Wir ſind uns, glaube ich, alle in der Verurtei⸗ lung des Kinounweſens einig, und wir haben alle den Wunſch, den Auswüchſen auf dem Gebiete der Filmkunſt nach allen Kräften entgegenzuwirken. Eine Zenſur allein genügt in dieſer Hinſicht nicht, Weil ſie nur negativ, verhütend wirken kann. Wir ſind beſtrebt, durch poſctive Maßnahmen auf den Geſchmack unſerer Jugend und der Bevölkerung bil⸗ dend, verbeſſernd zu wirken. Es gibt mannigfache Mittel, die geeignet ſind, dem Kinounweſen Einhalt zu tun. Meines Erachtens und nach dem Erachten meiner Freunde würde dieſes Forum nicht der ge⸗ eignete Platz ſein, um über alle dieſe Maßnahmen zu beraten. Wir denken ſpeziell daran, ein ſtädti⸗ ſches Muſterkino einzurichten, das in den Vor⸗ mittagsſtunden und in den früheren Nachmittags⸗ ſtunden auch den Schulen und Forbildungsſchulen und ſonſtigen Erziehungsanſtalten zur Verfügung geſtellt werden kann. Es gibt aber noch andere Maßnahmen auf dieſem Gebiete. Wir ſind der Meinung, daß es am allerbeſten iſt, einen Ausſchuß einzuſetzen, der ſich mit dieſen dringenden Fragen zu beſchäftigen hat, der möglichſt bald zuſammen⸗ treten muß und über die wirkſamſten Mittel, dieſem Kinoſchund entgegenzutreten, beraten und uns vo⸗ ſitive Vorſchläge unerbreiten ſoll. Ich möchte Sie bitten, dem Antrag auf Einſetzung eines ſolchen Ausſchuſſes zuzuſtimmen. HGleichzeitig möchte ich Sie bitten, dieſem Aus⸗ ſchuſſe das Recht zu geben, Perſönlichkeiten, die ſich mit dieſer Frage ſchon jahrelang beſchäftigt haben, zur Auskunft und zur Beratung zuzuziehen. Antragſteller Stadtv. Meyer 1: Meine Damen und Herren! Meine politiſchen Freunde erkennen es dankbar an, daß uns der Antrag der Herren Roſenfeld und Gen. Gelegenheit gibt, hier in der Charlottenburger Gemeindeverwaltung über Maß⸗ nahmen gegen den Kinoſchund in die Beratung ein⸗ zutreten. Wir ſind aber nicht geneigt, den Weg dabei zu gehen, den der Antrag ſelbſt vorſchlägt. Wir haben zunächſt weſentliche Bedenken gegen die Worte, die ſich in dem Antrage Roſenfeld und Gen. finden: „bis zu einer Kommunaliſierung der kinematographiſchen Theater“. Aus dieſen Worten iſt erkennbar, daß die Antragſteller die Kommunali⸗ ſierung der kinematographiſchen Theater als ihr Ziel betrachten, und wir wollen gar kein Hehl dar⸗ aus machen, 2 (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Daß Sie ein 2 (Gegner davon ſind!) — jawohl, ich werde gleich ſagen, was ich meine, Sie brauchen mir nicht vorzuſagen daß wir hierin mit den Antragſtellern nicht übereinſtimmen. Wir haben keine Urſache, uns gegen eine Kommunali⸗ fierung der kinematographiſchen Theater feſtzulegen. Es iſt bekannt, daß demnächſt an die Nationalver⸗ fammlung ein Geſetzentwurf kommen wird, der dieſe Irage Sigung am 3. Dezember 1019 t. Wir behalten uns ſelbſtver⸗ 591 daß durch die Kommunaliſierung nur eine Zenſur geſchaffen würde, aber eine ganz bedenkliche Zenſur, die von einer politiſch nicht vorurteilsloſen Behörde ausgeübt wird. 2 Zu dieſem Geſichtspunkte tritt als weiterer ſehr weſentlicher der wirtſchaftliche Geſichtspunkt. Ich habe bereits, als wir hier grundſätzliche Fragen be⸗ ſprachen, im Namen meiner Freunde erklärt: Meine Partei — und ich glaube, das kann man auch von anderen nicht ſozialdemokra⸗ tiſchen Parteien ſagen — iſt durchaus an ſich nicht gegen die Kommunaliſierung. Meine Parieifreunde haben insbeſondere bei den Kommunaliſterungen, die in Charlottenburg ſtattgefunden haben, führend mitgewirkt. Aber wir müſſen immer wieder betonen: der rich⸗ tige Zeitpunkt für neue Kommunaliſierungen iſt eine wirtſchaftlich günſtige Periode. An unſerm kranken Wirtſchaftskörper Erxperi⸗ mente zu machen, iſt außerordentlich gefähr⸗ lich, und jede neue Kommunaliſierung würde heute nach unſerer Ueberzeugung die Folge haben, daß eine neue ſchwere Laſt auf die W der ſteuernden Bevölkerung gelegt wird. Ich lege Gewicht darauf, zu erklären, daß meine Freunde nach wie vor auf dieſem Standpunkte ſtehen. Meine Damen und Herren, aus wirtſchaftlichen Erwägungen haben wir auch lebhafte Bedenken gegen die Maßnahmen, die in dem Antrag empfohlen ſind. Es iſt da insbeſondere die Rede von der Ver⸗ anſtaltung muſtergültiger Darbietungen. Das iſt auch das Mittel geweſen, das Herr Kollege Blum hier beſonders erwähnt hat. Derartige Veranſtal⸗ tungen ſcheinen uns ein Sprung ins Dunkle zu ſein. Wir wollen nicht, daß unter den heutigen wirtſchaft⸗ lichen Verhältniſſen die Stadt ein derartiges Riſiko übernimmt. Wir haben den Wunſch, daß der Kampf, den auch wir gegen den Kinoſchund auf⸗ nehmen wollen, in einer Weiſe geführt wird, die der Stadt möglichſt wenig finanzielles Riſiko be⸗ reitet. (Zurufe links: Dann wird nichts daraus!) — Doch, ich hoffe, daß Sie ſich bereits durch das Studium der Druckſachen, das ich ja von Ihnen, Herr Kollege Kano, als ſelbſtverſtändlich voraus⸗ ſetze, überzeugt haben werden, daß wir uns nicht nur auf das Negative beſchränken, ſondern daß wir einen poſitiven Vorſchlag in dieſer Beziehung machen. Unſer Vorſchlag geht dahin, daß man Kinos, die überwiegend künſtleriſch wertvolle oder bildende Veranſtaltungen darbieten, ſteuerliche Ver⸗ günſtigungen gewährt. Bei der aroßen Bedeutung, die die ſteuerliche Belaſtung für die kinemato⸗ graphiſche Induſtrie und die Theater bedeutet, würde eine ſteuerliche Vergünſtigung einen ſehr guten Erfolg haben können. (Zuruf.) — Das koſtet gewiß: aber das ſind Koſten, Herr Kollege Skaller, die von vornherein überſehbar ſind, s iſt eine ausfallende Einnahme, die man veran⸗ ſchlagen kann, während Sie die Unkoſten einer etwa eigenen Veranſtaltung bei der gegenwärtigen Preis⸗ emwicklung im Filmgewerbe nicht zu ſchätzen ver⸗