491 Sitzung am 15 Oktober1919 Stadtv. Dr Stadthagen: Meine Herren! Es ſetzt mich außerordentlich in Erſtaunen, zu hören, daß jetzt die Laubenkolonien hier fortkommen ſollen, um eine Bebauung vorzunehmen, obgleich vor kur⸗ zem bei der Vorlage über den Platz in der Niebuhr⸗ ſtraße erklärt worden iſt, daß wir keine anderen Terrains haben. (Sehr richtig!) Ich begreife gar nicht, wie erſt 8 oder 14 Tage nach dieſen Verhandlungen dieſe Auskunft gegeben werden kann. Ich möchte dringend bitten, daß wir darüber noch weitere Auskunft erhalten. Der Eindruck ver⸗ ſchärft ſich, daß diejenigen, die gegen die Bebauung des Terrains an der Niebuhrſtraße Bedenken hatten, vielleicht recht gehabt haben, und daß es richtiger ge⸗ weſen wäre, die Verhandlungen auch nach dieſer Rich⸗ tung hin etwas eingehender und klarer zu führen. (Sehr richtig!) Stadtſyndikus Sembritzki: Die Sache liegt ſo, meine Damen und Herren. Die Häuſer an der Nie⸗ buhrſtraße ſollten ſofort gebaut werden. Mit ihrem Bau iſt ſchon begonnen. Das Grundſtück, von dem hier die Rede iſt, iſt zurzeit mit Laubenkolonien be⸗ deckt, es kann dort nicht ſofort mit dem Bauen be⸗ gonnen werden. Auf dieſem Grundſtück hätte frühe⸗ ſtens am 1. Januar begonnen werden können. Dieſe drei Monate durften wir bei den Bauten in der Niebuhrſtraße nicht verlieren. Daher ſind wir nicht in der Lage geweſen, für die Errichtung dieſer Bau⸗ ten, die an der Niebuhrſtraße vorgenommen werden, ein anderes Grundſtück in Vorſchlag zu bringen, ins⸗ beſondere nicht das, um das es ſich hier handelt. (Unruhe.) Stadtv. Heidrich: Ich bin durchaus damit ein⸗ verſtanden, wenn Herr Stadtſyndikus Sembritzki er⸗ klärt, ich ſei gerade dafür eingetreten, daß die Stadt Kleinwohnungsbauten errichten ſoll. Das iſt durch⸗ aus meine Meinung, auch heute noch. Ich kann nur nicht einſehen, daß gerade an dieſer Stelle gebaut werden ſoll, wo keine Straße gepflaſtert iſt, wo mit jetzt die Le Regulierung der Straße wird die Sache unnötig in die Länge gezogen. Will man die Wohnungsnot ſchnell beſeitigen und wirkſame Mittel dagegen er⸗ greifen, dann baue man doch an Stellen, wo die Straßen ſchon gepflaſtert ſind. (Sehr richtig! bei der unabhängigen ſozialdemo⸗ kratiſchen Fraktion.) Stadtv. Schröder: Wir begrüßen es als Fort⸗ ſchritt, wenn Kleinwohnungen geſchaffen werden. Aber der Magiſtrat mußte doch ſelbſt in der letzten Sitzung zugeben, daß es augenblicklich nicht möglich iſt, zu bauen, insbeſondere maſſive Häuſer zu bauen. Da iſt es um ſo ſonderbarer, daß auf einmal dieſe Bauten in Angriff genommen werden ſollen. Ich be⸗ zweifle, daß es möglich iſt. Ich gebe den Herren zu bedenken, daß die Pächter, die jetzt von ihren Pacht⸗ grundſtücken herunter müſſen, zuſammen mit dem fährlichen Ertrag einen Verluſt von 60 000 %ℳ erleiden. Das muß man doch in Betracht ziehen. Wenn es durchaus nötig ſein follte, das Feld zu räumen, dann muß wenigſtens der Magiſtrat den Pächtern mittels einer Entſchädigung das weit⸗ gehendſte Entgegenkommen zeigen, und zwar nicht etwa durch den Verein vom Roten Kreuz, ſondern ſo, daß die Entſchädigungen den Pächtern perſönlich ge⸗ zahlt werden, damit die Leute vor Schaden geſchützt ſind. Stadtv. Dr Broh: Meine Damen und Herren! Ich möchte feſtſtellen, daß wir ganz zufällig, ich möchte ſagen, auf einem Schleichwege hier erfahren, mit welchen großzügigen Plänen ſich der Magiſtrat trägt. Es werden zufällig Laubenkoloniſten gekün⸗ digt. Wir fragen an, worauf das beruht ganz harmlos —, und erfahren dann, daß der Magiſtrat bereits mit einer Baugenoſſenſchaft in Verbindung getreten iſt, daß er auf einem Platz, der noch be⸗ ackert wird, wo noch keine Straßen angelegt ſind, eine großzügige Bebauung plant — kurz, Dinge, die doch mindeſtens vorher der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung zur Prüfung und Erwägung hätten vor⸗ gelegt werden müſſen. So geht das doch nicht. daß der Magiſtrat einfach bürokratiſch derartige Dinge macht (Zuruf: Vorbereitet!) und wir das nachträglich und ganz zufällig erfahren. Oberbü eiſter Dr. Scholz: Meine Damen und Herren! Ich möchte doch feſtſtellen, daß hier ein⸗ mal wieder eine Maßregel des Magiſtrats auf das ſchärfſte unter Kritik genommen wird, die lediglich verſucht, diejenige Maßnahme, die insbeſondere die Stadwerordnetenverſammlung immer wieder uns als nötig bezeichnet hat, in die Tat umzuſetzen. Sehr richtigt; bei den bürgerlichen Parteien./ Ich bitte Sie dringend, auf dieſem Wege nicht fort⸗ rgend⸗ zuſchreiten. Denn gerade dieſenigen — und das ſind er- die Herren auf der äußerſten Linken —, die immer den Standpunkt vertreten, daß eigentlich ſouverän us⸗ nur die Stadtverordnetenverſammlung ſein ſoll, iſt, dem Magiſtrat bei Handlungen, die vorbereitend Inme ßten ſich um ſo mehr überlegen, ob es zweckmäßia Dagegen möchte ich Proteſt einlegen.