Sitzung am 17. man nur den kleinen Bruchteil der Leute ſieht, die Faulpelze ſind und vielleicht die Arbeitsloſenunter⸗ ſtützung ausnutzen. Meine Damen und Herren, es hat vor dem Kriege Faulpelze gegeben, und es gibt jetzt Faulpelze, und es wird immer Faulpelze geben. Der Krieg iſt nicht dazu angetan geweſen, die Ar⸗ beitsluſt der Leute zu ſtärken. Wenn es alſo eine kleine Anzahl Arbeitsſcheuer unter den Arbeitsloſen gibt, die natürlich überall geſehen werden und über die ſich alle bürgerlichen Zeitungen immer furchtbar aufregen, — wenn es z. B. unter den 6500 Arbeits⸗ loſen, die wir, glaube ich, in Charlottenburg haben, wirklich 500 ſolcher Faulpelze geben ſollte, dann kann ich nicht begreifen, wie man die 6000 anderen, ſchwer darbenden darunter mitleiden laſſen dürfte. Das iſt mir vollſtändig umfaßlich. Nun hat Herr Geheimrat Stadthagen die Verordnung der Regierung herangezogen, nach der eine Neuregelung der Erwerbsloſenunter⸗ ſtützung verboten ſein ſoll. Wenn ich recht verſtan⸗ den habe, haben wir hier im Saale gar nicht von einer Neuregelung der Ewerbsloſenunter⸗ ſtützung geſprochen, (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) ſondern wir haben davon geſprochen, ob es möglich iſt, den Erwerbsloſen zu Weihnachten ein Geſchenk zu machen. Um weiter handelt es ſich gar nichts. Ich bin kein Juriſt, aber nach meinem einfachen Laienverſtand ſollte mir ſcheinen, daß das uns von keiner Regierung verboten werden könnte. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Herr Magiſtratsvertreter hat darauf hinge⸗ wieſen, daß der Antrag der Unabhängigen Fraktion ſo ſpät gekommen und ſo wenig klar gehalten ſei, daß es dem Magiſtrat ſehr ſchwer würde, ihn aus⸗ zuführen, und er ihn deshalb ablehnen müßte. Meine Freunde möchten die Bedenken des Herrn Ma⸗ giſtratsvertreters gern zerſtreuen und haben den Antrag klarer formuliert. Wir wollen den Kreis der Perſonen, die unterſtützt werden ſollen, begrenzen und auch den Betrag feſtſetzen. Wir glauben, damit t. . 11 2 4 1. zu u erreichen, ieſen armen Menſchen wengſten etwas geholfen und ihnen das Weihnachtsfeſt etwas heller gemacht wird, als es ſonſt wäre. Meine Fraktion möchte darum einen Abänderungsantrag einbringen, der folgender⸗ Partei an mich herangetreten iſt und mich gebet „f.] Leute dort nicht arbeiten wollten. Es ſind viel iſt Leute vorhanden, die gern arbeiten möchten; abe Dezember 1919 , in der Woche vom 15. bis einſchließlich 20. De⸗ zember zur Auszahlung gelangt. Zu dieſem Zwecke ſind 200 000 ℳ bereitzuſtellen. Meine Damen und Herren, es iſt uns bekannt, daß die Erwerbsloſenunterſtützung in einer Woche etwa 180 000 ℳ ausmacht. Wenn Sie dieſen Abände⸗ rungsantrag annehmen, ſo entſteht keine Gefahr, daß Leute unterſtützt werden, die der Unterſtützung nicht dringend bedürfen und nicht entſprechend lange ar⸗ beitslos geweſen ſind. Es entſteht dem Magiſtrat auch gar keine Schwierigkeit, die Zahl dieſer Leute feſtzuſtellen. Es ſind einfach die Mittel zu bewilli⸗ gen und die Unterſtützungskommiſſtonen anzuweiſen, an einem beſtimmten Tage die Unterſtützung aus⸗ zuzahlen. Ich bitte Sie, dem abgeänderten Antrage zuzuſtimmen. Vorſteher Dr. Borchardt: Es iſt ein Antrag auf Schluß der Beſprechung eingegangen. Auf der Rednerliſte ſtehen noch die Kollegen Dr. Broh und Dr Löwenſtein. (Der Antrag wird angenommen.) Stadtv. Weidlich (Schlußwort): Werte An⸗ weſende! Ich hätte zu der ganzen Angelegenheit nicht viel hinzuzufügen, aber die Ausführungen des Frl. v. Gierke haben mich wirklich in Erſtaunen ge⸗ ſetzt. Ich kann es nicht verſtehen, wie ein Fräulein v. Gierke, die dauernd Sozialpolitik treibt, erklären kann, für die Arbeitsloſen wäre dieſe Unterſtützung nicht notwendig, und es würde nicht viel helfen, wenn ſie dieſe Unterſtützung zu Weihnachten erhiel⸗ ten. Ich kann Ihnen erklären, daß ich ſelbſt die Arbeitsloſigkeit durchgemacht habe, ich weiß, was Arbeitsloſigkeit heißt. Wochenlang bin ich arbeits⸗ los geweſen, weil ich durch die Ueberproduktion in dieſer kapitaliſtiſchen Geſellſchaftsordnung (Lachen bei der Demokratiſchen und der Bürger lichen Fraktion) aufs Straßenpflaſter geworfen worden bin. In dieſer Beziehung bin ich alſo zweifellos ſachver ſtändiger als Frl. v. Gierke, die noch niemals etwas mit Arbeitsloſigkeit zu tun gehabt hat, als ſich höchſtens dieſen Zuſtand aus der Ferne anzuſehen Dann wurde hier erklärt, daß im Ruhrrevier Arbeitskräfte verlangt würden. Wir haben Leut dorthin geſchickt; ſie ſind uns aber wieder von dem Bürgermeiſter zurückgeſchickt und es iſt uns erklärt worden, daß dort genügend Arbeitsloſe vorhanden wären, die zunächſt untergebracht werden müßten. Trotzdem dieſe Arbeitskräfte hier in Berlin beſtellt worden ſind, wollte das Ruhrrevier noch nicht ein mal die Koſten für dieſe Leute aufbringen; wir ſollten ſogar die Koſten für die Rückreiſe tragen So lagen die Dinge; es trifft alſo nicht zu, daß di da zunächſt diejenigen, die am längſten arbeitslo ſind, vermittelt werden müſſen, ſo hält es ſehr ſchwer für ſie Arbeit zu beſchaffen. Ich kann Ihnen auch erklären, daß ſogar ein Mitglied der Demokratiſchen „einen jüngeren Menſchen, der ein halbes Ja beitslos iſt, unterzubringen. Daran, daß e eſem Menſchen nicht einmal möglich geweſen bekommen, trotzdem er auch ſchon