604 Sitzung am 3. Vorſteher Dr. Borchardt: Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Wir verlaſſen den Gegenſtand. Für die zu Nr. 18 beſchloſſene Deputation werden vorgeſchlagen die Stadtv. Brandt, Kley, Frau Klockow, Dr. Mommſen, Frau Nemitz, Fräulein Reinold, Dr Roſenfeld, Dr. Rothhols, Weidlich, Frau Zucker. — Die Betreffenden ſind gewählt. Wir kommen dann zu der Anfrage der Stadtv. Marcuſe und Gen. betr. Räumung der Büros der Reichsgetreideſtelle. Frageſteller Stadtv. Marcuſe: Ich will nur eine kurze Begründung dieſer Anfrage geben. Jedesmal, wenn hier die Frage der Wohnungsnot berührt wird, dann werden dem Maaiſtrat Vorwürfe gemacht, daß die amtliche Arbeit nicht ſchnell genug geht. Nun, meine Damen und Herren, wenn wir uns einmal gründlich unterrichten, dann wiſſen wir, daß der Ma⸗ giſtrat vollauf ſeine Schuldiakeit getan hat. Er hatte, um die Kriegsgeſellſchaften, was dringend nötig war, anderswohin zu verlegen, das Landwehr⸗ kaſino mit Beſchlag belegt. Aber durch ſeine Abſicht wurde ihm von einer Staatsbehörde ein Querſtrich gemacht. Ueber Nacht wurde das Landwehrkaſino durch den Eiſenbahnminiſter für die Beamten der Bromberger Eiſenbahndirektion belegt, obwohl er wußte, daß das Recht auf ſeiten der Stadtverwal⸗ tung liegt. Es war ein Gewaltakt, der dort verübt wurde. Nun wünſchen wir nicht, daß ſich ein ſolcher Fall noch einmal wiederhole. Es iſt um ſo bedauer⸗ licher, als von einer Staatsbehörde hier Gewalt vor Recht geſetzt wird. Wir möchten, daß jetzt die Frage endlich einmal geklärt wird und daß die Staatsbe⸗ hörde ſich mit der Stadtbehörde darüber verſtändige, wie es möglich iſt, die Kriegsgeſellſchaften im allae⸗ meinen und insbeſondere die Reichsgetreideſtelle nach anderen Oertlichkeiten zu verlegen oder aufzuheben. Die Reichsgetreideſtelle namentlich erfreut ſich ja nicht aroßer Sympathie. Sie wiſſen auch warum: das muffige Brot wird Ihnen noch im Magen liegen als Folge der Tätigkeit eines Sachverſtändigen in der Reichsgetreideſtelle, der über Lagerungstechnik des Mehls keine großen Kenntniſſe beſaß. Auch aus anderen Gründen iſt es erklärlich, daß die Umgebung der Büros der Reichsgetreideſtelle in der Rankeſtraße keine beſondere Sympathie für dieſe Kriegsgeſellſchaft hegt. Es werden dort ſeit Monaten Wagenladungen von Brennmaterialien abgeladen, obwohl die Be⸗ wohner der Rankeſtraße erſt in den letzten Tagen ihr erſtes Brikett zu ſehen bekamen, ferner Wagen⸗ ladungen von Diplomatenſchreibtiſchen, Stühlen, Seſſeln zu Dutzenden, wie mir geſagt worden iſt, obwohl es doch ſonnenklar iſt, daß eines Tages die Reichsgetreideſtelle aufhören muß, zu beſtehen. Wir ſind nicht der Anſicht, daß dies ſchon moraen ge⸗ ſchieht: für den Abbau der Krieasgeſellſchaften muß natürlich eine gewiſſe Zeit abgewartet werden. Aber wir ſind der Anſicht, daß die Reichsgetreideſtelle an dieſer Stelle nicht bleiben muß. Es ſind Gelegen⸗ gut untergebracht wären. heiten vorhanden, wo ſie untergebracht werden kann. di Die Stadtverwalrung iſt nach ihren bisherigen Er⸗ fahrungen wohl nicht mehr geneiat, Oertlichkeiten dafür anzugeben. Ich könnte ihr aber ſolche nennen, wo die in der Rankeſtraße belegten Räume der fünf n Häuſer, die meiſt Achtimmerwohnungen haben, ſehr] wi Dezember 1919 Fabrikaebäude, die leer Vor allen Dingen ſind die Truppenübunasplätze, wie Döberitz, zu be⸗ achten, wo aanz vorzüaliche Baracken aebaut ſind, die für die Kriegsgeſellſchaften ſehr wohl in Frage kämen. In dieſem Falle ſind auch geeianete Ver⸗ kehrsmittel in der Nähe. Meine Damen und Herren, es iſt unbedinat notwendig, daß, wenn die Stadt etwas beſchloſſen hat, dieſe Abſicht auch durchgeführt werden kann, und daß nicht irgendeine andere Behörde kommt und den Beſchluß dadurch unterminiert, daß ſie eine andere Anordnuna trifft. In dieſem Sinne richten wir die Anfrage an den Maaiſtrat, insbeſondere an den Herrn Stadtſyndikus, damit wir eine Aufklärung darüber erhalten, wie die Angelegeuheit beſchleunigt werden kann, ohne bürokratiſch zu verſanden. Stadtſyndikus Sembritzki: Meine Damen und Herren! Die Anfrage aibt mir willkommene Gele⸗ genheit, mich über dieſe höchſt kritiſche ün ae einmal in der Oeffentlichkeit zu äußern. i wiſſen, ſind wir ſeit etwa Jahresfriſt bemuh, die Behörden und Kriegsgeſellſchaften, die ſich in den Charlottenburger Wohnungen eingeniſtel haben, aus den Wohnungen herauszubringen. Bis zu einem geten Grade haben wir auch Erfolg gehabt. Dann ſchien die Sache vor einigen Monaten auf einem toten Punkte an⸗ gelangt zu ſein. Es wird uns namentlich ent⸗ gegengehalten: wir haben keine anderweiten Un⸗ terkunftsräume. Es handelt ſich bei den Be⸗ hörden oder Kriegsgeſellſchaften, die in den Woh⸗ nungen ſitzen, um Staatsintereſſen, wichtige öffent⸗ liche Intereſſen, die nicht geſchädigt werden dürfen. — Wir haben darauf erklärt, daß es nicht unſere Aufgabe iſt, für eine anderweite Unterkunft dieſer Behörden und Kriegsaeſellſchaften zu ſorgen, ſondern unſere Aufgabe iſt es, dafür zu ſorgen, daß die Woh⸗ nungen geräumt werden. Zu dieſem Zwecke ſind uns auch von der zuſtändigen Zentralſtelle, dem Staats⸗ kommiſſar für Wohnungsweſen und demnächſt 04 Wohlfahrtsminiſterium, weitgehende Befugniſſe, B ſchlagnahmerecht und Räumungsbefugniſſe, e worden. Wir haben aber unter Wahrung des Jätzlichen Standpunktes, daß es nicht unſere Aufaa ſei, für Erſatzräume zu ſorgen, ſondern daß dies Sache der zuſtändigen Reichs⸗ und Staatsinſtanzen ſei, die ſchon jahrelang Zeit gehabt haben, etwa er⸗ forderliche Veranſtaltungen zu treffen, — wir haben unter grundſätzlicher Wahrung dieſes Standpunktes es uns angelegen ſein laſſen, Erſatzräume nachzu⸗ weiſen, haben 2 4 8. das Landwehrkaſino, das Haus Tanneck — das iſt die ſogenannte Wetter⸗ wartie — am Reichskanzlerplatz mit Beſchlag beleht und den zuſtändigen Staats⸗ und Reichs zur Unterbrinauna der Krieasgeſellſchaften u men die in den Woh ſiben⸗ zur 2 geſtellt Der Erfcla iſt aber volſtandi ve Keine der beteiligten Behörden und ſchaften oder der ihr voraeſetzte Es finden A ch⸗ jonſt 0