2 480 Stadtv. Dr. Broh (fortfahrend): Wenn das den bisherigen Gepflogenheiten nicht entſprochen hat, ſo wäre das an ſich kein Grund, mit dieſer Ge⸗ pflogenheit nicht zu brechen; denn nicht jeder Brauch iſt ein guter Brauch, er kann auch ein Mißbrauch ſein. Aber ich will mich darauf beſchränken, zu er⸗ klären, daß mir noch niemals eine ſo plötzliche und ſo ſchroffe Schwenkung vorgekommen iſt wie die Hal⸗ tung, die jetzt Herr Stadtv. Dr Borchardt in dieſer Frage eingenommen hat. Aber ich freue mich, daß er jetzt als Bekehrter hier in unſere Mitte einge⸗ zogen iſt (Heiterkeit) und nunmehr für den vorher von ihm bekämpften Antrag eintritt, indem er plötzlich auch anerkennt, daß das Deutſche Opernhaus ein volkstümliches Inſtitut und nicht nur für diejenigen da ſein ſoll, die ſich das nötige Geld, beſonders im Kriege, erwor⸗ ben haben. Ich möchte nur noch darauf aufmerkſam machen, daß gerade die Seite des III. Ranges und der IV. Rang hier in der Vorlage zum Teil eine Er⸗ höhung um 100% erfahren haben, eine Erhöhung, die ſelbſt die oberen Plätze, Orcheſter und Parkett, nicht einmal aufweiſen, alſo eine Ungerechtigkeit, die auf alle Fälle wird beſeitigt werden müſſen. Ich bin aber dafür, daß überhaupt der III. und IV. Rang von der Preiserhöhung vollkommen ausgeſchloſſen bleibt. Dann haben wir den Antrag geſtellt, den Magi⸗ ſtrat zu erſuchen, unter Zuziehung der zuſtändigen Deputation — das wäre die Deputation für den Bau und den Betrieb des Deutſchen Opernhauſes — ſich wegen des Billetthandels mit der Lei⸗ tung des Opernhauſes in Verbindung zu ſetzen. Die Mißſtände im Billetthandel ſchreien zum Himmel. Vor allen Dingen ſind es aber wieder die Arbeiter, die darunter leiden; denn ſie haben nicht die Mög⸗ lichkeit, ſich vorher ſtundenlang anzuſtellen, haben auch nicht die Mittel, um die erhöhten Preiſe, die im Billetthandel verlangt werden, zu bezahlen. Wir können uns darüber des näheren im Ausſchuß unter⸗ halten⸗ Nun iſt dann noch ein dritter Antrag geſtellt, bei dem Herr Dr. Borchardt es doch nicht fertig ge⸗ bracht hat, ſeinen Widerſtand aufzugeben. Billige Volksvorſtellungen, deren Karten durch die Charlottenburger Gewerkſchaften auszugeben ſind, wünſcht er nicht. Wir wünſchen und verlangen ſie, und zwar im vollen Bewußtſein deſſen, daß durch die Billigkeit an der Güte dieſer Vorſtellungen durch⸗ aus nichts geändert wird. Es wurde uns damals im Ausſchuß geſagt, daß bereits ſämtliche Nachmittage vergeben ſeien, und zwar an die Freie Volksbühne. Bei genauerer Unterſuchung mußte ich dann ſehen, daß dieſe Angabe nicht richtig war. Es ſind nur 7 der Nachmittagsvorſtellungen an die Freie Volks⸗ ſtehen. Ich meine, daß die Stadt Charlottenburg das habe ich ſchon einmal in der allererſten ausführ Sipung am 15. Otrober 1910 ihne vergeben: ½g würde alſo in der neuen Spiel⸗ zeit durchaus für billige Volksvorſtellungem frei⸗ Opernhauf verdammte Pflicht und Schuldigkeit hat, auch für das Kunſtbedürfnis der minderbemittelten Klaſſen zu ſor⸗ gen. Und ich möchte nur noch kurz bemerken, daß Hamburg, Kiel, Hannover und eine ganze Reihe anderer Städte Außerordentliches darin leiſten, wäh⸗ rend Charlottenburg überhaupt nicht das geringſte für dieſe Dinge getan hat, mit Ausnahme deſſen, daß es den Bankier ſpielt und dafür einige Vereine unterſtützt, denen es 1000 ℳ zufließen läßt, alſo Aufwendungen, die überhaupt gar nicht in Betracht kommen. Wir müſſen unbedingt, wenn wir ein ſolches Inſtitut wie das Deutſche Opernhaus in unſerer Mitverwaltung — dieſen Ausdruck kann man hier gebrauchen — haben, vor allen Dingen an die ſminderbemittelten Klaſſen, an die Arbeiter denken, denen es bei den heutigen Zuſtänden und Mißſtän⸗ den im Billetthandel faſt unmöglich iſt, jemals einer Vorſtellung im Deutſchen Opernhaus beizuwohnen. Nun iſt endlich noch von meinen Freunden der Antrag geſtellt worden, in Erwägungen einzutreten wegen Abänderung des mit Herrn Direktor Hart⸗ mann geſchloſſenen Vertrages. Mich wundert, daß Herr Kollege Borchardt nicht weiß, worum es ſich handelt. Auch darüber iſt ja ausführlich in der Depu⸗ tation geſprochen worden. Es handelt ſich darum, daß Herrn Direktor Hartmann und damals bis jetzt auch noch dem Direktor Neumann zuſammen eine Tantieme von 15% der Reineinnahme gewährt wor⸗ den iſt. Wir halten einen derartigen Satz für den heutigen Zeitverhältniſſen nicht entſprechend, über⸗ haupt nicht vereinbar mit den heutigen Anſchauungen. Andererſeits muß Herr Direktor Hartmann für die beſondere Tätigkeit, die er aufgewendet hat, entſchä⸗ digt werden, wie ich durchaus anerkenne. Der Auf⸗ ſtieg des Deutſchen Opernhauſes iſt zweifellos der befonderen ſchöpferiſchen Kraft des Direktors Hartmann zuzuſchreiben. Er hat mehr als irgendein anderer Opernhausdirektor es ſich ange⸗ legen ſein laſſen, durch Neuausarbeitung nicht bloß der Texte, ſondern auch ſchwieriger Muſikpartituren vielen Opern eine neue Geſtalt zu geben und es da⸗ durch möglich zu machen, daß ſie mit Erfolg aufge⸗ führt werden konnten. Für eine derartige Tätigkeit wird ſonſt eine Sondertantieme dem Direktor be⸗ zahlt. Für eine ſolche ſchöpferiſche geiſtige Tätigkeit Entſchädigung zu leiſten, ſind wir durchaus bereit, aber nicht ſo, daß wir allgemein 15% der Reinein⸗ nahme bewilligen. 22 (Stadtv. Zielenziger: Wenn aber keine Ein⸗ nnahme da iſt?) 2 — Das ſtimmt nicht, Herrn Kollege Zielenziger: es wurde ſogar einmal in einem Jahre eine Tantieme von 30 000 ℳ an Herrn Direktor Neumann Herrn Direktor Hartmann, zuſammen 60 zahlt. — Wie geſagt, wir wären anderer Weiſe Herrn Di beſondere Tätigkeit zu ent nicht, daß eine meiner Anſicht techt den Arbeitern und A lichen Sitzung, die wir hatten, vorgebracht — die] wägung