— 35 —.— der Kurfürſten⸗Straße um den Nollendorf⸗Platz herum gelegenen Stadttheils ſeiner Zeit in nähere Erwägung gezogen werden ſolle. Aber die in Berlin in Sachen der Stadtreinigung zum Theil vor der Oeffentlichkeit ge⸗ führten Verhandlungen hatten für Charlottenburg den Erfolg gehabt, daß man das vorhandene, oben erwähnte Projekt als ungenügend erkannte und von demſelben Techniker ein neues, umfang⸗ reicheres aufſtellen ließ. Daſſelbe wurde im Dezember 1875 vorgelegt, wies ſchon 20 807 lfd. m Thonrohrleitungen und 1680 lfd. m gemauerte eiförmige Kanäle bis zu 1,5 m Höhe, alſo zuſammen etwa 3 deutſche Meilen Leitungen auf und war mit 751 617 Mark ver⸗ anſchlagt. Charlottenburg hatte um dieſe Zeit circa 25 000 Einwohner. Man berathſchlagte wiederum viel über das neue Projekt, begnügte ſich im Uebrigen aber damit, an die bereits aus⸗ geführten Leitungen einige andere beſonders nothwendige, aber nur den augenblicklichen, örtlich begrenzten Bedürfniſſen dienende Leitungen anzubauen. Bei Beginn des Jahres 1877 ging man daran, eine Organiſation auszuarbeiten, durch welche die Brauchbarkeit der vorhandenen und noch zu erbauenden Leitungen durch Abwendung willkürlicher Benutzung gewährleiſtet und die Anſchlüſſe von Grundſtücken an die unterirdiſche Entwäſſerung geregelt werden ſollten. Thieriſche und menſchliche Exkremente ſollten von der Ab⸗ führung in die Leitungen ausgeſchloſſen ſein, es ſollte aber die Beſeitigung der Exkremente jedem überlaſſen bleiben und die Abwäſſer ohne Weiteres den öffentlichen Waſſerläufen zugeführt werden. Als man mit dieſer Organiſation fertig war, beſchloß man, die Ausführung des Projekts von 1877 kräftig zu fördern. Inzwiſchen war anläßlich einiger Spezialfälle (Köln und Stettin) das Zirkularreſtript der vier Miniſter, — des Innern, für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, der Landwirthſchaft und der geiſtlichen ꝛc. Angelegenheiten — vom 1. September 1877 ergangen, welches, geſtützt auf ein von der wiſſenſchaftlichen Deputation für das Medicinalweſen unter dem 2. Mai 1877 er⸗ ſtattetes Gutachten, die Regierungen anwies, fortan kein Kanaliſationsprojekt, zufolge deſſen unreine Flüſſigkeiten den öffentlichen Waſſerläufen zugeführt werden ſollten, zu genehmigen, ohne vorher die miniſterielle Entſcheidung eingeholt zu haben. In Folge deſſen forderte die Königliche Regierung in Potsdam den Magiſtrat auf, über den Umfang und die Bedeutung der Entwäſſerungsanlagen zu berichten. Auf den bezüglichen Magiſtratsbericht erging der Beſcheid, daß als Vorbedingung zur Ge⸗ nehmigung der Entwäſſerungsanlage die Einführung eines geordneten Abfuhrſyſtems unter polizei⸗ licher Ueberwachung gelten müſſe, und daß der Magiſtrat daher einen entſprechenden Organiſations⸗ plan vorzulegen habe. Dieſer Plan machte ſo viel Schwierigkeiten, daß er erſt im Auguſt 1880 vorgelegt werden konnte. Er fußte im Weſentlichen auf folgenden Grundlagen: Man wollte den Hausbeſitzern überlaſſen, zwiſchen Tonnen und Gruben zu wählen mit der Maßgabe, daß dieſe Einrichtungen den näher bezeichneten, auf Undurchläſſigkeit und luftdichten Verſchluß abzielenden Vorſchriften genügen müßten. Die Abfuhr ſollte von der Stadt an einen Unternehmer übertragen werden, jedoch ſollte denjenigen Hausbeſitzern die Entleerung ihrer Abtritts⸗ anlagen freiſtehen, welche dies behufs Verwerthung der Düngerſtoffe in eigenen landwirth⸗ ſchaftlichen Betrieben ausdrücklich wünſchten. Es ſollte geſtattet werden, in die Abtrittsanlagen außer den menſchlichen Erkrementen auch rein thieriſchen Dünger, mit Ausſchluß des Pferde⸗ düngers, ſowie nicht feſte Schlachtabgänge einzuführen. Die Einführung aller ſonſtigen flüſſigen und feſten Stoffe ſollte, ahgeſehen von Spülung und Desinficirung, umter⸗ ſagt werden.