540 welches Zutrauen zu der Verwaltung und ihren Wächtern ſoll denn dadurch erweckt werden, daß ein Mann, der gar nicht Diplomat und nicht Geſandter iſt, einfach, um ihm irgendwelche Zuwendungen machen zu können, in dieſe Kategorie hineingeſcho⸗ ben wir? Ich muß ehrlich geſtehen: wenn man ge⸗ ſagt hätte: wir wollen dem Generalfeldmarſchall v. Bülow als verdientem Soldaten etwas zuweiſen, 10 würde mir das noch beſſer gefallen haben, als ihn in eine Kategorie hineinzuweiſen, zu der er nicht ge⸗ hört, um dadurch den Eindruck irgendeiner Berech⸗ tigung zu erwecken. Das halten wir durchaus nicht für geeignet, um das Vertrauen zur Verwaltung und, zur Stadt Charlottenburg zu erhöhen. Und dann: mit welcher Eilfertigkeit dieſe Dinge geſchehen ſind! Sofort müſſen per Rohrpoſt dem Feldmarſchall dieſe Karten zugeſchicht werden. Ich frage: werden den anderen Schwerkranken die Karten auch per Rohrpoſt zugeſchickt? Mir ſind genügend Beſchwerden darüber zugegangen, daß die Leute 8, ja 10 und 12 Tage haben warten müſſen, obwohl ſie ſich in einem ſehr ſchwerkranken Zuſtande befunden haben. Und dann noch eins dazu: iſt es denn den armen Leuten leichter möalich, die ihrem Krankheitszuſtande entſprechenden Lebensmittel zu erwerben als Herrn v. Bülow, ſo daß man bei ihm eine Ausnahme zu machen nötig hätte? Ja, aus dem Brief, der an den Herren Oberbürgermeiſter gerichtet iſt, geht ausdrücklich hervor, daß die Fa⸗ milie vorher Vorräte gehabt, daß ſie ſie nur in 04, Augenblick erſchöpft hat, und ich alaube, die Familie v. Bülow iſt eher imſtande als irgendeine arme Familie, ſich die Lebensmittel zu beſchaffen, die nötig ſind, um dem Kranken das zuzuführen, was unbedingt erforderlich iſt. Wenn die Not es gebietet, daß man die Kran⸗ kenrationen ſo weit herunterſetzt, dann darf be⸗ ſonders auch in den höchſten Stellen keine Ausnahme gemacht werden, wenn nicht das Vertrauen zur Ver⸗ waltung und zur Gerechtigkeit vollkommen erſchüttert werden ſoll. Wir müſſen ſagen: wenn ein Beamter in der Stellung des Herrn Oberbürgermeiſters eine der⸗ artige Maßnahme unternimmt, wenn er ſie unter⸗ nimmt, wenn auch nicht gegen den Einſpruch, ſo doch gegen die Bedenken des Dezernenten — denn der Dezernent hat ſich wohl gehütet, derartige Beſtim⸗ mungen zu treffen und ſolche Veraünſtigungen zu gewähren —, wenn er es doch tut, ſo ſcheint es not⸗ wendig zu ſein, dem Hern Oberbüragermeiſter wegen einer ſolchen Tat das ſchärfſte Mißtrauen zum Aus⸗ druck zu bringen und der Aufſichtsbehörde den An⸗ trag zu unterbreiten, daß ſie hinſichtlich dieſer Ver⸗ fehlungen das Diſziplinarverfahren einleitet. (Bravo! bei den Unabhänagigen Sozialdemokraten.) dauern über die Form des Antrags ausſprechen, (Sehr richtia!) 4 will ich betonen, in vollem Bewußtſei Oberbürgermeiſter Dr. Scholz: Meine Damen nd Herren! Ich muß zunächſt mein lebhaftes Be⸗ keihicher und Herren! Ich muß zunächſt mein lebhaft ſdere 15 , gegen den ich gar nichts einzuwenden gehabt hätte,] wenn er ſich in derſelben Form bewegte wie die ſonſt! 2 üblichen Anfragen oder Anträge an den Maaiſtrat.] eine Es iſt dieſem Antrag meiner Anſicht nach aus gar] Sitzung am 12. November 1919 dieſer Form jedenfalls wohl kaum je hier zur Ver⸗ handlung gekommen iſt. Ich will den Herren Antraaſtellern eine Genua⸗ tuung bereiten: ſie haben mich durch dieſen Antrag ſehr ſchmerzlich bewegt, das gebe ich ihnen ohne weiteres zu. Denn ich habe von jeher — und habe auch dieſen Standpunkt immer in der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung betont — einen ganz beſon⸗ deren Wert auf das vertrauensvolle Zu⸗ ſammenarbeiten mit allen in der Selbſtverwaltung tätigen Beamten und Perſonen gelegt, und wenn auch nur von einem verhältnismäßia geringen Teil dieſer Verſammlung der Antrag auf ein Miß⸗ trauensvotum ausgeht, ſo will ich den Herren Antragſtellern die Genugtuung verſchaffen, daß ſchon die Einbringung dieſes Antrags mich ſehr ſchmerzlich berührt hat. Nun, meine Damen und Herren, zur Sache Die Darſtellung, die Herr Kollege Löwenſtein ge⸗ geben hat, erkenne ich im weſentlichen als durchaus richtig an, — mit einigen Anmerkungen. Die zu⸗ geſpitzte perſönliche Form des Antrages und auch die Ausführungen des Herrn Dr. Löwenſtein laſſen ver⸗ muten, daß es ſich hier um eine perſönliche Gefällig⸗ keit gegen den Generalfeldmarſchall v. Bülow meinerſeits gehandelt hat, ſetzen wahrſcheinlich eine nähere Bekanntſchaft mit ihm voraus (Widerſpruch bei den Unabhängigen Sozialdemo⸗ kraten) — ich lege nur Wert darauf, das hier feſtzuſtellen —, wovon durchaus nicht die Rede iſt. Ich habe den Herrn Generalfeldmarſchall v. Bülow zu meinem lebhaften Bedauern nur einmal in meinem Leben geſehen, und zwar etwa 2 Jahre, nachdem Aiſer An⸗ trag bei mir einlief. Die Sache iſt ebenſo wit alle anderen Sachen — darauf lege ich auch beſonderen Wert, das zu be⸗ tonen — von mir behandelt worden. Ich bekomme faſt täglich lebhafteſte Beſchwerden über die Kranken⸗ ernährungsabteilung. Ganz natürlich, denn be⸗ kanntlich iſt niemand mit dem zufrieden, was ihm augenblicklich zugebilliht werden kann. Dieſe Be⸗ ſchwerden behandle ich alle gleichmäßig, nämlich alle unter „ſehr eilig“ oder unter „ſofort“. Nichts an⸗ deres iſt auch in dieſem Falle geſchehen. Alſo eine differenzielle Behandlung etwa in der Verwaltungs⸗ technik liegt nicht vor. Ich ſchrieb wie alle dieſe Eingänge dem Dezernenten, der heute nicht mehr in unſerer Mitte weilt, auch dieſe Sache zu, und der Herr Dezernent kam zur Beſprechung zu mir. Dar⸗ aufhin hat nicht ich, bene der Herr Dezernent die Verfügung, die von dem Herrn Vorredner angearif⸗ fen worden iſt, abgeſetzt, und ich habe ſie wie tauſend andere Verfüaungen mit gezeichnet, allerdings, das in meiner Ver⸗ antwortung und auch, das will ich den . An tragſtellern zugeben, nuch ſehr reiflie nicht erſichtlichen Gründen eine perſönlich zugeſpitzte ſag 10 Form gegeben worden, die durchaus nicht iblich. in ſlei