559 Sitzung am 12. RNovember 1919 ſchließt, geht für uns hervor, daß die Kernfrage nicht die einmalige Uebernahme iſt, ſondern die dauernde Belaſtung, und daß es ſich um eine Sache von ſehr großer Tragweite handelt. Neben den finanziellen Bedenken veranlaßt uns aber zu dem Antrag der Verweiſung an einen Aus⸗ ſchuß, daß hier eigentlich erſtmalig die Entwickelung von privater zu ſtädtiſcher Wohlfahrtspflege ſprung⸗ artig vor ſich geht. Ich ſage ſprungartig: denn an und für ſich iſt der Vorgang, daß die private Wohl⸗ fahrtspflege allmählich zur öffentlichen Wohlfahrts⸗ pflege wird, etwas, was ſich in den letzten Jahr⸗ zehnten ganz regelmäßig vollzogen hat, und etwas, dem wir uns abſolut nicht entgegenſtellen wollen. Aber hier aeht es, durch die augenblichlichen finan⸗ ziellen Verhältniſſe hervorgerufen, in einer Weiſe vor ſich, die doch nach außen hin den Eindruck einer Kommunaliſierung der Wohlfahrtspflege um der Kom⸗ munaliſierung willen machen könnte. Deshalb glau⸗ ben wir, gerade weil es ſich hier um eine prinzipielle Sache und um eine Sache von ſehr großer finan⸗ zieller Tragweite handelt, daß man eingehende Er⸗ wägungen, wie ſie der Maaiſtrat ja auch gepflogen hat, noch einmal in einem Ausſchuß vornehmen ſollte. Stadtv. Dr. Löwenſtein: Wir ſind natürlich niemals gegen eine Ausſchußberatung, wenn aus der Sache wirklich etwas Bedeutſames herauskommen könnte. Aber ich möchte doch die Kollegin Frl. v. Gierke darauf aufmerkſam machen, daß dieſe Materie uns ſchon ſehr ausführlich in der Deputation beſchäftigt hat, daß wir das Für und Wider ſehr ein⸗ gehend auch nach der wirtſchaftlichen Seite beſprochen haben, ſogar in ſehr langer und eingehender Dis⸗ kuſſion, und daß damals die Deputation, ich alaube, mit ſehr großer Majorität für die Kommunaliſie⸗ rung war. Ferner möchte ich zu bedenken geben, daß die Sache auch etwas eilt, daß aus dieſem proviſoriſchen Zuſtande das Säuglingsheim endlich einmal heraus⸗ kommen muß. Es iſt gerade bei der Ausſprache zu⸗ tage getreten, daß die Verhältniſſe in dem Säug⸗ lingsheim nicht ſo ſind wie ſonſt in ſtädtiſchen Ein⸗ richtungen, daß die Stadt hier eine ganze Menge Neues ſchaffen müßte und ſollte, was der Privat⸗ verein, der mit ſehr ſtarken finanziellen Schwieria⸗ keiten zu kämpfen hat, nicht leiſten könnte. Um der Drinalichkeit der Sache willen und weil ſie wirklich gründlich beraten iſt, möchte ich doch bitten, den An⸗ trag auf Ausſchußberatung zurückzuziehen. Dagegen haben wir doch ziemliche Bedenken dagegen, daß in dieſer Anſtalt auch für die Auf⸗ nahme von Schweſtern uſw. Platz geſchaffen werden ſoll, und würden dem nur dann zuſtimmen können, wenn die Aufnahme von Müttern und Kindern da⸗ durch wirklich nicht beeinträchtigt wird. Ich ſtimme dem Kollegen Dr Löwenſtein darin vollkommen zu, daß die Sache jetzt eilig und dringlich iſt. Trotz⸗ dem kann ich mich dem Wunſch von Frl. v. Gierke nach einer nochmaligen Beratung in einem Aus⸗ ſchuß nicht ganz verſchließen. Es ließe ſich vielleicht ermöglichen, daß dieſer Ausſchuß ſehr bald zu⸗ ſammentritt, ſo daß eine weſentliche Verzögerung dadurch nicht eintreten würde. Ich bitte alſo auch, der Ausſchußberatung zuzuſtimmen. Stadtv. Dr Feilchenfeld: Meine Freunde ſind der Anſicht geweſen, daß es nicht möglich ſei, dieſen Antrag des Magiſtrats an einen Ausſchuß zu ver⸗ weiſen. Die Sachlage iſt augenblicklich ſo geklärt, daß wir glauben, ruhig die Annahme empfehlen zu können und daß wir nur, falls der Antrag nicht zurückgezogen wird, für den Ausſchußantrag ſern werden. Wenn Frl. v. Gierke in dieſem Falle eine ſprunghafte Verſtadtlichung ſieht, ſo geſtehe ich das gern zu. Aber wir müſſen doch daran feſthalten: alle Wohlfahrtseinrichtungen ſind augenblicklich derart, daß ſie vor einer ganzen oder teilweiſen Verſtadtlichung ſtehen, da ſie ſonſt ſich nicht erhal⸗ ten können. Immer wieder iſt jetzt von denjenigen, die ſich mit der Sache ſehr eingehend beſchäftigen, die Frage erörtert worden, ob eine ſolche Verſtadt⸗ lichung meiſtens nicht eine teilweiſe ſein ſoll, d. h. ein gemiſchter Betrieb, in dem die Hauptkoſten und die Aufſicht den Gemeinden, dem Staat oder den ſonſtigen Behörden überlaſſen bleiben, aber doch auch die freie Betätigung der Wohlfahrtsvereine noch erhalten bleibt. Man muß ſich in jedem ein⸗ zelnen Falle ſehr ſorgfältig fragen, ob irgendeine ſoziale Arbeit bei einer ſolchen privaten Wohlfahrts⸗ einrichtung vorhanden iſt, die erhalten zu werden berechtigt iſt. In dieſem Falle haben wir uns in der Depu⸗ tation überzeugen können — ich ſtimme da mſt Herrn Kollegen Löwenſtein vollkommen überein —, daß hier nichts zu erhalten iſt, was nicht verſtadt⸗ licht werden kann. Selbſtverſtändlich, Frau Kollegin Zucker, brauchen wir dieſes Haus in erſter Linie für unſere Charlottenburger. Ob dann noch Platz zur Unter⸗ bringung von Schweſtern iſt, iſt eine Frage, die wir im Ausſchuß jetzt gar nicht zu prüfen haben. Das iſt etwas, was ſich nachher aus der Arbeit ergeben wird. Die Geſundheitspflege⸗Deputation, die die Leitung dieſes Heims übernehmen wird, wird dann im Einzelfall zu prüfen haben, ob Schweſtern hin⸗ einkommen können oder nicht. Dieſe Frage würde alſo im Ausſchuß gar nicht gefördert werden können. Da nun die Sache beſchleunigt werden muß und ich mir abſolut nicht denken kann, daß aus einer Ausſchußſitzung noch irgend etwas herauskommen kann, da das Angebot ein gutes iſt — das Haus iſt in gutem Zuſtande, es iſt dadurch verwahrloſt, daß auch es nicht renoviert und während der ganzen Kriegs⸗ zeit nicht aufgearbeitet iſt; das Inventar iſt r⸗jämmerlich heruntergearbeitet, ſo daß wir viel Ar⸗ ſbeit baben 1 4. werden, um die Sache wieder in Ord⸗ aber das Grundſtück ſelbſt iſt bau⸗ 4 der nung zu bringen, e⸗ 10 3a8 alten, und das Terrain iſt gut gelegen, weiter gar nichts wünſchen können, als