984 Sitzung am 12. einigem Wohlwollen gegenüberſtehen, aber doch nicht aus der Arbeiterklaſſe hervorgegangen ſind. (Große Heiterkeit, Zurufe und Hört! hört!) Sie, meine Herren —dieſe eine Zwiſchenbemerkung ge⸗ ſtatten Sie mir —, die immer wünſchen, daß die perſönlichen Dinge hier aus der Stadtverordneten⸗ verſammlung herausbleiben, Sie ſollten doch end⸗ lich einmal lernen, das auch gegenüber Ihren Geg⸗ nern zu tun. Sie könnten ſonſt gerade erfahren, daß Sie, wenn Sie glauben, bei mir ein Beiſpiel für Ihre Zwecke zu haben, durchaus auf dem Holzwege ſind; denn ich ſtamme aus der Arbeiterklaſſe und verdanke es eben anderen außergewöhnlichen Um⸗ ſtänden, daß ich den akademiſchen Titel habe. Ich ſpreche nicht gern öffentlich von meinen perſönlichen Verhältniſſen, aber Sie zwingen mich ja dazu, und ich hoffe, daß dieſer kleine Hinweis vielleicht für Sie genügen wird, dieſe unvorſichtigen Bemerkungen für die Zukunft zu unterlaſſen. Es kommt darauf an, das Vorrecht, das die Beſitzenden dadurch haben, daß ſie jahrzehnte⸗ und jahrhundertelang in der Lage waren, ſich auf Grund ihrer ökonomiſchen Bevorzugung alle die Kenntniſſe und Fähigkeiten anzueignen, die ſie gegenwärtig beſſer in den Stand ſetzen als die Arbeiterklaſſe, in der Verwaltung und dergleichen tätig zu ſein, zu be⸗ ſeitigen. Sie ſind im Irrtum, meine Damen und Herren, wenn Sie annehmen, daß dadurch, daß hier ein paar Arbeitervertreter in der Verſammlung ſind oder einige Arbeitervertreter im Magiſtratskollegium ſitzen, eine Demokratie herbeigeführt wird. Der Schwerpunkt in Deutſchland iſt in den letzten Jahr⸗ zehnten von der Geſetzgebung weg in die Verwaltung gelegt worden, und wer die Verwaltung beſitzt, hat ein ſo großes Uebergewicht über die geſetzgebenden und beſchließenden Körperſchaften, daß dadurch ein wöllig undemokratiſcher Zuſtand eingetreten iſt. Jeder, der ehrlich ſein will, muß zugeben, daß unſere Tätigkeit hier, die Tätigkeit von Stadtverordneten, in großem Umfange rein dekorativ iſt. Die Tat⸗ ſache, daß wir nur gelegentlich zuſammentreten, daß wir in anderen Berufen beſchäftigt ſind, daß wir nur in verſchwindend wenigen Kommiſſionen eine ein⸗ gehende Arbeit vornehmen können, daß wir vor allen Dingen in die Einzelheiten der Verwaltung ja in den allerſeltenſten Fällen eindringen können, — das hindert, die Verwaltung wirklich mit dem Geiſt zu erfüllen, der aus einer wirklichen Demokratie hervorgehen würde. Ein Gegenmittel zu dieſer Handhabung der Verwaltung in den Händen des einen Teiles der Bevölkerung, ausſchließlich in den Händen der Be⸗ ſitzenden, ſind die Arbeiterräte, und jeder, der gegen das Weiterbeſtehen der Arbeiterräte eintritt, handelt damit gegen die Verwirklichung der wahren Demokratie. Se. vebner, Kalge, haben umſemend ſehn Klaſſe entſpricht. wenig Ahnung von der Demokratie, und Sie ſehen lich als Demokratie nur das an, was — nicht Ihren] in perſönlichen , wohl aber den Intereſſen Ihrer (Sehr gut! bei den Unabhängigen Sozial⸗ domokraten.) 2 3 November 1919 Wenn wir uns gegen die Lobpreiſung der Demo⸗ kratie, wie ſie in der Regel geſchieht, wenden, ſo deshalb, weil hier mit dem Namen Demokratie etwas bezeichnet iſt, was keine Demokratie iſt, ſon⸗ dern was ſich als die Diktatur einer kleinen Minder⸗ heit charakteriſieren läßt. Wie wir gegen die Diktatur einer Minderheit von links ſind, ſo wenden wir uns auch mit aller Entſchiedenheit gegen die jetzt ſeit Jahrzehnten und Jahrhunderten beſtehende Diktatur der Minderheit von rechts. Sie aber haben nicht die geringſte Ver⸗ anlaſſung, ſich irgendwie über Diktatur zu äußern, weil Sie ja mit aller Energie — und perſönlich nehme ich Ihnen das nicht übel, das iſt eben das Weſen einer Klaſſenherrſchaft, daß ſie mit allen Mitteln für ihre Aufrechterhaltung eintritt — ver⸗ ſuchen, dieſen Zuſtand zu verewigen, und dazu wollen Sie jetzt auch die Abwürgung des Ar⸗ beiterrats. Wir machen das nicht mit, wir erklären, daß wir nach wie vor an den Arbeiterräten als einer vevolutionären Errungenſchaft feſthalten. Wir wiſſen ganz genau, daß von geſetzgebenden parlamen⸗ tariſchen Körperſchaften in der heutigen Zuſammen⸗ ſetzung keine Anerlennung der Arbeiterräte zu er⸗ warten iſt, wir verlangen ſie auch gar nicht. Denn was wir mit der Verwirklichung der Arbeiterräte, mit der Befeſtigung ihrer Herrſchaft wollen, das iſt ja nicht auf dem Wege der parlamentariſchen An⸗ erkennung durchzuſetzen. Aber hier in Charlotten⸗ burg beſteht die Tatſache, daß im November der Arbeiterrat das ausſchlaggebende Organ war, die Macht in ſeiner Hand gehabt hat und durch die Un⸗ entſchloſſenheit ſeiner Mitglieder, durch die gegen⸗ ſeitige Uneinigkeit, durch die Quertreibereien ſich ſelbſt des größten Teiles dieſes Einfluſſes beraubt hat. Das, was ſich in der letzten Zeit hier den Namen Arbeiterrat hat, verdient dieſe Be⸗ eichnung durchaus nicht, ſondern läßt ſich, wie Herr Kollege Richter das eben ganz richtig geſagt hat, als ſtädtiſches Arbeiterſekretariat kennzeichnen. Das iſt nicht unſer Ideal. 5 Wir wollen alſo die Anerkennung der Arbeiter⸗ räte, wir bewilligen dieſe Mittel und fordern weitere Mittel für ſie. Wir verlangen aber ferner, daß der Arbeiterrat hier nicht in der jetzigen Zuſammen⸗ ſetzung weiter beſteht, ſondern daß eine Zuſammen⸗ ſetzung erfolgt, (Zuruf: Aus Unabhängigen und Kommuniſten!) — warben Sie es mrr abhl- (Heiterteit) die ein wirlliches Spiegelbild der geſ