— 32 — Da an dem neuen Entwurfe zum Ortsſtatute von der Aufſichtsbehörde gleichfalls noch einige Aenderungen vorgenommen wurden, ſo verzögerte ſich die definitive Feſtſtellung des Statuts bis zum 6. Dezember 1883. Die endgültige Genehmigung der Aufſichtsbehörde erfolgte jedoch erſt am 4. Inni 1884 und die Publikation endlich am 9. Auguſt deſſelben Jahres. Man hatte nun zwar das Ortsſtatut, aber die Hauptarbeit der praktiſchen Organiſation der Abfuhr fehlte noch. Um Erfahrungen zu ſammeln, ſchickten die ſtädtiſchen Behörden im Herbſt 1884 den Bürger⸗ meiſter und den Stadtbaurath nach den mit organiſirten Abfuhreinrichtungen verſehenen Städten Wiesbaden, Karlsruhe, Freiburg, Stuttgart, Augsburg und Heidelberg. Von dieſer Reiſe brachten die Deputirten die Ueberzeugung mit nach Hauſe, daß für die nach Berliner Muſter gebauten Etagenhäuſer auch die beſtorganiſirte Abfuhr nicht ausreicht. Alle Beſitzer mehrſtöckiger Charlottenburger Miethshäuſer, in denen Gruben oder Tonnen eingerichtet waren, gewannen dieſelbe Ueberzeugung bei ſich ſelbſt, und Jeder, der in ſolchem Hauſe wohnte, nahm die Geſundheitsgefährlichkeit der Abtrittsvorrichtungen, namentlich im Sommer, mit ſeinen Riechorganen nur allzu deutlich wahr. So kam es, daß im Jannar 1885 die Stadtverodneten beſchloſſen: 1. Mit einem Abfuhrunternehmer iſt zunächſt nicht abzuſchließen, vielmehr die durch das Orteſtatut vom 6. Dezember 1883, betreffend die Abfuhr, geſchaffene Grundlage über⸗ haupt zu verlaſſen und — vorbehaltlich der Prüfung der finanziellen Möglichkeit — die Schwemmkanaliſation mit Rieſelfeldern einzuführen. 2 a) Durch einen geeigneten Fachmann iſt ein Projekt auszuarbeiten, welches ſowohl die techniſche, wie die adminiſtrative Frage erſchöpfend klarlegt; demſelben muß ein Anſchlag der Anlagekoſten ſowie der Verwaltungskoſten beigegeben ſein. 5) Die Wirkſamkeit des Ortsſtatuts vom 6. Dezember 1883 iſt zunächſt bis zum 1. Oktober 1887 zu ſuspendiren und hierzu, ſowie zur unverzüglichen Inangriff⸗ nahme der Kanaliſationsarbeiten ohne centrale Klärungsanlage die Genehmigung der Aufſichtsbehörde nachzuſuchen. c) Der Anſchluß des ſüdöſtlichen Stadtgebietes an die Berliner Kanaliſation bleibt für ſich und iſt in jedem Falle erwünſcht. 3. Von der Prüfung des Syſtems Liernur wird Abſtand genommen. Entſprechend dem Beſchluſſe zu 2) wurden die Verhandlungen mit Berlin wegen An⸗ ſchluß des ſüdöſtlichen Stadtgebietes (des 18. Stadtbezirkes) beſonders gefördert und es kam im November 1885 zum Abſchluß eines Vertrages, wonach der gedachte Stadttheil an das Radial⸗ ſyſtem vII der Kanaliſation von Berlin nach Maßgabe des in ſicherer Vorausſicht des Kommenden ſchon lange vorher vom Stadtlaurath Dr. Hobrecht aufgeſtellten Projektes angeſchloſſen werden ſoll, und Charlottenburg an Berlin an Entſchädigung zu zahlen hat als einmalige Abgabe 50 Mark und als dauernde Abgabe pro Jahr 6 Mark für das laufende Meter anſchlußfähiger Straßenfront. Auf Grund dieſes Vertrages iſt inzwiſchen ſchon ein großer Theil der qu. Leitungen zur Aus⸗ führung gelangt. Dem Beſchluß zu 2 a zufolge wurden anfangs drei vergleichende generelle Projekte ausge⸗ arbeitet, und nachdem durch dieſe Arbeiten die finamjielle Ausführbarkeit erwieſen war, beſchloß die Stadtverordneten Verſammlung, ein Specialprojekt auf Grund desjenigen generellen Projekts ausarbeiten zu laſſen, welches man für das zweckentſprechendſte hielt. Fraglich war, welche Lage der Pumpſtation die beſſere ſei, ob man ſie ſo legen müſſe, daß der von ihr ausgehende Haupt⸗ nothauslaß ins Oberwaſſer der durch die neue, unterhalb der Eiſenbahnbrücke der Ring⸗, Hamburger und Lehrter Bahn angelegte Wehranlage geſtauten Spree, oder ins Unterwaſſer ausmünde. Der erſtere Fall war generell in zwei Löſungen, der lebtere in einer Löſung bearbeitet und man ent⸗ 9