646 Sitzung am 17. werden. Der § 4 der Reichsverordnung über die Erwerbsloſenfürſorge ſagt ausdrücklich: Gemeinden oder Gemeindeverbänden, welche die nach dieſer Verordnung zuläſſigen Höchſtſätze der Erwerbsloſenunterſtützung über⸗ ſchreiten, kann die Reichsbeihilfe durch den Reichsminiſter der Finanzen, die Landesbei⸗ hilfe durch die Landeszentralbehörde entzogen werden. Wir haben uns inzwiſchen bei den verſchiedenſten Vororten, worauf ich nachher noch zu ſprechen komme, erkundigt und dabei gehört, daß der Ge⸗ meinde Wilmersdorf, die bezüglich einer ebenſolchen Angelegenheit eine Anfrage an das Reichsarbeits⸗ miniſterium eingereicht hat, im Falle einer Sonder⸗ zahlung an die Erwerbsloſen die Sperrung der Zu⸗ ſchüſſe von dort angedroht worden iſt. Wir haben uns auch um eine Auskunft bemüht, konnten ſie je⸗ doch in der Kürze der Zeit nicht erbalten, da maß⸗ gebende Perſonen nicht anzurufen waren. Ich mache weiter darauf aufmerkſam, daß inzwiſchen durch den § 9 der erwähnten Verordnung eine Winterbeihilfe für die Erwerbsloſen geſchaffen worden iſt. Der § 9 lautet: In den Orten der Ortsklaſſen X und B ſind die Gemeinden (Gemeindeverbände) er⸗ mächtigt, den Erwerbsloſen, die das 16. Le⸗ bensjahr vollendet und an mindeſtens 60 Tagen der vorhergehenden 3 Monate die volle Erwerbsloſenunterſtützung bezogen haben. in der Zeit vom 1. November 1919 bis zum 31. März 1920 aus Mitteln der Erwerbs⸗ loſenfürſorge eine Winterbeihilfe zu gewähren. Dieſe Winterbeihilfe wird alſo auf 5 Monate ge⸗ währt. Ich kann Ihnen im einzelnen die Aufrech⸗ nung nicht geben und will nur ein Beiſpiel an⸗ führen, das ſich auf einen Erwerbsloſen mit Fran und zwei Kindern bezieht. Für dieſe Familie iſt die Winterbeihilfe auf monatlich 38 ℳ feſtgeſetzi. Der Erwerbsloſe hätte alſo für ſich, ſeine Frau und zwei Kinder eine Erwerbsloſenunterſtützung von monatlich 247 %ℳ und dazu auf 5 Monate je 38⸗ Zulage, das macht 285 ℳ monatlich. Meine Damen und Herren, ich will durchaus nicht behaupten, daß das ein Einkommen ſei, mit dem man glänzend leben könne. Aber ich möchte Sie doch darauf hinweiſen, daß es eine ganze Menge Leute auch in Charlotten⸗ zape gibt, die noch weſentlich weniger Einkommen haben. (Sehr richtig! bei der Bürgerlichen Fraktion.) Ich erinnere vor allen Dingen an die kleinen Pen⸗ ſionäre, dann aber insbeſondere an unſere Kranken, diejenigen Perſonen, die den Krankenkaſſen ange⸗ hören und erkrankt ſind. Die Krankenkaſſen haben ſchon vor einem halben Jahre des öfteren bei der Regierung um Heraufſetzung der Grundlohnklaſſen itioniert. Dieſem Antrag iſt immer noch nicht olge geleiſtet worden. 1 höchſten Stufe heute monatlich 150 ℳ. Wenn aus nicht ſagen, daß das ſo wenig iſt. % Sie daher bitten, den Antrag abzulehnen. Ein Kranker bekommt in Sie die Unterſtützung des Erwerbsloſen in dem vor⸗ ver erwähnten Falle dagegenhalten, ſo kann man durch⸗ dem Kranken gegenüberſ d Der trante Hausvater kann natürlich und Kinder haben: das iſt doch ganz Dezember 1919 Damit Sie aber nicht etwa glauben, daß ich nur das anführe, was gegen den Antrag ſpricht, will ich auch einiges 44 was jedenfalls die nachfolgenden Redner erwähnen werden, nämlich was unſere Nach⸗ bargemeinden und Berlin ſelbſt in dieſer Be⸗ ziehung getan haben. Der Magiſtrat Neukölln hat nach dem Antrage der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung eine Winterbeihilfe für die minderbemittelte Bevölkerung genehmigt und dafür Mittel in Höhr von 600 000 ℳ bereitgeſtellt. Bei der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung Berlin⸗Wilmersdorf iſt ein ähnlicher Antrag eingegangen, der auf die Tages⸗ ordnung der nächſten Sitzung gelangen wird. Der Antrag wird nach der Auskunft, die ich von dort erhalten habe, wahrſcheinlich abgelehnt werden. In Berlin⸗Lichtenberg kommt nach der Auskunft des dortigen 4. . 4 eine Weihnachtsbeihilfe in Höhe von 20 ℳ für den Haushalt und 5 ℳ für jedes Kind demnächſt zur Entſcheidung. Die Ge⸗ meinden Berlin⸗Tegel und Berlin⸗Pankow haben Weihnachtsbeihilfen bewilligt. Berlin ſelbſt hat uns eine Auskunft gegeben, aus der wir nicht klar geworden ſind — das iſt ſo üblich, in Berlin wird man immer nicht ganz klar aus der Auskunft, die man bekommt —; 2 (Hört! hört! und Heiterkeit) man hat uns mitgeteilt, daß aus Mitteln der Er⸗ werbsloſenfürſorge Beihilfen nicht gewährt werden dürfen — das wußten wir auch — hat dann weiter geſagt, daß jedenfalls ein ſolcher Antrag einlaufen würde, der dann möglicherweiſe Annahme finden könnte. In Schöneberg iſt die Beſchlußfaſſung in dieſer Angelegenheit vorausſichtlich in den nächſten Tagen zu erwarten. — Das iſt das, was wir von den Groß⸗Berliner Gemeinden haben erfahren können. Meine Herren, aus meinen Ausführungen wer⸗ den Sie erſehen haben, daß es nicht ſo einfach iſt, in dieſen wenigen Tagen vor Weihnachten eine ſolche Vorlage zur Ausführung zu bringen. Ich möchte (Zuruf von der Tribüne.) Vorſteher Dr Borchardt: Wenn von der Tri⸗ büne noch einmal ein Zuruf erfolgt, wird der Zwiſchenrufer ſofort entfernt werden. 4 Stadtv. Dr Hertz: Aber nur bei ſtörender Un⸗ ruhe, Herr Vorſteherf), — Herr Kollege Hertz, ich nehme von Ihnen ne Belehrungen über meine Funktionen entgegen (Stadtv. Hertz: Es machung auf die