Sitzung am 29. Ottober 1919 weil ſonſt eine Fortführung der Verhandlungen un⸗ möglich iſt. Ich kann mich zweitens auf das Zeug⸗ nis einer Autorität berufen, die auch Herr Kollege Dr. Hertz anerkennen wird. Als jüngſt der Herr Ab⸗ geordnete Eichhorn in der Nationalverſammlung das Wort ergriff und die Mitglieder des Hauſes den Saal verließen, während die Tribünen unruhig wurden, (Stadtv. Dr. Hertz: Die Preſſetribünen, nicht zu vergeſſen!) hat Herr Eichhorn den Präſidenten um Schutz gegen die Unruhe auf den Tribünen erſucht und ſich dar⸗ über beſchwert, daß der Präfident ihn nicht gegen die Unterbrechungen der Tribünen ſchütze. Wir wollen es zu ſolchen Beſchwerden nicht erſt kommen laſſen. Die Wünſche der Kriegsbeſchädigten und Kriegs⸗ hinterbliebenen ſind uns mindeſtens ſo ernſt und hei⸗ lig wie denen, die während des Krieges zu Hauſe ge⸗ weſen ſind. Die Wünſche der Kriegsbeſchädigten an⸗ zuhören, erſcheint uns als Pflicht jedes Mannes, der irgendein öffentliches Amt oder eine öffentliche Ver⸗ tretung innehat. Aber die Beratungen der Stadt⸗ verordnetenverſammlung dürfen von außen her nicht unterbrochen werden. Wir werden deshalb gegen den Dringlichkeitsantrag ſtimmen. (Beifall.) Stadtv. Dr. Luther (zur Geſchäftsordnung): Ich habe nur ein ganz kurzes Wort im Namen meiner Freunde zu ſagen. Gewiß haben wir wie alle ande⸗ ren Herren und Damen hier in dieſem Saal ein warmes Herz und ein volles Verſtändnis für die ſchweren Lebensnöte der Kriegshinterbliebenen und Kriegsbeſchädigten. Wir können aber aus denſelben prinzipiellen Gründen, die bereits die Herren Hor⸗ litz und Heilmann dargelegt haben, keineswegs unſe⸗ rerſeits die Zuſtimmung dazu geben, daß jetzt eine Deputation in dieſem Saal empfangen wird, und 517 er wird ein warmes Herz haben und alles tun, was er kann, um den Wünſchen der Kriegsbeſchädigten ge⸗ recht zu werden. (Bravo! bei den bürgerlichen Parteien.) Vorſteher Dr Borchardt: Meine Damen und Herren! Es war mir nicht anders möglich, die Meinung der Verſammlung feſtzuſtellen, als indem ich zur Geſchäftsordnung das Wort erteilte. Tat⸗ ſächlich aber müſſen ja alle dieſe Ausführungen zur Geſchäftsordnung Ausführungen zu dieſem Antrag ſein, der hier alſo eigentlich bereits verhandelt wird. Ich ſtelle deswegen die Frage an die Verſammlung, ob die Verhandlungen über dieſen Antrag fortge⸗ ſetzt werden ſollen. (Rufe: Nein!) Ich muß weitere Wortmeldungen zur Geſchäfts⸗ ordnung zulaſſen, möchte aber feſtſtellen, daß die bisherigen Ausführungen zur Geſchäftsordnung naturgemäß Ausführungen zu dem Antrag waren. Ich würde alſo Wortmeldungen zwar weiter zu⸗ laſſen, aber Ausführungen zu dem Antrag eigent⸗ lich nicht mehr. (Stadtv. Dr Broh: Zur Geſchäftsordnung!) — Ich bitte aber, Herr Kollege Broh, nunmehr zur Geſchäftsordnung und nicht mehr zu dem Antrag zu ſprechen. Stadtv. Dr Broh: Der Herr Vorſteher hat ſelbſt geſagt, daß alles das, was hier zur Geſchäfts⸗ ordnung ausgeführt worden iſt, ſich naturgemäß auf den Antrag ſelbſt bezogen hat. (Vorſteher D. Borchardt: Gewiß, Herr Kollegel) Und in der Tat können wir beides ſchwer vonein⸗ ander trennen. Vorſteher Dr Borchardt: Deswegen würde ich aber, bevor ich zu dem Antrag weiter das Wort gebe, auch wenn es unter der Form „zur Geſchäftsord⸗ nung“ geſchieht, doch zunächſt die Verſammlung fragen, ob ſie eine ſolche Diskuſſion über den An⸗ trag fortzuſetzen wünſcht. (Stadtv. Dr Broh: Verzeihung, das gibt es nicht; wir ſprechen zur Geſchäftsordnung! — Stadtv. Meyer I: Ich bitte doch, zu fragen, ob der Dringlichkeit widerſprochen wird!) Wir haben bisher unter der Form der Wortmeldung zur Geſchäftsordnung zu dem Antrag geſprochen, und ich würde eine ſolche Vergewaltigung der Ver⸗ ſammlung, wenn ſie es nicht wünſcht, nicht weiter zulaſſen. Stadtv. Dr. Broh: Sie können doch niemals das Wort zur Geſchäftsordnung abſchneiden, auch wenn die Verſammlung Ihren Antrag annimmt. Vorſteher Dr: Vorchardt: Natürlich kann ich jedem Redner, der ſich zur Geſchäftsordnung meldet, r en eir das Wort entziehen, wenn er nicht zur Geſchäfts⸗ ordnung ſpricht.