— 189 Sitzung am 15. Oktober 1919 Wenn dann noch im Laufe der in voriger Sitzung gemachten Ausführungen der Regierung zum Vorwurf gemacht worden iſt, daß ſie dafür ver⸗ antwortlich zu machen ſei, daß geſtohlene Seife und Wäſche auf offener Straße verkauft wird, ſo iſt es mir ſchleierhaft, inwiefern das mit dem Schloßgarten in Charlottenburg überhaupt in Verbindung ſtehen ſoll. Aber Herr Kollege Krüger erlaubte ſich, auf dieſe Dinge in Verbindung mit dieſem Punkte ein⸗ zugehen. Da möchte ich doch darauf hinweiſen, daß es ein Mangel an ſtaatsbürgerlicher Erziehung iſt,] hab daß gerade Angehörige ſeiner Klaſſe während des Krieges in unglaublicher Weiſe geſchoben und geſtoh⸗ len haben, (Große Unruhe und lebhafte Rufe: Unglaublich! bei der Bürgerlichen Fraktion.) was ich nachweiſen kann. Alſo in der Beziehung iſt das neue Regime nicht ſtärker belaſtet als das alte Regime während des Krieges. — Es iſt mir unan⸗ genehm, daß ich die Verſammlung damit beſchäftigen muß: (Lebhafte Rufe bei der Bürgerlichen Fraktion) aber die Art und Weiſe, wie ſich Ihr Herr Kollege Krüger in der vorigen Sitzung erlaubte, dieſe An⸗ gelegenheit hier zu behandeln, zwingt mich, dagegen Stellung zu nehmen. Außerdem befindet ſich noch die ſonderbare Wen⸗ dung in dem Stenogramm, daß in unſerm gequäl⸗ ten Vaterlande unter allen Umſtänden wieder Ruhe und Ordnung eintreten müſſe. Das unterſchreibe ich ganz und gar. Aber, meine Herren, dieſe Ruhe und Ordnung wird erſt wieder eintreten, wenn wir die geiſtige und phyſiſche Verwüſtung, in die Sie das Vaterland hineingezerrt haben, (Lachen bei der Bürgerlichen Fraktion. — Sehr rich⸗ tig! bei den Sozialdemokraten) reſtlos beſeitigt haben. Dann erſt wird der Zuſtand eintreten, den Sie wünſchen. Ich möchte Sie drin⸗ gend bitten, uns zu unterſtützen, um recht bald die⸗ ſen Zuſtand herbeizuführen. Aber bedienen Sie ſich dazu einer wirkſameren Methode, verehrter Herr Kollege. Auf die Weiſe, wie Sie die Geſchichte anfaſſen, iſt wenig zu machen. Eins hat mich noch gewundert: wie ein Jugend⸗ erzieher, der dazu berufen iſt und die moraliſche Pflicht hat, der Jugend möglichſt Licht, Luft und freie Bewegung zu verſchaffen, dagegen Stellung nehmen konnte, daß ſich im Schloßgarten die Jugend austummelt. Selbſtverſtändlich ſoll das in anſtän⸗ digen Formen geſchehen. Wenn man aber ſagt, daß an dieſe⸗ irdigen Stätte, die früher dem An⸗ denken der Königin Luiſe geweiht war, die Jugend e ee e 14 a e be ve Aorn Le ic . . tigen Bilde 4 4 . e, aſ Ich hoffe auch mit dem verehrten Anfrager, daß ſich die Zuſtände im Schloßpark ändern werden, daß endlich dieſe Verwüſtungen der Raſenflächen und Sträucher unterbleiben. Aber ich möchte doch drin⸗ gend bitten, wenn wir eine derartige Sache ſpäter wieder einmal hier behandeln, daß dann nicht poli⸗ tiſche Angriffe auf eine Partei unternommen wer⸗ den, daß man eine ſo einfache Sache nicht politiſch auszunutzen verſucht. Wir müßten uns ſonſt wieder ſo energiſch dagegen wehren, wie wir es heute getan en. Stadtv. Dr Feilchenfeld: Meine Herren! Nur eine ganz kurze Bemerkung! Ich freue mich, daß Herr Kollege Krüger heute der Jugend mehr Frei⸗ heit und Freude im Schloßgarten gönnt als das 2 Mal. Er hat das vorige Mal ausdrücklich ge⸗ agt: Zweitens: es muß verhindert werden, daß dieſe ehrfurchtgebietende Stätte ein unbeauf⸗ ſichtigter Kinderſpielplatz wird. Will man durchaus einen Kinderſpielplatz im Park haben, ſo iſt es notwendig, daß dieſer auf eine be⸗ ſtimmte Fläche begrenzt wird. Als paſſend er⸗ ſcheint dazu die ſogenannte Pferdewieſe im Hintergrunde des Schloßparkes. Alſo ich habe vollkommen recht gehabt, wenn ich wünſchte, daß dieſe Beſchränkung der Kinder im Schloßgarten nicht ſo, wie es Herr Dr Krüger das vorige Mal empfahl, einträte. Vorſteher Dr. Borchardt: Das Wort hat Herr Stadtv. Broh. (Große Unruhe und Rufe: Ach!) Stadtv. Dr Broh: Meine Damen und Herren! Die Diskuſſion hat ergeben, daß es hier im Hauſe zwei Parteien gibt: die eine Partei, die die Inter⸗ eſſen der Kinder wahrnimmt, und die andere Par⸗ tei unter Führung des Jugenderziehers Dr Krüger, die die Intereſſen der ordnungliebenden und ruhe⸗ ſuchenden Bürger wahrnimmt. Die erſte Partei iſt ſicherlich die größere im Hauſe, worüber ich mich na⸗ türlich freue. Aber ich muß ſagen, wir müſſen auch die Rechte der Minderheit reſpektieren, ſoweit ſie nicht die Mehrheit ſchädigen. Deshalb möchte ich mir die Anregung geſtatten — und ich glaube, daß der Herr Kollege Krüger ſie gern aufnehmen wird —, daß wir beide Intereſſen vereinen. Sie werden ſchon nicht verhindern können, Herr Dr Krüger, daß die Kinder im Schloßgarten zu voller Entfaltung und zu ihrem Rechte kommen. Sie haben das ja gehört aus allen Aeußerungen der Mehrheitsparteien, wenn ich ſo ſagen darf. Ich gebe jedoch zu, auch der Ord⸗ nung und Ruhe liebende Bürger muß ebenfalls ſeinen Teil haben. Deshalb möchte ich empfehlen, daß Sie den Antrag ſtellen, daß in dem Schloßgarten ein Fleckchen nicht für die Kinder, ſondern umgekehrt: „Für die ruheliebenden Bürger“ abgeſondert wird, (Geuelei) wo dieſe ſich dann auch ergehen können. Vielleicht dürfte dazu gerade die Pferdewieſe geeignet ſein. ſen kann, iſt mir 22 (Heiterkeit.)