Es ſind 70 Stimmen abgegeben worden, davon 33 mit Ja und 37 mit Nein; der Antrag iſt abge⸗ lehnt. (Lebhafte Pfuiruſe bei den Unabhängigen 23 Sozialdemokraten.) Wir kommen nunmehr zu dem für dringlich er⸗ hlärten Antrag der Stadtv. Dr Löwenſtein und Gen. betr. Weihnachtsbeihilfe für Armenunterſtützungs⸗ empfänger. Antragſteller Stadtv. Suſe: Meine Damen und Herren! Sie haben allerdings die Unterſtützung für die Arbeitsloſen eben abgelehnt: ich hoffe aber, daß Sie dieſem unſerem Antrage zuſtimmen werden. Wer als Armenpfleger mit den Armen in enger Ver⸗ bindung ſteht, wird auch für die Armenunterſtützungs⸗ empfänger die Not mitfühlen, durch dieſe kalte Win⸗ terszeit hindurchzukommen. Sie ſind nicht imſtande. ſich die notwendige Feuerung zu kaufen, weil die Unterſtützung nicht ausreicht. Es handelt ſich oft um 70 und mehr Jahre alte Perſonen, die nicht in der Lage ſind, noch einen Pfennig zuzuverdienen. Mit den Lebensmitteln geht es ihnen ebenſo. Sie ſind nicht imſtande, ſich die notwendigen Lebensmittel zu kaufen, ſondern häufig gezwungen, ihre Lebensmittel⸗ karten zu verkaufen. Mit der Belleidung geht es ihnen genau ſo. Früher hat man den armen Leu⸗ ten oft durch Schenkung die notwendigſte Bekleidung zukommen laſſen können: heute iſt das nicht möglich, (Andauernde große Unruhe. — Ich bitte doch, daß Sie wenigſtens etwas Ruhe bewahren. Ich erſehe aber aus Ihrem Verhalten, daß Sie kein Intereſſe für die Sache haben, und ver⸗ zichte deshalb darauf, hier weitere Ausführungen zu machen. 2 . Stadtw. Fräulein v. Gierke: Ich kann auch hier nur das ſagen, was ich eben wieder ganz ſtark (Zuruf bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: Fetzt iſt alles ruhig, vorher iſt es nicht ruhig geweſen!) d 1ß das Neinſagen immer viel ſchwerer iſt AIs das e Sitzung am 17. Dezember 1919 getan habe, eine ſehr große Not herrſcht, ſo ſehr ich weiß, daß heute die Armenunterſtützungsempfänger in der ärgſten Bedrängnis ſind, ſo weiß ich auch, daß es noch andere weite Kreiſe gibt, denen eine Hilfe bitter not tut, wie z. B. die nur auf ihre Rente Angewieſenen, die Bezieher von Hinterbliebenen rente, die Kranken und viele andere. In allen dieſen Kreiſen gibt es viele, die dringend Hilfe brauchen and andere, die ſie nicht nötig haben. Wenn wir dieſe ganze Frage ein wenig nachdenklich behande ſo muſſen wir uns doch klarmachen, daß wir mit einem ſchematiſchen Bewilligen an eine Gruppee nicht zu einer Beſſerung der Zuſtände kommen. (Große Unruhe. Es wird mit Pultdeckeln geklopft. — Zurufe bei der Demokratiſchen und der Bürger⸗ lichen Fraktion. — Zurufe bei der Unabhängigen Sozialdemokratiſchen Fraktion: Bei uns herrſcht Ruhe, aber da drüben nichti! Glocke des Vor⸗ ſtehers.) Vorſteher Dr. Borchardt (umterbrechend): Ich bitte, die Zwiegeſpräche zu unterlaſſen. (Sradtv. Dr Broh: Es landelt ſich ja nur um Arme!) 2 — Herr Kollege Broh, das gilt auch für Sie; Sie gehören zu denjenigen, die ſich beſonders darüber beſchweren, daß Sie unterbrochen werden. (Stadtv. D. Broh: Ich habe mich noch nie be⸗ ſchwert; Sie beſchweren ſich immer, wenn ich unter⸗ brochen werde! — Heiterkeit.) Alſo dürften auch Sie ſich bemühen, Ruhe zu be⸗ wahren, wenn ein anderer ſpricht. Stadtv. Fräulein v. Gierke (fortfahrend): Ich ſtelle feſt, daß wir bereit ſind, ſoweit es in unſeren Kräften ſteht, jeder Not abzuhelfen, aber wirklich ab⸗ zuhelfen. Das geſchieht nicht dadurch, daß man die einzelne Not mit einem Eintagsſchein überſtrahlt, der ſofort wieder verblaßt, ſondern daß man mit allen Kräften verſucht, wirklich die Zuſtände zu beſſern. Das kann man nur, wenn man die Mittel ganz ſorgſam zuſammenhält und überlegt, wie es einzurichten iſt, um wirklich mit einer Summe etwas zu leiſten. Mit 200 000, 400 000 ℳ kann ma ſchon ein ganzes Stück auf dem Wege der Beſſerung der ſozialen Zuſtände vorwärtsſchreiten, wenn mo ſie vernunftgemäß und mit Nachdenken verwende und die Erfahrungen, die man in langer Zeit in der Arbeit geſammelt hat, benutzt. So ſchwer es mir im Einzelfalle wird, nein zu ſagen, ſo kann ich für mein Perſon — und ich glaube, mit einem aroßen Tei meiner Freunde — nur ſagen: wir müſſen auch in dieſem Falle nein ſagen. Ich würde es aber ſehr „mehr Zufr erhältniſſe nicht kennte, s zu ſehr geteilt