2 4 1 412 unterhalten haben. Das Stenogramm der Verſamm⸗ lung vom 19. März, das ich dem Herrn Oberbürger⸗ meiſter zur Einſicht gegeben habe, weiſt nach, daß Damals der Herr Oberbürgermeiſter nichts gegen eine Beratung von Polizeifragen und Sicherheits⸗ fragen einzuwenden gehabt hat. 2 (Hört! hört! bei den Unabhängigen.) Was unſer heutiger Antrag bezweckt, iſt nichts ande⸗ bes. Der damalige Antrag wollte die Kommunali⸗ ſierung der Polizei herbeiführen, ohne daß man ſich damals genau ſo wie heute darüber im klaren ſein konnte, welche Folgen das im einzelnen hat. Heute (vollen wir die Militariſierung der Polizei verhin⸗ dern. Es handelt ſich alſo um genau dasſelbe. Selbſt Herr Kollege Heilmann, der dem Herrn Oberbür⸗ germeiſter ja ſonſt ſachlich in manchen Punkten Recht gegeben hat, hat dadurch, daß er dieſe Frage völlig ausgeſchaltet hat, wohl auch bewieſen, daß er nicht der Meinung iſt, daß das nicht zum Zu⸗ ſtändigkeitsbereiche der Gemeinde gehört. Im übrigen möchte ich ſagen: die Zuſtändigkeit der Ge⸗ meinde ſür alle Polizeifragen ſteht ſeit Jahrzehn⸗ ten feſt, ſeitdem die Berliner Sozialdemokraten, trotz⸗ dem ſie eine Minderheit waren, in den 80er und 90er Jahren unter der Führung von Paul Singer die Prüfung und Beratung dieſer Materie dauernd erzwungen haben. Deshalb heißt es heute, die Be⸗ fugniſſe der Gemeinde einengen — das möchte ich im Gegenſatz zum Herrn Oberbürgermeiſter hier feſt⸗ ſtellen —, wenn man die Beratung von ſo wichtigen, für das Wohl der geſamten Stadt nach jeder Rich⸗ tung hin wichtigen Fragen unterbinden will. Dem Herrn Kollegen Stadthagen möchte ich er⸗ widern, daß wir ſelbſtverſtändlich wiſſen, daß dem Kapital an Ruhe, Ordnung und Sicherheit gelegen iſt. Aber, verehrte Anweſende, was die Herren unter Ruhe, Ordnung und Sicherheit verſtehen, iſt nicht das, was wir darunter begreifen. (Lebhafte Zuſtimmung bei den bürgerlichen Parteien.) Wir laſſen gar keinen Zweifel daran — (Zuruf bei den bürgerlichen Parteien: Wir laſſen keine Verbrecher frei!) — Um Verbrechertum handelt es ſich wirklich nicht, ich komme noch darauf und werde Ihnen ſagen, wo die Verbrecher ſitzen; warten Sie nur einen ganz kleinen Augenblick! — Jedenfalls iſt gar kein Zweifel darüber, daß die nicht nur in Deutſchland, ſondern in der ganzen Welt durch den Krieg hervorgerufene Gärung in der Arbeiterſchaft dem Kapitaliſten überall unbe⸗ guem iſt. Wenn Sie heute eine Rede des Miniſter⸗ (gräſidenten Bauer in Deutſchland leſen, ſo können Sie anſtatt Bauer Wilſon oder Lloyd George ſetzen, und Sie haben die Rede, wie ſie im engliſchen oder amerikaniſchen Parlament gehalten worden iſt. Ueber⸗ all iſt dieſelbe Gärung in der Arbeiterſchaft, hervorge⸗ rufen durch das verſtärkte Machtbewußtſein, das der Krieg ihr verſchafft hat. Meine Herren, die ten ſind vorbei, wo die Arbeiterſchaft ſich willenlos alles gefallen läßt. Den Gedanken müſſen Sie ein⸗] mal aufgeben, daß, wenn Sie irgendein Geſetz ſchaffen, irgendeine Vorlage gegen die Arbeiterſchaft oder Teile der Arbeiterſchaft verabſchieden, Sie da⸗, mit den Zweck erreichen, den Sie erreichen wollen. Sitzung am 3. September 1919 Zei⸗] (— Herr Heilmann, Sie brauchen nur in Ihren Er⸗ fahrungen etwas zurückzugehen und an das zu denken oder das nachzuleſen, was Sie früher über die Wir⸗ kungen des Sozialiſtengeſetzes, über Verfolgungen und dergleichen geſchrieben haben, und Sie werden auch dazu kommen, mit mir feſtzuſtellen, daß Ge⸗ altmaßnahmen gegen eine beſtimmte Schicht gerade das Gegenteil von dem erreichen, was ſie bezwecken „ollen. Dadurch, daß Sie Ausnahmegeſetze gegen „Folitiſche Parteien ſchaffen, drängen ſie ſie von der %ntlichen Bahn in die geheime ab. Glauben Sie denn dadurch, daß heute die kommuniſtiſche Partei — (Wiederholte Rufe bei den bürgerlichen Parteien: Zur Sachel) — Bitte, wenn es Ihnen nicht paßt, gehen Sie doch dahin, wo Sie bisher geweſen ſind! (Große Unruhe. — Glocke des Vorſtehers.) — verfolgt wird, kommuniſtiſche Anſchauungen oder die Betätigung dafür verhindern zu können? Vorſteher⸗Stellv. Marzahn: Herr Dr Hertz, ich bette erneut, ſich an die Sache zu halten! 1 (Unruhe und Zurufe bei den Unabhängigen.) Antragſteller Stadtv. Dr Hertz: Der Herr Kollege Stadthagen hat geglaubt, meine Ausführun⸗ gen und unſer Antrag ſollten dazu dienen, das Mißtrauen der Entente gegen Deutſchland zu ver⸗ ſärten. Daneben getroffen, Herr Kollege Stadt⸗ hagen, denn ein Mißtrauen der Entente gegen Deutſchland gibt es nicht mehr. (Rufe: Ach!) Das Mißtrauen iſt geſchwunden, ſeitdem die deutſche Regierung ſich bereit erklärt hat, als der Büttel der ganzen Welt dazuſtehen. Verehrte An⸗ weſende, wir, die wir die Regierungen der Entente beſſer kennen als Sie, wir, die wir genau wiſſen, wie dort kapitaliſtiſche Regierungen am Spiel ſind, denen jede ſozialiſtiſche Arbeiterbewegung ein Dorn im Auge iſt, wir ſind weit davon entfernt, an die Entente zu appellieren. Das iſt ein Märchen, das man der ununterrichteten Oeffentlichkeit vormacht, das man im Ernſt aber ſelber nicht glauben ſollte. Herr Kollege Dr Stadthagen meinte neiter, alle die jetzigen Maßnahmen würden überflüſſig werden, wenn die Arbeiter alle arbeiten würden. Eés iſt hier bereits darauf hingewieſen worden, daß die Arbeitsloſigkeit ja kein Wunſch der Arbeiter iſt, ſon⸗ dern daß es, wenn es heute Arbeitsloſe gibt, dem Mangel an Arbeit liegt. (Stadw. Heilmann: Alſo Geſetze ertennen Sie Kachn nicht an! Gewalt wollen Sie! Was dann noch2)