— 50 — Die Einquartierung während der Monate April und Mai 1888 iſt dadurch veranlaßt, daß weiland Se. Majeſtät der Kaiſer Friedrich nach ſeiner Rückkehr von St. Remo im hieſigen Königlichen Schloſſe ſeinen Aufenthalt genommen hatte. Die Einquartierungslaſt war gemäß des 1871 den Hauseigenthümern nach dem auf Grund des Gebäude⸗ ſteuer⸗Nutzungswerthes feſtgeſtellten Einquartierungs⸗Kataſter als dingliche Laſt auferlegt und mußte von den Hauseigenthümern ſelbſt bewirkt werden. Wenngleich ſeit Erlaß des Ortsſtatuts die Ein⸗ auartierungslaſt von den Hauseigenthümern als Härte nicht empfunden war und auch für die ſtädtiſche Verwaltung weſentliche Schwierigkeiten nicht verurſacht hatte, ſo hat ſich dies doch ſeit dem 18. März 1888, mit welchem Zeitpunkt ein volles Bataillon in der Stadt einzuquartieren war, geändert. Bei dieſer Einquartierung, die wöchentlich wechſelte, haben faſt ſämmtliche Offiziere und durchſchnittlich 50 pCt. der Mannſchaften auf Anſuchen und für Rechnung der betreffenden Hausbeſitzer anderweitig miethsweiſe untergebracht werden müſſen. In verſchiedenen Fällen wollten die Hausbeſitzer die mit der Einquartierung verbundenen Unbequemlichkeiten vermeiden, die meiſten Hausbeſitzer dagegen waren Mangels geeigneter Räume zur Aufnahme der Einquartierung über⸗ haupt nicht im Stande. Die mit der Ausmiethung verbundenen Koſten ſtellten ſich für die Haus⸗ beſitzer recht erheblich. Beiſpielsweiſe ſind für einen Offtzier 6 ℳ.., für einen Gemeinen mit Mund⸗ verpflegung 3 ℳ. und ohne Mundverpflegung 1,50 ℳ. bezw. 1,20 ℳ. pro Tag gefordert und gezahlt worden. Außerdem aber verurſachte die in ihren Quartieren allwöchentlich wechſelnde Ein⸗ quartierung durch die fortgeſetzt nothwendige Um⸗ und Ausquartierung auf Rechnung der Haus⸗ beſitzer für die ſtädtiſche Verwaltung große Schwierigkeiten. Aus dieſem Grunde wurde das bis⸗ herige Ortsſtatut aufgehoben und zur Regelung der Einquartierungslaſt das nachſtehende Ortsſtatut. Ortsſtatuts vom 2 Auf Grund des § 11 der Städte⸗Ordnung für die ſechs öſtlichen Provinzen vom 30. Mai 1853 und des § 7 alin. 5 des Geſetzes für den Norddeutſchen Bund, betreffend die Quartier⸗ leiſtung für die bewaffnete Macht während des Friedenszuſtandes vom 25. Juni 1868 (Bundes⸗ Geſetzblatt Nr. 34 de 1868) wird für die Stadt Charlottenburg ortsſtatutariſch hierdurch feſtgeſetzt: § 1. Während des Friedenszuſtandes erfolgt die Unterbringung der einzuquartierenden Truppen (Offziere, Beamten, Mannſchaften und Pferde) in gemietheten Quartieren und Ställen durch die ſtädtiſche Servis⸗ und Einquartierungs⸗Deputation. § 2. Die Deckung der Koſten der Unterbringung der Truppen in der in § 1 bezeichneten Art erfolgt zunächſt durch die vom Reiche nach Maßgabe des Geſetzes zu gewährende Entſchädigung (Servis) und, ſoweit dieſe nicht ausreicht, durch einen beſonderen, als Zuſchlag zur Gebäudeſteuer von den Grundeigenthümern zu erhebenden Beitrag. § 3. Die Erhebung dieſes Zuſchlages erfolgt zugleich mit Einziehung der ſtädtiſchen Zuſchläge zur Gebäudeſteuer. § 4. Das Orteſtatut der Stadt Charlottenburg über die Unterbringung der bewaffneten während des Friedenszuſtandes vom 21. Oktober 1871 wird aufgehoben. Charlottenburg, den 11. Juli 1888. Der Magiſtrat. Fritſche. Wittchow.