106 Sitzung am 3. will man dieſe Vorlage ſchaffen, und in dem Augen⸗ blick, verehrte Anweſende, in dem Sie das beſtreiten, hörte ich auch von jener Seite einen bejahenden Zu⸗ ruf und ſah auch ein bejahendes Kopfnicken. Es iſt alſo durchaus nicht ſo unſinnig wie Sie, die Sie in der Mitte zu ſchaukeln ſuchen, glauben machen wollen. Im übrigen möchte ich nur darauf verweiſen, daß die Anſchauungen des Oberverwaltungsgerichts⸗ rats Lindenau ja durch den Ihnen bekannten Vor⸗ fall im Tiergarten eine leider ſehr unangenehme Be⸗ ſtätigung erfahren haben. Man ſollte eigentlich an⸗ nehmen, daß jetzt, nachdem einmal ein Angehöriger der beſitzenden Schichten der Schießluſt der Soldaten und ihrer übergroßen Nervoſität zum Opfer gefallen iſt, Ihre Begeiſterung für dieſe Art Sicherheit etwas nachgelaſſen hätte. Aber es zeigt ſich an dieſem Fall, daß das allgemeine und das Klaſſenintereſſe, das Sie den Schutz vor der Arbeiterbewegung überhaupt, ſoweit ſie ſich noch den Kampf für den Sozialismus zur Aufgabe geſetzt hat, herbeiſehnen läßt, Ihnen weit wichtiger iſt als das Leben und das Eigentum eines Angehörigen Ihrer Schicht. Aber, verehrte Anweſende, ich möchte auch darauf verweiſen — und vielleicht erziele ich dabei mehr Eindruck als mit meinen anderen Ausführun⸗ gen —, welche Koſt en dieſe Vorlage macht. Denn bisher hat die politiſche Erfahrung das eine mit großer Deutlichkeit gezeigt, daß die herrſchenden Schichten dem Koſtenpunkt, der Frage der Bezah⸗ lung und der Uebernahme der Laſten, immer am allerzugänglichſten waren. Kein Argument hat bis⸗ her ſo bei den beſitzenden Schichten gewirkt als das der finanziellen Belaſtung, und deshalb möchte ich Sie darauf aufmerkſam machen, daß dieſer Oberver⸗ waltungsgerichtsrat Lindenau die Koſten dieſer ka⸗ ſernierten Polizei für Berlin allein auf 200 Milli⸗ onen eℳ geſchätzt hat. (Hört, hört! bei den unabhängigen Sozial⸗ TT demokraten.) Ich halte ſeine Berechnung für zu hoch. Ich bin der Ueberzeugung, daß, wenn man die Koſten für einen der Poliziſten im Durchſchnitt auf 10 000 %ℳ anſetzt und die Zahl von 10 000 zugrunde⸗ legt, man nur zu einer Belaſtung von 100 Millionen kommt. Aber, verehrte Anweſende, ſelbſt bei einer Belaſtung von 100 Millionen würden auf die Stadt Charlottenburg etwa 10 Millionen ℳ fallen, und außerdem noch entſprechende Mengen, wenn ſie Tee wenn Sie bedenken, daß wir die bisherigen Polizei⸗ laſten in vollem Umfange weiter behalten würden — oder wenigſtens in weſentlichem Umfange —, ſo würde das bedeuten, daß wir in Zukunft für die Polizei nicht 2 Millionen, ſondern 12 Millionen aufzubringen hätten. Es iſt für die Liebe, mit der man dieſen Mann⸗ ſchaften begegnet, ſehr intereſſant, daß man an ihre Beſoldung ganz andere Maßſtäbe anlegt als ſonſt bei Beamten. Ich weiß im Augenblick nicht, was der Herr Oberbürgermeiſter an Gehalt bezieht, auch nicht, was die übrigen Beamten beziehen, nur un⸗ gefähr. Aber ich möchte doch feſtſtellen, daß der September 1919 Kämmerer. Der Major, der dieſe Polizei leiten ſoll, bekommt allein, wenn er nur ein Kind beſitzt, mehr als 20 000 ℳ, und bei mehreren Kindern würde ſich ſein Gehalt auf 22 000, 24 000 oder 26 000 %ℳ erhöhen. Aehnlich ſind die Gehälter der übrigen Poliziſten, der Hauptleute uſw. Von be⸗ ſonderem Intereſſe erſcheint mir aber die Tatſache, daß der junge Leutnant vielleicht von 20 oder 22 Jahren ein doppelt ſo hohes Gehalt erhalten ſoll als ein alter und ergrauter Oberwachtmeiſter, — ge⸗ wiß auch ein Beitrag zu der Tatſache, wie gerecht gegenwärtig die Arbeitsleiſtungen eingeſchätzt werden. Aber die Vorliebe für dieſe neue Polizei zeigt ſich nicht nur in der Beſoldung, ſondern ſie zeigt ſich vielleicht noch deutlicher in der Ernährung. In der Beſoldung liegen ja die Dinge einfach. Das Finanzweſen des Deutſchen Reiches beruht gegen⸗ wärtig darauf, daß die Notenpreſſe außerordentlich ſchnell arbeitet, und trotz der unheimlichen Gefahren, die dieſer Zuſtand in ſich birgt, iſt ja eine Abkehr von ihm in keiner Weiſe zu erwarten. Deshalb kann man ja ſagen: da wir Papiermittel genug haben, kommt es auf die Bezahlung nicht an. Anders liegt die Sache aber bei der Ernährung; an Nahrungsmitteln haben wir außerordentlichen Mangel. Es iſt ein Schlag ins Geſicht für die⸗ jenigen Kreiſe der Bevölkerung, die nicht wiſſen, wo⸗ her und wie ſie ſich überhaupt ausreichend ernähren ſollen, wenn man lieſt, welche Abſichten man mit der Ernährung dieſer kaſernierten Polizei verfolgt. Während die Zivilbevölkerung, glaube ich, etwa 250 g Brot pro Tag bekommt, ſoll der Soldat 700 bekommen. Die Bevölkerung bekommt 250 g Fleiſch die ganze Woche, der Soldat an einem Tag. Ich will den Vergleich mit der Bevölkerung, da Sie ja alle wiſſen, was man an Nahrungsmitteln bekommt, nicht weiter ausſpinnen: aber ich möchte nur mit⸗ teilen, daß neben 125 « Graupen oder 250 g Hülſen⸗ früchten oder entſprechenden Mengen von Gemüſen, neben etwa 3 Pfund Kartoffeln pro Tag die Soldaten weiter etwa 2½ Pfund Speiſerüben oder 1200 3 Wirſing oder ähnliche Mengen von Gemüſen bekom⸗ men ſollen, außdem Gewürze und dgl., die. die Zivilbevölkerung überhaupt nicht mehr bekommen kann. Dann erhält die Zivilbevölkerung, glaube ich, pro Tag 8 oder 10 3 Zucker, ein Mangel, der ſich außerordentlich fühlbar macht. Dieſe Soldaten ſollen, obwohl ſie ja nichts zum Einmachen und Igl. verwenden, 30 g pro Tag bekommen und und dal. erhalten. Die Mengen an Butter, Fett und Wurſt betragen überall ein Vielfaches, ein Sechs⸗, ein Acht⸗, ein Zehnfaches von der Menge, die die Bevölkerung bekommt. 2 Es iſt wichtig, feſtzuſtellen, daß mitteldeputation des Berliner Magiſ ſprünglich abgelehnt hat⸗ lunruhe und Zur Leiter dieſer kaſernierten Poligei nur allein onn tad Einkommen wahrſcheinlich mindeſtens ſoviel wie der nie Herr Oberbürgermeiſter bekommt und wahrſcheinlich viel mehr als wie der, eine außerordentlich große Verantwortung, Arbeitslaſt und alles übrige — das wiſſen Sie — tragende zweite Bürgermeiſter oder