524 Sitzung am 29. Oktober 1919 Stadtv. Dr Brix: Meine Damen und Herren! Der neue Lohntarif ſtellt im ganzen wieder außer⸗ ordentlich große Anforderungen, beträgt doch das Mehr an Ausgaben 3,2 Millionen. Nichtsdeſto⸗ weniger nehmen wir den durch Schiedsſpruch in Kraft getretenen Lohntarif ohne Widerſpruch zur Kennt⸗ nis. Es ſei uns aber geſtattet, in wirtſchaftlicher Hinſicht auf die große Bedeutung des neuen Lohn⸗ tarifs hinzuweiſen. Nach dem neuen Lohntarif ge⸗ langen faſt alle Arbeiter ſofort in den Genuß der Höchſtlöhne, weil die meiſten über drei Jahre bei der Stadt beſchäftigt ſind. Die Kohlenkarrer wür⸗ den hiernach 2,90 % pro Stunde, 7238 %% pro Jahr und 603,20 ℳ. pro Monat erhalten. Die Heizer werden nach dem Lohntarif A I1I1I nunmehr entlohnt und erhalten 3,10 ℳ pro Stunde, 7737,60 ℳ pro Jahr oder 644,,80 ℳ pro Monat. Die Handwerker] nach Lohntarif A IV erhalten 3,20 %ℳ pro Stunde, 7987,20 ℳ Der Jahr, 665,60 ℳ pro Monat. Der Vorarbeiter der Handwerker bekommt 3,30 ℳ die Stunde, 8236,80 ℳ pro Jahr und 686,40 % pro Monat. Sämtliche Löhne ſind in ganzer Höhe pen⸗ ſionsfähig. Dazu kommen noch die Beträge für eventuell zu leiſtende Ueberſtunden und Sonntags⸗ arbeit. Dem wären einige Gehälter von ſtädtiſchen Be⸗ amten gegenüberzuſtellen. So z. B. erhält ein Ober⸗ maſchiniſt, abgeſehen von der einmal von der Stadt⸗ verordnetenverſammlung gewährten nicht penſions⸗ fähigen Zulage von 1600 ℳ, ein Normalgehalt von jährlich 4500 ℳ; dazu kommen abzüglich der im Ge⸗ halt enthaltenen Beſoldungszulage von 1200 % die Teurungsbezüge von im ganzen noch 2500 ℳ, ſo daß das Gehalt des Obermaſchiniſten jährlich 7000 %ℳ beträgt, ohne die genannte Zulage. Ein Stadtſekretär mit 2 Kindern erhält nach dreijähriger Dienſtzeit vergleichsweiſe 7620 ℳ. Wir gönnen den ſtädtiſchen Arbeitern dieſe Beſſerung ihrer Lage von ganzem Herzen, ebenſo wie wir für die berechtigten Anſprüche der übrigen Angeſtellten und Bedienſteten nach Möglichkeit jeder⸗ zeit gern eintreten werden. Aber, meine Damen und Herren, aus den gegebenen Zahlen geht klar her⸗ vor, daß durch den neuen Lohntarif die ſtädtiſchen Arbeiter beſſer geſtellt werden als ein großer Teil ihrer nicht in ſtädtiſchen Dienſten ſtehenden Kollegen und freien Arbeiter, namentlich ſolcher, die nicht tän⸗ diger Arbeit ſich erfreuen. Sie ſind auch beſſer ge⸗ ſtellt als ein großer Teil unſerer Einwohnerſchaft überhaupt, als viele Geſchäftsleute und viele unſerer ſtädtiſchen Beamten. Unter dieſen Umſtänden, glaube ich, iſt es am Platze, daß ich dem Vertrauen Aus⸗ druck gebe, daß die ſtädtiſchen Arbeiter ſich ihrer Pflichten gegen die Geſamtheit der Einwohner dieſer Stadt und gegen ſich ſelbſt erneut erinnern, ſich deſſen bewußt bleiben und ihrer Aufgabe, Helfer zu ſein in dem Ringen um das Heil und das Wohl und Ge⸗ deihen unſerer Stadt, ſtets dauernd Gge ſein werden. (Brauo) Wir hegen die zuverſichtliche Erwartung, daß im Hinblick auf die Annahme des Schiedsſpruchs durch] den Magiſtrat die ſtädtiſchen Arbeiter nunmehr treu zu ihrem Arbeitgeber, zu ihrer Arbeit ſtehen und in ſſondern vermutlich um Sicherhei mals irremachen laſſen, daß ſie in Treue ſtets ihrer Arbeitspflicht nachkommen und zur Geſamt⸗ heit der Stadt ſtehen werden, eingedenk des Grund⸗ ſatzes: Pflicht gegen Pflicht und Treue um Treue! (Bravol) Stadtv. Frau Deutſch: In dieſem Tarif inter⸗ eſſiert uns Frauen beſonders ein Satz; er lautet: Soweit Frauen vollwertige Männerarbeit leiſten, ſollen ſie den gleichen Lohn wie Männer erhalten. Hier iſt zu einer Frage, die die Frauen ſchon Jahr⸗ zehnte lang beſchäftigt, ganz glatt und endgültig Stellung genommen. Mich perſönlich hat das auch inſofern beſchäftigt, als ich nun einmal meine Verhältniſſe nach dieſem Grundſatze nachgeprüft habe. Ich habe vor einem Jahre noch meine Arkeit in der Beſchulung der Jugend, in der Fortbildungsſchule mit einem Kollegen geteilt — — (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Dr. Borchardt: Verehrte Kollegin! Wir ſprechen hier zu dem Lohntarif der ſtädtiſchen Arbeiter, und ich glaube, es ſchweift weit über dieſen Rahmen hinaus, wenn wir dabei auch die Verhält⸗ niſſe ſämtlicher Angetelltengruppen und der Lehrer betrachten. (Stadtv. Frau Deutſch: Ich habe mich allerdings auch als ſtädtiſche Arbeiterin betrachtet, wenn ich auch geiſtig arbeite!) r — Da ſind Sie im Irrtum. Es ſind ganz veuimmte Kategorien von Angeſtellten, die als ſtädtiſche Ar⸗ beiter bezeichnet werden; die dauernd angeſtellten Beamten und Lehrer gehören zu dieſer Gruppe nicht. Stadtv. Frau Deutſch: Dann muß ich doch noch die Bemerkung hinzufügen, daß ganz allgemein der Satz ſo verſtanden wird, wie ich es ausgedrückr habe, und daß dem Magiſtrat demnächſt eine Vor⸗ lage zugehen wird, die dieſen Satz vertritt und in dieſer Weiſe vorgeht. Stadtv. Dr. Hertz (zur Geſchäftsordnung): Meine Damen und Herren! Wer einen Blick in den Vorraum werfen will, wird dort eine Anzahl Mit⸗ glieder der Sicherheitswehr ſehen. Ich alaube, es entſpricht nicht den Gepflogenheiten dieſer Verſamm lung und den Abſichten, die ſie hegt, daß ſie unter militäriſcher oder polizeilicher Bewachuna Taat⸗ (Rufe: Zur Sache ) Ich möchte deshalb den Antraa ſtellen, die ver 222 handlungen ſolange zu vertagen, bis dieſe iche 2 Beſetzung zurückgezogen iſt. Vorſteher Dr Borchardt: Herr alene handelt ſich hier nicht um eine militäriſche Beſetzuna, die Freiheit des Verhandelns und K Ce e Ate 120 n der Erfüllung ihrer Pflicht gegen die geſamte Ein⸗ laub mehneſchft zu der ſie ja ſelbſt geharen, ſich nie⸗] Tagung die