelbſtverſtändlich dieſem Stand⸗ punkt nicht anſchließen. Wir alauben ſehr wohl, daß es möglich iſt, daß die Reichsregierung auf Schwie⸗ rigkeiten geſtoßen iſt, wie ſie die Sozialiſierungs⸗ gebiete des Reiches, der einzelnen Länder und der (Gemeinden abgrenzen ſoll. Aber ſchließlich müſſen die Schwierigkeiten einmal überwunden werden, und nachdem die Reichsverfaſſung jetzt erledigt iſt und die neuen Steuern in der Erledigaung beariffen ſind, hoffe ich, daß die Herren Antragſteller mit uns da⸗ für eintreten werden, daß die Nationalverſammlung ſo lange zuſammenbleibt, bis ſie uns auch noch das Sozialiſierungsgeſetz für die Gemeinden beſchert. Stadtv. Freiherr v. Rechenberg: Meine Damen und Herren! Mit dem Herrn Oberbürgermeiſter und mit meinem Herrn Vorredner wird man wohl übereinſtimmen können, daß es wünſchenswert iſt, wenn einmal durch ein Reichsgeſetz klare Verhält⸗ niſſe geſchaffen werden, über deſſen Inhalt und in welcher Richtung es ſich bewegen 1joll, ich mich heute nicht auslaſſen will. Aber wenn Sie einen ſolchen Antrag ſtellen, dann müſſen Sie doch davon aus⸗ gehen, daß die Regierung überhaupt in der Lage iſt, eine ſolche Klarheit zu ſchaffen. Das iſt nicht der Fall. Auch die Nationalverſammlung iſt beim beſten Willen in den nächſten Monaten nicht in der Lage, irgendwelche einſchneidenden Geſetze in dieſer oder in der Sozialiſierungsfrage vorzunehmen. Ich glaube, wir bewegen uns da, wenn wir Klarheit fordern, in einem begreiflichen und verzeihlichen Irrtum, in einem Irrtum, von dem ich wünſchen würde, daß er keiner wäre. Lir vergeſſen ganz, daß wir auch wirtſchaftlich⸗ nicht mehr unabhängig ſind. Die nächſte Arbeit, die die Regierung und die Nationalverſammlung zu tun haben, iſt, den Wiederaufbauplan für die Wiedergutmachungskommiſſion nach dem Friedens⸗ vertrag aufzuſtellen. Dafür haben ſie eine Friſt von 4 Monaten, und zwar eine Friſt von 4 Mo⸗ naten von der Ratifizierung an. Erſt wenn dieſer Plan genehmigt oder vielmehr feſtgeſetzt iſt — ge⸗ nehmigt würde nicht das richtige Wort ſein, ſondern dieſer Wiederaufbauplan wird ohne unſere Mitwir⸗ kung feſtgeſetzt, und es wird auch außerdem be⸗ ſtimmt, wieviel wir nach demſelben beizuſteuern haben —, erſt dann kann die Regierung etwas neben dieſem Wiederaufbauplan beſchließen. Die Wiedergutmachungskommiſſion iſt diejenige Be⸗ hörde, die in dem nächſten halben Jahr über unſer 4 September 1919 nis zitieren — in dem Artikel 248, daß der ge⸗ ſamte öffentliche Beſitz für die Schulden haftet. (Zuruf: Das iſt ganz etwas anderes; es ſteht dort nur: des Reiches und der Länder!) — Der geſamte Beſitz des Reiches und der Bundes⸗ ſtaaten. — Außerdem ſteht in der zweiten Anlage zum Artikel 233 in § 12, daß die Kommiſſion prüft, ob die Mittel des Deutſchen Reiches und der Bun⸗ desſtaaten vorzugsweiſe für den Wiederaufbau ver⸗ wandt werden. — Ich laſſe das aus, was alles da⸗ hinter ſteht. — Zweitens hat ſie zu prüfen, ob die Laſten, die hier die deutſchen Bewohner treffen, ebenſo ſchwer ſind wie in den ſchwerſtbelaſteten Staaten der Entente, der im Ausſchuß vertretenen Länder, ſo heißt es, und das in zwei Richtungen: erſtens in bezug auf das Verhältnis, d. h. auf die Steuern allgemein, und dann verhältnismäßig, d. h. nach der Steuerquote. Ich möchte darauf aufmerk⸗ ſam machen, daß das Wort „allgemein“ in der all⸗ gemein käuflichen deutſchen Ueberſetzung mit dem braunen Umſchlag ausgelaſſen worden iſt; es ſteht aber in dem engliſchen und franzöſiſchen Text, und das iſt maßgebend. Das heiß; alſo, daß keiner, weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer, noch Kapi⸗ taliſt, noch ſonſt jemand, beſſer geſtellt werden kann, als ſich der Betreffende in einem der im Ausſchuß vertretenen Länder befindet. Die Regierung kann meines Erachtens kaum heute ſchon eine Entſcheidung treffen, und ſie wird auch tatſächlich kaum die Zeit haben. Denn nach der Ratifizierung hat ſie nur 4 Monate Zeit, um dieſen Wiederaufbauplan aufzuſtellen, ſo ſehr ich es auch mit dem Herrn Vorredner für wünſchenswert halten würde, daß Klarheit geſchaffen wird. Zu meinem Bedauern muß ich aber doch feſtſtellen, daß dieſer Antrag von der Regierung zwar als be⸗ rechtigt und auch vielleicht als begründet, aber nicht als ausführbar wird bezeichnet werden müſſen, ſo daß es deshalb nicht zweckmäßig iſt, ihn zu ſtellen. Stadtw. Dr. Broh: Auf dieſe knifflichen Tifte⸗ 1000, die wir eben gehört haben, will ich nicht ein⸗ gehen. 2 (Heitemteit). Das ſind die berühmten Mittel der Reaktionäre, dde durch Paragraphen eine notwendige Sozialiſierung beſeitigen zu können glauben. IIm übrigem befinde ich mich aber in der ſelt⸗ ſamen Lage, dem Herrn Kollegen Meyer zuzu⸗ ſtimmen. Ich empfehle dieſelbe Zurückhaltung gegenüber dem Antrag meiner näheren Genoſſen, die er empfohlen hat. Es wird Ihnen das vielleicht im Augenblick wunderbar erſch wirtſchaftliches Leben, auch über die Sogialiſterungg entſcheidet und entſcheiden muß. Denn es heißt —] — Nei ich kann Ihnen ſelbſt die Artikel aus dem Gedächt⸗] Wortfüh