407 Sitzung am 3. September 1919 ich bei einem derartigen Verhalten Ihrerſeits Rück⸗ ſicht auf Ihre Zeit nehmen würde, wie ich es bisher getan habe. — Ich möchte alſo feſtſtellen, daß die Lebensmitteldeputation des Berliner Magiſtrats ſich durchaus bewußt war, welche Gefahren für die Stim⸗ mung der Bevölkerung eine ſolche Bevorzugung der kaſernierten Polizei haben würde. Sie hat es des⸗ halb abgelehnt, dieſe Mengen für die kaſernierte Polizei zur Verfügung zu ſtellen. Aber der Reichs⸗ . ernährungsminiſter Robert Schmidt, Herrn Heil⸗ manns Freund, den er jeden Tag in Schutz nimmt, der zugleich preußiſcher Staatskommiſſar für Volks⸗ ernährung iſt, hat den Berliner Maaiſtrat ge⸗ zwungen, daß er dieſe Mengen der kaſernierten Polizei zur Verfügung ſtellt. Ich möchte noch einmal feſtſtellen, daß dieſer Plan, wenn er der Volksvertretung vorgeleat und wenn er der Maſſe der Bevölkerung in ſeinen Ein⸗ zelheiten, die ich Ihnen hier vorzutragen durchaus nicht die Abſicht hatte, bekannt würde, einen Sturm der Entrüſtung herbeiführen würde, der ſich auf alle diejenigen ausdehnen wird, die auch nur einen Finger krumm machen, um bei dieſer Vorlage mit⸗ zuhelfen. Aber deshalb ſucht man dieſe Vorlage in geheimen Konventikeln durchzubringen und benutzt Belagerungszuſtand und Knebelung der Oeffentlich⸗ keit, um eine Aufklärung darüber zu verhindern. Aber ob man dieſe Abſicht in vollem Maße durchführen kann, erſcheint mir doch ſehr zweifelhaft: denn es aibt ja hier und da einen weißen Raben in der bürgerlichen Preſſe, der die Gefahren bei dieſen Dingen kennt, — der „Vorwärts“ iſt es nicht, Sie brauchen keine Anaſt zu haben —, ſondern es iſt wie immer die „Berliner Volkszeitung“, die ihren demo⸗ kratiſchen Freunden zuruft, ſie ſollen dieſe Vorlage mit voller Beachtung prüfen, und es dürfe nichts verſäumt werden, was die völlige Durchführung des Militariſierungsplanes und ſeine Anerkennung ver⸗ hindern könne. Wir unabhängien Sozialdemokraten kalten es für unſere Aufgabe, dieſe Angelegenheit hier zur Sprache zu bringen, und wenn Sie unſeren Antraa ablehnen, ſo werden Sie nur ereichen, daß, wenn wir unſere Aufklärung über dieſe Vorlage in andere Kreiſe tragen, wir auch diejenigen Kreiſe aufrütteln, die bisher vielleicht nicht unſeren Anſchauungen hul⸗ digten, denen aber dieſer Plan zeigen wind, daß ſie bisher auf dem falſchen Wege waren und uns unter⸗ 11 müſſen, wenn ſie ihre Intereſſen wahren wollen. 2 8 (Bravo 2 bei den unabhanaigen Sozialdemokraten.) 8 germeiſter Dr Scholz: Meine Damen derren! ern ich bei dem vorigen Punkt der ordnung eine Ertratour mit Herrn Kollezen getanzt babe, ſo entſchieden muß ich dieſes ür den augenblicklichen Geaenſtand der digen. Eins allerdinas muf, lobend anerkennen: liti-ſdaß die Zuſtan Meine Damen und Herren, ich benutze dieſen Anlaß gern, doch wieder einmal die eigentlich ſelbſt⸗ verſtändliche Tatſache feſtzuſtellen, daß wir in dieſem Raum nicht dazu da ſind, aroße Politik zu treiben, (Sehr richtig! bei der Bürarelichen Fraktion) ſondern daß es ſehr viel zweckmäßiger, der allae⸗ meinen Zeit und unſerer Zeit entſprechender wäre, wenn wir unſere Arbeitskraft auf die Gebiete kon⸗ zentrierten, die uns recht eigentlich zur Verwaltung zugewieſen ſind. (Sehr richtig! bei der Bürgerlichen Fraktion) Ich möchte feſtſtellen, daß die Stadtverwaltung und die Stadtverordnetenverſammlung in Charlotten⸗ bura ſo aut wie aar keine Berührunaspunkte mit den Ausführungen, die der Herr Antraaſteller immerhin ziemlich umfangreich heute gemacht har, aufweiſen. Wir ſind abſolut nicht in der Lage, ia, wir vürfen nicht einmal, wenn wir nicht auch unſere innere Zu⸗ ſtändigkeit durchaus überſchreiten wollen, in Befua⸗ niſſe eingreifen, die uns aar nichts angehen. Selbſt wenn wir in der Lage wären, ein kommunale Po⸗ lizei zu beſitzen, ſelbſt dann wäre es nicht unſere Aufgabe, in Befuaniſſe einzuareifen, die allein der Staat ausüben kann, weil er ſie ausüben muß. Ich habe ſchon in einer der vorigen Sitzungen betont, daß es ſehr falſch wäre, die Zuſtändiakeit, die allei⸗ nige Zuſtändiakeit des Staates zur Aufrechterhaltung der Sicherheit ſeiner Bürger und zur Aufrechterhal⸗ tung der Ordnung irgendwie dadurch zu durchkreuzen, daß man dafür Zuſtändiakeiten der Gemeindever⸗ waltungen in Anſpruch nimmt. Nur dann, wenn die Staatsgewalt der Gemeindeverwaltung die Auf⸗ gabe der Polizei überträgt bzw. ihr beläßt, nur dann iſt die Gemeindeverwaltung als Oraan der Staats⸗ verwaltung berufen, die polizeilichen Befugniſſe aus⸗ zuüben. Es muß an dem Grundſatz feſtaehalten werden, daß die Polizei an ſich, insbeſondere auch die Ordnung der Polizei, lediglich eine Angelegen⸗ heit des Staates iſt, und ſo gern ich bereit bin, ſonſt die Zuſtändiakeit der Stadt möalichſt weit zu ziehen, ſo warne ich immer da, wo es unter allen Umſtänden ein Fehlariff ſein muß. Denn jede Aeußerung von uns, auf die wir doch ſicher alle Gewicht aeleat zu ſehen wünſchen, wird dann beeinträchtigt, wenn wir uns mit Dinaen beſchäftigen, für die weder eine äußere noch eine innere Zuſtändiakeit aegeben iſt. Ich betone nochmals: wir haben keine kommunale Polizei. Aber ſelbſt, wenn wir eine hätten, ſo würde dieſe Ordnung allgemeiner ſtaatlicher Dinge für die geſamte Polizei in Preußen unſerer Zuſtän⸗ diakeit durchaus nicht unterliegen, und es würde ſehr falſch ſein, wenn wir uns in dieſe Zuſtändiakeiten einmiſchten. Meine Damen und Herren, das haben die Herren Antragſteller ja ſelbſt eingeſehen, ſonſt wür⸗ den ſie wahrſcheinlich nicht die immer etwas verdäch⸗ tigen Worte in ihren Antrag geſetzt haben: „im In⸗ tereſſe der Charlottenburaer Bevölkeruna.“ Denn dann wäre es eben etwas Selbſtverſtändliches ge⸗ weſen, daß wir die Zuſtändiakeit für uns in An⸗ ſſpruch nehmen, während offenſichtlich Herr Dr Hertz, kluger Mann iſt, ſelbſt eingeſehen hat, ändigkeit recht zweifelhaft iſt. Er hat igkeit durch den Zuſatz: im Intereſſe der er Bevölterung, etwas liſtig herbei⸗ der ja ein ſehr 2