476 Sitzung am 15. Oktober 1910 dem Standpunkt ſtehe: ehe das Wohnbedürfnis aus⸗ ländiſcher Zuziehender befriedigt wird, iſt zunächſt das der Inländer zu befriedigen, ohne jede Rückſicht darauf, aus welchen Gründen die Ausländer zuge⸗ zogen ſind, und ich halte es für außerordentlich ver⸗ fehlt, in dieſe ſachliche Frage politiſche Motive hin⸗ einzutragen, wie ſie aus den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr Stephan leider hervorgeklungen haben. Im übrigen ſind die Zahlen ſo nackt, wie ſie uns vorgetragen ſind, ſicherlich nicht geeianet, darauf eine größere Aktion aufzubauen; dazu muß eine Einzelprüfung der Zahlen erfolgen. Denn es iſt vor allen Dingen daraus gar nicht erſichtlich, wieviel neue Haushaltungen mit dieſen 2300 Ausländern nach Charlottenbura gewandert ſind, und man weiß auch gar nicht, wieviel von ihnen bereits wieder abgewan⸗ dert ſind. Kurz und aut, mit ſolchen Zahlen ſich hier nun hinzuſtellen und zu ſagen: wir werden von Aus⸗ ländern überſchwemmt, das halte ich für das Gegen⸗ teil einer wiſſenſchaftlich begründeten Methode. Ich bedaure jedenfalls, wenn man dieſe doch ſehr ernſt⸗ haften Sorgen, in denen wir uns alle ohne Unter⸗ ſchied der Parteirichtung zuſammenfinden ſollten, dazu benutzt, um hier Töne anzuſchlagen, die geeignet ſind, politiſch aufs ſchwerſte zu verſtimmen. Stadtſchulrat Dr Neufert: Auf die Ausführun⸗ gen des Herrn Stadtv. Profeſſor Dr Krüger möchte ich erwidern, daß die Verlegung, die in den letzten Tagen geplant, aber noch nicht durchgeführt iſt, nach meiner Ueberzeuqung eine erhebliche Verbeſſerung gegenüber den bisherigen Zuſtänden bedeutet. Herr Profeſſor Krüger hat ſelbſt mitaeteilt, daß bisher in der Krummeſtraße 7 Klaſſen der Eliſabeth⸗Schule untergebracht waren, für die nur 5 Räume zur Ver⸗ fügung ſtanden, das heißt doch alſo, daß zwei Klaſſen fliegend, ohne Heimat waren. Das iſt natürlich etwas ſehr Unaünſtiges. Nun mußten in fünaſter Zeit noch Räume für Klaſſen von Lernanfängern, für unſere Grundklaſſen geſchaffen werden, das ſind alſo 6jährige Kinder, und zwar für die 6jährigen Kinder aus dem Gebiete von der Halbinſel bis nach der Spreeſtraße hin. Für dieſe Kinder iſt es nicht möglich, eine weit abſeits gelegene Schule zu wählen. Wir mußten einen Raum wählen, der weniaſtens einigermaßen in der Mitte dieſes Gebietes liegt, und da mußten unſere Augen auf die Krummeſtraße fallen. Mußten wir nun aber dart der Eliſabeth⸗ Schule Räume wegnehmen, ſo verblieb ſo wenig Raum für ſie, daß wir die bisher dort untergebrachten Klaſſen nicht mehr in dem einen Hauſe, ſondern in zwei verſchiedenen Häuſern unterbringen mußten, und da ſchien es uns tatſächlich viel zwechmäßiger wenn wir alle Klaſſen der Eliſabeth⸗Schule aus der Krummeſtraße heraus nach den inzwiſchen frei gewordenen Räumen in der Bismarckſtraße derlegen konnten. Welche Räume die beſſeren ſind, die in dem Miethaus in der Krummeſtraße oder die in dem ſtädtiſchen Haus in der Bismarckſtraße, das kann für jeden, der beide Räume geſehen hat, keinem Zweifel unterliegen. Erſt in der letzten Sitzuna der Stadt⸗ verordnetenverſammlung kamen einige Herren von der anderen Seite des Hauſes an mich heran und be⸗ klagten ſich gerade darüber, daß jetzt Schülerinnen der Eliſabeth⸗Schule dort in der Krummeſtraße in aanz unzureichenden Räumen untergebracht ſeien. Jetzt höre ich Klagen darüber, daß, wenn wir ſie] herausnehmen und ihnen beſſere Raſn übegwaten die Wege etwas weiter ſind. Ich meine, bei einer Schule, deren Beſucher ſich aus dem ganzen Gebiet von Charlottenburg rekru⸗ tieren wie die Eliſabeth⸗Schule, die einzige ſtädtiſche Mittelſchule in Charlottenbura, werden dieſe kleinen Entfernungen nicht ſo in Frage kommen. Einige haben eine Verlängeruna des Weges, andere eine ent⸗ ſprechende Verkürzung. Das dürfte ſich ausaleichen. Den Schaden tragen nur die Lehrer, die allerdinas von der einen Schule nach der anderen vendeln müßten. Für ſie iſt es während des Winterſemeſters ſehr unangenehm. Das bedauern wir auf das leb⸗ hafteſte; aber wir müſſen uns auf den Standvunkt ſtellen, daß die Lehrer derartige Schwieriakeiten mit in Kauf nehmen müſſen. Wenn eine Verbeſſerung für die Schüler dadurch erzielt wird, ſo müſſen ſich eben die Lehrer zur Verfüaung ftelben, und das wer⸗ den ſie auch tun. Es ſind leider infolge der Beſchlaanahme von Schulräumen in letzter Zeit ſehr häufia Störungen des Unterrichtsbetriebes vorgekommen. Wir tun, was in unſeren Kräften ſteht, um das zu verhin⸗ dern; wir können es aber unter den gegenwärtigen Verhältniſſen nicht mit Erfolg vermeiden. Wenn aber ſolche Störungen vorkommen, ſo bin ich immer noch ſehr froh, wenn eine ſo erhebliche Verbeſſerung damit verbunden iſt, wie es diesmal bei der Ueber⸗ führung von der Krummeſtraße nach der Bismarck⸗ ſtraße der Fall iſt. (Ein Antrag auf Schluß der Ausſprache c angenommen.) Berichterſtatter Stadtv. Panſchow (Schlußwort): Ich möchte die Herren nur auf eins aufmerkſam machen. Man mag über die Verordnung vom 16. September denken, wie man will, eins hat ſie jeden⸗ falls für Charlottenburg im Gefolge gehabt und eins hat die Tätigkeit des Magiſtrats gezeitigt, nämlich, daß am 1. Oktober niemand in Charlottenburg ob⸗ dachlos geweſen iſt. (Hört, hört!) (Die Verſammlung beſchließt faſt emſcmamig nach dem Antrage des Ausſchuſſes, wie folgt: a) Der Magiſtrat wird erſucht, von den durch den Erlaß des Wohnungsverbandes vom 16. September 1919 den Gemeinden Groß⸗ Berlins gegebenen Ermächtigungen betr. die Zivileinquartierung unverzüglich umfang⸗ reichen Gebrauch zu machen. b) Der Magiſtrat wird erſucht, durch öfſentliche Bekanntmachungen in regelmäßigen kürzeren . die Einwohnerſchaft auf die beſtehenden auf Einſchränkung der 1—4 2 not gerichteten Vorſchriften, insbeſondere ere die Verbote der ſelbſtändigen gun Eigentümer bzw. der Vorenthaltn S zu machen.)