— 41 — Neubau der Gasanſtalt II. Nachdem in dem Verwaltungsbericht des Vorjahres über die allge⸗ 1 meine Dispofition des Projektes der neuen Gasanſtalt, ſowie über die bis zum Schluß des Etatsjahres 1890/91 bewirkten Bauausführungen gehandelt worden iſt, ſoll in Folgendem über die Vollendung des Baues vis zur Betriebs Eröffnung und über die Art der Bauausführung ſelbſt Bericht erſtattet werden. Im Etatsjahre 1891/92 wurde die doppelt telescopirte Glocke in dem ſchon im Etatsjahre 1890/1 fertiggeſtellten Gasbehältergebäude er⸗ baut, ferner wurden die Keſſel und Werkſtattsmaſchinen in dem ebenfalls in dem Etatsjahre 1890/1 fertig geſtellten Keſſelhauſe aufgeſtellt, das Reſervoirthurmgebäude erbaut und mit den Reſervoiren und Maſchinen ausgerüſtet. Außerdem wurden die Betriebs Rohrleitungen fertiggeſtellt, jo daß am 15. November 1891 der Betrieb eröffnet und am 15. De⸗ zember 1891, dem Gedenktage des 25 jährigen Beſtehens der Gasanſtalt I, die Gasanſtalt 11 den ſtädtiſchen Behörden übergeben werden konnte. Die Prinzipien, welche für die Projektirung der geſammten Anlage und für die Herſtellung des erſten Theiles maßgebend waren, ſind — wie erwähnt — in dem Verwaltungsberichte für das Etatsjahr 1890/91, Seite 73, dargelegt; ebendaſelbſt, Seite 7§ und in Vorſtehendem iſt kurz und in chronologiſcher Folge die Fertigſtellung der einzelnen Theile an⸗ gegeben; über die Bauausführung ſelbſt verdient noch Folgendes näherer Erwähnung: Die Fundirungsarbeiten wurden durch den hohen Waſſerſtand nicht unerheblich erſchwert und durch den außerordentlich ſtrengen Winter 1890/91 ſehr verzögert. Spundwände zum großen Theil mit Dampframmen eingetrieben. Allgemeinen haben die Fundirungsarbeiten trotz der erheblichen Schwierig⸗ keiten, welche der ſtarke Waſſerandrang aus dem groben und tragfähigen Kies verurſachte, einen durchaus glatten Verlauf genommen. Bei der Ausführung der Maurerarbeiten waren beſondere Schwierig⸗ keiten nicht zu überwinden. Die Facaden ſind faſt bei allen Gebänden mit gewöhnlichen Rathenower Steinen verblendet und, dem Charakter der Baulichkeiten entſprechend, ſehr einfach gehalten; dennoch machen die Gebäude in Folge der Verwendung von relativ ſehr wenigen gelben Eindruck. Die Dachdeckung iſt auf dem Retortenhauſe, über dem Kondenſator⸗ raum, auf dem Reinigergebäude und auf dem Keſſelhauſe in Falzziegeln, welche auf eiſernen durch Winkeleiſen gebildeten Latten liegen, ausgeführt. Dieſe durch ihre Dauerhaftigkeit und hohe Feuerſicherheit bekannte Ein⸗ deckungsart verurſachte Anfangs bei dem Retortenhauſe dadurch Schwierig⸗ keiten, daß die zu leichten Ziegel durch den Wind, welcher durch die großen Ventilatoröffnungen eintrat, abgehoben wurden. Dieſe Schwierig⸗ keit wurde durch Verwendung einer anderen Ziegelform beſeitigt. Die Maſchinenräume im Condenſations⸗ und Reſervoirgebäude und das Dach des Magazingebäudes ſind mit Schiefer, welcher auf der mit Dachpappe benagelten Schalung liegt, eingedeckt. Das Gasbehälterdach, das Dach über dem Cyſternenanbau am Kondenſationsgebäude und über dem An⸗ bau an dem Retortenhauſe iſt mit Pappe gedeckt, während der Reſervoir⸗ ebl 2 2 , 20 thurm mit einem en. 9 r Augan on Keſſehauſe mt überwinden, welche in 1 Werke, das bis auf die letzte Schraube nen einer zwiſchen Trägern gewölbten, oben asphaltirten Decke verſehen wurde. iſt, ſich nothwendiger Weiße einſtellen müſſen. ſjonders ſtark konſtruirten und verankerten Pfeilern verbunden. und Maſchinen wurde durch die ſtrenge Kälte ſehr erſchwert. Zur Beſchleunigung der Arbeiten wurden die 88 Im Das Gewicht des Eiſens, welches zu den Eiſenkonſtruktionen ver⸗ wendet wurde, beträgt rot. 110 Millionen Kg. Sämmtliche Dachkon⸗ ſmuktionen mit Ausnahme des Gasbehälterdaches ſind als Koloncean treter der Kommmnalbehörden und der Bürgerſchaft die feierliche Betriebs⸗ Binder und in der Weiſe konſtruirt, daß ihre Herſtellung möglichſt billig wurde. Die Dachkonſtruktion des Gasbehälters iſt ein Kuppeldach, welches aus einem Kegel, einer Kugelzone, und einem abgeſtumpften Kegel beſteht. Eine Ueberficht über die Größe der bedeckten Flächen und über die Zahl der Binder giebt nachſtehende Tabelle: Länge Spann⸗ 3 2 des Ge⸗ weite des S , ,, Gebäude bändes Daches Raum der m m aqm Binder Retortenhaus.. 11109,6 30,8 3377 26 Kondenſations⸗ſ Kondenſatorraum, ſ1 15 14,7 220 8 gebäude 1 Scrubberaum 1 27 12,5 471 Reinigergebäude 64,6 22,9 1481 16 Gasbehäter 45 pb, 45 pm 1590 14 Reſervoirthurmgebäude j 30,9 9.6 298 8 Keſehaus... 28 19,6 550 8 Die Binder wurden liegend zuſammengenietet und dann an einem hölzernen Maſt aufgerichtet und hoch gezogen. Beim Beginn der Mon⸗ tage war es nicht möglich, auf der Spree einen Maſtbaum zu finden, welcher beſonders die 170 Ctr. ſchweren Binder des Retortenhausdaches in einer Höhe von 20 m über dem Fußboden zu tragen im Stande war; es mußte hierfür ein Maſtbaum vom Rhein bezogen werden. Das Dach des Retortenhauſes iſt nur an der Weſtſeite mit den 4 52 Auf der Oſtſeite des Gebäudes liegen die Binder auf ſtählernen Rollen, um der Ausdehnung des Daches Rechnung zu tragen. Das Dach des Gasbehältergebäudes wurde in der Weiſe montirt, daß in der Mitte des Behälters ein 35 m hoher hölzerner Thurm er⸗ richtet wurde und je 2 Sparren zuſammengenietet an dieſem Thurm und an 2 hölzernen auf der Ringmauer befeſtigten Auslegern hochgezogen wurden. Die Arbeiten mußten bei ſtrengſter Kälte ausgeführt werden und brach, als in einer Nacht die Kälte bis auf 18“ geſtiegen war, einer der Ausleger, ſo daß 2 Sparren abſtürzten. Da aber der andere Aus⸗ leger den Stoß aushielt, wurde das noch nicht fertig montirte Dach vor dem Zuſammenſturz bewahrt. Am meiſten erſchwerte Schneefall den Fortgang der Montagen, weil durch dieſen die Eiſenkonſtruktionen voll⸗ ſtändig glatt und unbegehbar wurden. Auch der Bau der Retortenöfen und die Montage der Apparate Gußeiſerne Theile ſprangen beim Transport in Folge der ſtarken Kälte; in den theilweiſe noch offenen Gebäuden wurde der Schnee bis in die Muffen der großen Rohre geweht und ſpritzte das geſchmolzene Blei beim Ver⸗ gießen wieder heraus und die Maſchinen roſteten während der Montage. Mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten war auch die Montage der 20 je 100 Ctr. wiegenden Belaſtungsplatten für den hydrauliſchen Kraft⸗ ſammler verknüpft: indeß iſt bei ſämmtlichen Montagen nur ein einziger Unglücksfall vorgekommen. die vielfachen, durch die Witterungsverhältniſſe herbeigeführteu Verzögerungen waren die Urſache, daß im vergangenen Etatsjahre 1891 92 mit Aufbietung aller nur anſtellbaren Kräfte an den Monier Baſſins, Ziegeln in den Geſimſen und Fenſterbögen einen durchaus gefälligen an der Gasbehälterglocke und an den Betriebsrohren gearbeitet werden mußte. Der Umfang der auszuführenden Rohrarbeiten ergiebt ſich aus der Angabe daß die Länge der nur auf dem Grundſtück der Anſtalt befindlichen Gas⸗, Waſſer⸗, Dampf⸗, Ammoniak⸗ und Theerrohrleitungen rot. § Kilometer beträgt. Der Druck in dem hydrauliſchen Rohrnetz, welches das Betriebs⸗ waſſer für die Fahrſtühle, Lade⸗ und Ziehmaſchinen, Wendeeinrichtung, für die Hebevorrichtungen der je 10 000 kg ſchweren Reinigerdeckel und ſpäter für die Kohlen Hebeeinrichtungeu am neuen Verbindungskanal liefert, beträgt 50 Atmosphären. Für die Waſſerverſorgung der Anſtalt wurden 4 kupferne Rohrbrunnen von 250 mm Durchmeſſer bis 30 m tief eingebohrt. Bei der Inbetriebſetzung waren die vielfachen Schwierigkeiten zu ſich 2 Indeß iſt auch die In⸗ betriebietzung ohne Unfall und ſehr ſchnell gelungen. Am 15. Dezember 1891 fand unter Theilnahme zahlreicher Ver⸗ eröffnung der Gasanſtalt II ſtatt. Charlottenburg, den 15. Oktober 1892. Die Deputation für da⸗ Erlenchtungaweſen. Büchtem ann.