542 84 Sitzung am 12 den beſondere Nahrungsmittelzulagen zur Ver⸗ fügung zu ſtellen. (Beifall.) Ein Verfahren, das überall, nicht nur in Groß⸗ Berlin, ſondern auch an ſonſtigen Orten üblich iſt, aber ſelbſtverſtändlich ganz genau ſo wie der ange⸗ griffene Fall den allgemein ausgeſprochenen Regeln widerſprach. Das ſind meine Sünden auf dem Ge⸗ biet der Lebensmittelverſorgung. (Heiterkeit.) Meine Damen und Herren! Ich habe bisher immer in meinem Leben den Menſchen über den Bürokraten geſtellt, (Sehr richtig! bei der Bürgerlichen Fraktion) und ſelbſt wenn der heilige Bürokratismus heute einmal die Form des Herrn Dr Löwenſtein ange⸗ nommen hat, (große Heiterkeit) ſo bin ich nach wie vor der Auffaſſung, daß der Menſch im Verwaltungsbeamten nicht zu kurz kommen darf. (Sehr richtig!) Ich habe die Hoffnung, daß auch in dieſem Saale mehr Menſchen als Bürokraten ſitzen, (Bravo!) und dieſen Menſchen gegenüber vertrete ich das, was ich getan habe, voll und ganz, und hoffe, daß das Urteil. das Sie fällen, nicht bürokratiſch, ſon⸗ dern menſchlich iſt. (Lebhafter Beifall bei der Bürgerlichen Fraktion und den Demokraten.) Stadtv. Dr Luther: Meine Damen und Herren! Nach den klaren, ſchönen und überzeugen⸗ den Worten des Herrn Oberbürgermeiſters erübrigt es ſich eigentlich, auf die Sache als ſolche einzugehen. Ich möchte aber Herrn Dr Löwenſtein, da er vor⸗ hin ſo viel Wert auf die Gefühlslage gelegt hat, in der er und ſeine Freunde ſich bei Kenntnis dieſer Tatſachen befunden haben, auch über unſere Ge⸗ fühlslage unterrichten; und da möchte ich zuerſt ſagen, daß in den Herzen meiner Freunde und in meinem ein Gefühl tiefſter Empörung herrſcht, ſchon über die Art und Weiſe, in der dieſes Material in die Hände des Herrn Dr Löwenſtein gekommen iſt. (Stadw. Dr Löwenſtein: Das wiſſen Sie ja gar nicht!) Ich erlaube mir zu ſagen, daß es für meine Begriffe ein etwas wunderſ amer Weg iſt, den ich nicht gehen würde. 22 e n ſt ein (Stadtv. Dr L ö w 2 nicht wie!) .November 1919 Ich erlaube mir zu ſagen, daß das ein Weg iſt, den ich nicht gehen würde, und Sie geſtatten, daß ich das hier äußern kann, und daß mein Gefühl gegen⸗ über dem Wege, der dort begangen iſt, das Gefühl der abſoluteſten Ablehnung und Empörung iſt. Zweitens möchte ich keinen Zweifel darüber laſſen, daß wir nicht minder ein Gefühl der Em⸗ pörung über die außerordentlich von ſittlicher Ent⸗ rüſtung angeblich triefenden Worte haben über die Vertrauensſtellung, die ein Mann wie der General⸗ feldmarſchall v. Bülow mißbraucht hätte. Es iſt hier geſagt worden, ein Mann in ſolcher Stellung hätte derartige Dinge nicht tun ſollen. (Stadtv. Dr Hertz: Sehr richtig!) Ich weiſe das als eine erbärmliche Unterſtellung einer ſolchen verdienten Perſönlichkeit hiermit mit aller Energie zurück. (Lebhafter Beifall bei der Bürgerlichen Fraktion. — Lachen und Zurufe bei den Unabhängien Soz.) Ebenſo beſteht in unſeren Seelen ein Gefühl tiefſter Empörung darüber, wenn hier dem ver⸗ dienten Oberbürgermeiſter der Stadt Charlotten⸗ burg, der uns alle in jeder Richtung durch ſein un⸗ endliches Entgegenkommen, ſeine Sachlichkeit und Liebenswürdigkeit erfreut, vorgeworfen wird, daß er Byzantinismus gegenüber der Militärkaſte be⸗ kundet habe. Wir können in ſeinem Vorgehen nur eine feine, ſchöne Ritterlichkeit ſehen, die wir an ihm außerordentlich hochſchätzen. Wir lehnen es ab, ihm ein Mißtrauensvotum zu erteilen, ſondern be⸗ antragen ſchleunigſt Uebergang zur Tagesordnung über dieſen unglaublichen Antrag. (Lebhafter Beifall bei der Bürgerlichen Fraktion.) Stadtv. Frau Nemitz: Meine Herren und Damen! Ich glaube, die Ausführunsen des Herrn Oberbürgermeiſters haben uns keineswegs davon überzeugen können, daß er gerecht gehandelt hat. Für uns kommt in Betracht: ein Vertrauensarzt hat das Zeugnis ausgeſtellr, daß dieſem Herrn v. Bülow die betreffende Zulage nach ſeinen Erachten als Kran⸗ ken zukommen muß. Der Oberbürgermeiſter iſt weit darüber hinausgegangen. Wenn der Herr Oberbür⸗ germeiſter ſich darauf berufen hat, daß das Geſetz es bis dahin noch nicht vorgeſchrieben hatte, das Ge⸗ ſetz über die Krankenverſorgung erſt 4 Wochen ſpäter in Kraft getreten ſei, ſo glaube ich beſtimmt an⸗ nehmen zu müſſen, daß wir gerade von dem Haupt der Stadt, dem Herrn Oberbürgermeiſter, das arößte Gerechtigkeitsgefühl zu erwarten haben. Ich alaube, wenn Sie die Aufzählung der verausgabten Lebens⸗ mittellarten in Betracht ziehen, ſo werden Sie fin⸗ den, daß das mehr als Zuwendungen für einen Kran⸗ ken ſind. Herr Oberbürgermeiſter wußte genau, daß wir in der bitterſten Not lebten und daß eine ge⸗ Sie wiſſen ja gar ſich mo