630 Stadtv. Dr. Broh: Meine Damen und Herren! Ich habe Sie bereits in der vorigen Sitzung ein wenig über die Entſtehung der Sicherheitswehr unterhalten, und da es ſich um ein Obiekt handelt, das ſich nach meiner Berechnung — allerdings ent⸗ gegengeſetzt der Berechnung des Magiſtrats — auf ungefähr 2 Millionen beläuft, ſo wird man ſich immerhin fragen müſſen, wie dies für uns ſo teure Kind überhaupt geboren iſt. Ich habe Ihnen bereits damals aus den Akten mitteilen können, daß die Entſtehung der Sicher⸗ heitswehr auf einem Erlaß von Noske beruhte, der, wie er ſich wörtlich ausdrückte, eine Rückendeckung für die in Berlin für die Regierung kämpfenden Truppen hier in den Vororten wünſchte, und daß der Herr Oberbürgermeiſter ſich ſofort beeilte, dieſem Wunſche zuſammen mit dem jetzigen und damaligen Polizeipräſidenten Richter nachzukommen, der dann die Brieſe, von denem ich Ihnen bereits Mit⸗ teilung machte, beſonders auch an Sie, meine Herren Deutſchnationalen, ſchrieb, an die er ſich vor allen Dingen als an die wahren Hüter der Ordnung und zur Unterſtützung der Scheidemänner wandte. Ich erwähne das noch beſonders, weil ſich ja Herr Richter abſolut nicht mehr dieſer Briefe erinnern wollte. Ich hoffe, er hat inzwiſchen Gelegenheit ge⸗ nommen, ſeine Briefe ſelbſt nachzuleſen. Feſtſtellen will ich ferner, daß damals hier in Charlottenburg alles ruhig ge⸗ weſen i ſt, — das iſt nämlich der Kernpunkt der Sache. In Charlottenburg hätten wir an ſich nicht nötig gehabt, auch nur einen Mann aufzubieten und von dieſen Millionen auch nur eine Mark zu ver⸗ wenden. Aber es lag eben dieſer Befehl von Noske vor, der befürchtete, die Spartakiſten könntem ihm hier aus Charlottenburg in den Rücken fallen, und um Herrn Noske an der Regierung zu halten, mußte das geſchehen. Nun wiſſen Sie, daß inzwiſchen auch hier in Charlottenburg alles ruhig geweſen iſt. (Widerſpruch und Zurufe.) — Ach Gott, hin und wieder mal ſoll etwas ge⸗ ſchehen ſein; 7 (Heiterkeit und erneute Zurufe) aber vor allen Dingen iſt (Andauernde Zurufe. — Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Dr Borchardt: Ich bitte dach drin⸗ gend, den Redner nicht durch Zwiſchenrufe zu unter⸗ brechen. (Rufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: Das iſt Ihr Anſtand! — Das iſt die Bildung der Rechten1) Stadtv. Dr Broh: Wenn eine Unruhe vorge⸗ 0 kommen iſt, ſo iſt ſie, wie ich auch aktenmößig nach⸗ Sitzung am 17. ſtehen zu laſſen. Dezember 1919 dieſer Fälle wiſſen wir, daß es in Charlottenburg ruhig war. Nun frage ich Sie: warum reicht mit einem Male die polizeiliche Sicherheitswehr nicht aus? Denn wie ich Ihnen ſchon ſagte, war die Entſtehungsgeſchichte dieſer Sicherheitswehr eine ganz andere. Um ſie nun für die heutige Zeit zu konſervieren, müſſen doch Gründe angegeben werden, die es notwendig machen, ſie jetzt noch weiter be⸗ Da hat die Vorlage uns lediglich in einem kurzen Vermerk geſagt, der Herr Po⸗ lizerpräſident — entſchuldigen Sie, daß ich wieder auf Sie zurückkommen muß; es geſchieht wirklich nur nach den Akten — hätte ſich ſelbſt um Hilfe an die Einwohnerwehr gewandt; ich habe dann in den Akten nachgeſucht und gefunden, daß er ſich in der Tat einmal um Hilfe an die Einwohnerwehr gewandt hat, weil nämlich junge Leute nach Schluß der Buden auf zwei Plätzen einigen Radau gemacht haben. Sie müſſen doch ſelbſt zugeſtehen. daß es kein Grund wäre, dafür eine Million zu opfern. Das intereſſanteſte dabei iſt, daß Herr Polizeiprä⸗ ſident Richter ſelbſt, wie ich wohl verraten darf, er⸗ klärte, daß nach der jetzigen Verfaſſung die Sicher⸗ heitswehr vollkommen genüge, um alle etwaigen Unruhen ſofort im Keime zu erſticken. Daß die Mehrheitsſozialiſten dennoch umfallen werden, iſt eine andere Sache, (Heiterkeit) das ſind wir ja ſo gewöhnt; aber wichtig iſt dieſe — Mitteilung. Aber noch mehr: er machte die Mit⸗ teilung, daß Hauptmann v. Keſſel, ſicher doch eine große Autorität für die Bekämpfung der Spar⸗ takiſten reſp. für Ermordung aller freiheitliebenden Bürger, der damals noch nicht eingelocht war und wahrſcheinlich auch binnen kurzem wieder freikom⸗ men wird, der alſo immerhin eine große Autorität für die Mehrheitsſozialiſten, für Noske und für die Nationaliſten auf alle Fälle bleibt, ebenfalls er⸗ klärt habe, daß die Einwohnerwehr reſp. dieſer Wachtzug — es handelt ſich im weſentlichen um die Koſten für den Wachtzug, die Einwohnerwehr erfordert nur 100 000 ℳ — für den 3Zwecun geeignet ſe i. Ich habe das Recht, Sie darauf zu verweiſen, daß das gerade Hauptmann v. Keſſel ſagt; denn der verſteht es, wie man Kehlen durch⸗ ſchneidet, wie man es richtig macht und ſonſt ſo vorgeht. Aber er ſagt: dieſe 100 Menſchen, die Sie da haben, ſind auf jeden Fall ungeeignet. Das ſagt einem eigentlich auch der geſunde Menſchenverſtand. Ich will mich da nicht in dem wiederholen, was i bereits das vorige Mal ausgeführt habe, daß ich geradezu für lächerlich halte, wenn man ſich ein⸗ bildet, dieſe paar Leute ſollten eine Revolution wenn ſie wirklich käme, erſticken können. Es ch jetzt nicht mal um 100 Mann, gewieſen habe, hauptſächlich von ſeiten der ſoge⸗] Si nannten Sicherheitswehr ſelber, von den Militärs] atte. Und auch bis in die neueſte Zeit hinein ſolche Fälle vorgekommen, von denen ich Ihnen Mi teilung gemacht habe, und durch die Bürger ſelbſt gefährdet worden ſind. hervorgerufen worden, die man damals herbeigerufen]