— Das geht nicht, es iſt eine ſo umfaſſende Frage, daß ſie nur auf dem Untergrunde des politiſchen Bewußtſeins gelöſt werden kann. Von unſerer Weltanſchauung ausgehend, wollen wir auch unſere Jugend erziehen. Auch wir wollen ſie erziehen, aber in einem anderen Geiſte als Sie, Herr Pfarrer Lichtenberg! Das Ideal unſerer Einheitsſchule wird Sie, glaube ich, auch niemals befriedigen. Trotzdem werden wir uns ſehr freuen, Sie als Gaſt in unſeren Verſammlungen zu ſehen. Ich habe lange Zeit befürchtet, daß dieſe Ein⸗ heitsſchule unter die Räder kommen wird, obwohl es uns ganz klar iſt, was wir mit der Einheitsſchule wollen. In großen Zügen gezeichnet, wollen wir ein Zuſammenhalten unſerer deutſchen Jugend viele, viele Jahre hindurch in einer Schule, nicht bloß vier oder ſechs Jahre, nein bis zum 15. oder 16. Le⸗ bensjahre. Wir wollen in dieſer Schule die Jugend dazu erziehen, daß ſie tüchtige Menſchen werden, daß ſie freie und urteilsfähige Menſchen werden. Jede geiſtige Begabung ſoll zu ihrer Ent⸗ faltung kommen. Das iſt unſere Einheitsſchule. Auch die begabteſten Menſchen ſollen dann in das werktätige Leben gehen, ſollen dort Handwerker, Tiſchler oder Schloſſer oder Arbeiter werden können und ſich bei ihrer werktätigen Arbeit glücklich fühlen. Das iſt, in wenigen Worten geſagt, das, was uns vorſchwebt. Wohl herrſcht Unklarheit über dieſe Frage der Einheitsſchule, und je mehr wir von links nach rechts gehen, um ſo größer wird dieſe Unklar⸗ heit. Darum kann ich es auch verſtehen, daß ſich Herr Pfarrer Lichtenberg aufklären will. Wir be⸗ grüßen das dankbar, und ich darf Sie heute ſchon als Gaſt zu unſeren Verſammlungen einladen. Stadtv. Dr Frentzel: Meine Damen und Herren! Ich will einmal lediglich von dem mehr geſchäftsordnungsmäßigen Standpunkt, den der Herr Oberbürgermeiſter nach meiner Meinung mit Recht in den Vordergrund geſchoben hat, die An⸗ gelegenheit betrachten, etwas weniger von dem In⸗ halt, ich möchte ſagen, dem verſchleierten Inhalt dieſer Anfrage ſprechen. Meine Nachbarin zur Rechten wünſchte, daß der Magiſtrat hier als eine neutrale Stelle eintrete. Sie hält ihn für eine neutrale Stelle. Das tun wir alle, und das wün⸗ ſchen wir alle. Aber ich glaube, das ſicherſte Mittel, dieſe Stelle ihrer Neutralität und damit auch des mit der Neutralität verbundenen Anſehens zu ent⸗ kleiden, wäre, wenn der Magiſtrat oder der Dirigent des Magiſtrats Verſammlungen einberiefe, um The⸗ mata zu erörtern, die nun einmal abſolut nicht von einer politiſchen oder religiöſen oder ſittlichen Welt⸗ 2 auung zu trennen und nicht ſo einfach en ſind wie Fragen der Verwaltung oder der Stadt. Schon von Verfaſſung Sitzung am 3. Dezember 1919 us muß der Maaiſtrat nach ie es der Herr Oberbürger⸗ Verfaſſung und müſſen daran feſthalten —, nur wenn eine Uebereinſtimmung zwiſchen dieſen beiden Körperſchaften, nämlich den Vertretern der Bürger⸗ ſchaft und dem Magiſtrat, zuſtande gekommen iſt, dann liegt erwas vor, was der Magiſtrat als Mei⸗ nung der geſamten Stadtverwaltung gelten laſſen kann. Er iſt alſo der ungeeignetſte Faktor, in dieſer Weiſe zu wirken. Das Aufklären kann gar nichts anderes ſein, als irgendwie Partei nehmen und Par⸗ tei nehmen müſſen. (Stadtv. Ot to: Sehr richtig!) Deswegen möchte ich Sie noch einmal von dieſem Standpunkt, von dem Standpunkt meiner Nachbarin aus, die abſolute Unparteilichkeit und Neutralität vom Magiſtrat verlangt hat, bitten, die von ihr mitunterzeichnete Anfrage abzulehnen. Stadtv. Frau Klockow: Ich möchte noch ein⸗ mal ſagen, aus meiner Erfahrung heraus, die mir ſeit einigen Wochen und Monaten tagtäglich eine Fülle von fragenden entſetzten Leuten bringt, daß ich Tag für Tag — vielleicht erſtaunen die Herrſchaften von der Linken — aufkläre in bezug auf die geſunden Ziele des geſunden Gedankens der Grundſchule. Ich habe die Anfrage mitunterzeich⸗ net, weil ich wünſchen würde, daß ich nicht nur allein in meinem Sprechzimmer dieſe geſunden Ge⸗ danken dem Publikum klarmache und dann immer vom einzelnen höre: ja, wenn das ſo zu verſtehen iſt, dann iſt das ja ganz etwas anderes. Von dieſem Standpunkt aus habe ich gedacht: es ſei gut, wenn man dieſe pädagogiſch richtigen Grundzüge der Grundſchule einmal den Leuten klarmacht. Ich fürchte, wenn das nicht geſchieht, wird das unauf⸗ geklärte Publikum ſeine Kinder ziel⸗ und wahllos in die privaten Anſtalten und privaten Zirkel retten. Es klingt ſehr komiſch, wenn ich das ſage, aber ich vertrete lediglich, ganz gleich, ob ich einer privaten oder einer ſtädtiſchen Schule angehöre, die Intereſſen der Kinder. Aus dieſem Grunde möchte ich eine allgemeine Aufklärung, von der ich mir viel verſpreche. Deshalb habe ich die Anfrage unter⸗ ſchrieben. Aufklärung wollen wir für das Publi⸗ kum, ein Feſtſtellen der Dinge, wie ſie liegen, un nicht eine einſeitige Parteinahme! Stadtv. Seifert: Werte Anweſende! Ich muß meinem Erſtaunen über die erſten Ausführungen unſerer Kollegin Frau Klockow Ausdruck geben. Sie erwähnte, daß ſie gerade als Schulmeiſterin es ganz entſchieden verurteile, daß derlei parteipoli⸗ tiſche Auseinanderſetzungen in die Reihen der Schul⸗ kinder getragen würden. Da muß ich doch ſagen, daß gerade von ihren Parteifreunden eine ſolche Propaganda in der Schule betrieben wird, die ganz entſchieden verurteilt werden muß. 5 rau Klockow: Haben Sie das von (Stadtv. I meiner Schule je gehört?) — Ich kann es ſchließlich unter Umſtänden von einem Gegner verſtehen, aber ich kann es am we⸗ nigſten von einem Lehrer verſtehen, wenn er die zu derlei Zwecken ausnutzt, noch dazu in Un⸗ r zu 1 2 ganz anderen Zwecken dienen