— 32 — Krankenhaus aufgenommen und, wenn nothwendig, zur Spezialbehandlung Berliner Kliniken überwieſen. Geiſteskranke und Sieche werden zum Theil in hieſigen Privatanſtalten, zum Theil in den vom Provinzialverbande unterhaltenen Anſtalten untergebracht. Die der Stadt zur Laſt fallenden Pflegekinder ſind zum größeren Theil in Privatpflege, zum kleineren in der hieſigen Prinz Karl⸗Stiftung untergebracht. Die Kontrole über die Erſtgenannten wird durch die für jeden Stadtbe irk beſtellten Waiſenräthe, denen je eine den gebildeten Ständen angehörige Dame als Waiſenpflegerin zur Seite geſtellt iſt, aus⸗ geübt. Die Waiſenräthe bewirken auch die Auszahlung der Pflegegelder, die je nach dem Alter der Kinder 18—9 Mt. monatlich betragen. Die Pflegekinder erbalten alljährlich einmal vollſtändige Bekleidung. 3. Zur Umterſtützung Bedürftiger außerbalb des Rahmens der eigent⸗ lichen Armenpflege ſtehen der Stadt einige Stiftungen zur Verfügung. Beſonderes. Die ſchnelle Zunahme der Bevölkerung der Stadt und der nach den beſonderen örtlichen Verhältniſſen damit verbundene Zuzug einer größeren Zahl der ärmeren Bevölkerungsklaſſen angehörigen Perſonen hat auch im Berichtjahre eine nicht unerhebliche Zunahme der Geſammtkoſten der Armen⸗ pflege bedingt. Neben der Steigerung der Summe der laufenden und ein⸗ maligen Unterſtützungen, die eine Erhöhung des urſprünglich etatmäßig veranſchlagten Betrages im Laufe des Jahres nothwendig gemacht hat, iſt ganz beſonders die ſehr bedeutend gewachſene Inanſpruchnahme unſeres Itrankenhauſes für Armenzwecke hervorzuheben. Die Zahl der auf Armen⸗ koſten behandelten Kranken hat 486 gegen 284 im Vorjahre, der dadurch erwachſene Koſtenberrag, nach der Zahl der geſammten Berpflegungstage verhälmißmäßig berechnet, 32263 Mt. gegen 15500 Mk. im Vorjahre be⸗ tragen. Die Zunahme vdürfte im Weſentlichen auf die Erweiterung und Vervollkommnung des ſtädtiſchen Krankenhauſes zurückzuführen ſein; denn den eben erwähnten erhöhten Aufwendungen gegenüber iſt ein Stillſtand in dem Anwachſen derjenigen Koſten zu konſtatiren, die an andere Armen⸗ verbände, insbeſondere an Berlin für die in den dortigen Krankenanſtalten (früher faſt ausſchließlich) behandelten, dem Armenverband Charkottenburg zur Laſt fallenden Perſonen zu erſtatten ſind. Eme nicht unerhebliche Steigerung der Ausgaben iſt durch das am 1. April 1893 in Kraft getretene Geſetz vom 11. Juli 1891 hervorgerufen, auf Grund deſſen für jeden in den Anſtalten des Provinzialverbandes untergevrachten Geiſteskranken oder Siechen jährlich 300 Mk. an den Pro⸗ vinzialverband zu zahlen ſind, während bisher dieſer die Koſten allein trug. Die Ausgaben haben bei dieſer Poſition 9448 Mk. mehr als im Vorjahre betragen. In Folge der vermehrten Koſten der Krankenhauspflege und der Unterbringung der Geiſteskranken und Siechen weiſt das Berichtjahr auch relativ, d. h. im Bergleich mit der Zunahme der Bevölkerung, eine geringe Jahre auf. Sieht man hiervon ab⸗ ſo iſt jeſtzuſtellen, daß ſich ſeit 1886,87 die Armenlaſt der Stadt relativ, alſo im Verhälmiß zur Einwohnerzahl, erheblich vermindert hat. Dies gilt Unterſtützten zur Einwohnerzahl, als von Bevölkerung entfallenden Beträge. Das E , ſammt Ge⸗ ſammt⸗ ausgabe fieag ausgabe ein⸗ ausgabe ein⸗ % ſcheßlich pro am Orte pro ſchließlich pro IJErſtat⸗ Kopf ſelbſt, Kopf Er⸗ Kopf Zahl der tungen 5 alſo ab. der ſtattung der Einwohnerzahl 14 — an er züglich an 5 18 der Ein⸗ andere Ein⸗ der an Ein⸗ Ein⸗ m Armen⸗ andere Armen⸗ 5 Jahre mats woh⸗] vertände wob⸗ Armen 006 ver⸗ 000 2 2 ner⸗ und ohne ner⸗ verbände ner⸗ bände, ner⸗ ſtützten Abzug 1 ge⸗ ahl abzügli ch zaht zahl der uns zab leiſteten der uns er⸗ Zah⸗ er⸗ ſtatteten lungen 1. eträge eträge 9 64 72 2 I. ¾. 2 1 2 3 2 1 2 6 7 8 9 188687: 44105 1190 2,69 97014 2,19 87014 2,00 78986 1,79 1887/88: 49347 1171 2,37 97496 1,98 87496 1,77 83974 1,70 1886/89: 55448 1188 2.11 1003% 1.81 30227 1es Srone 133 1889/90: 68385 1220 1.78 10680) 156 93000 136 oll1s 143 1890 91: 70818 1257 13 12900 1,7 114090 148 108767 1,42 1891,92: 86862 1503 1,74 156150 1,81 138150 1,59 13256, 1.53 1892 93. 7 1604 1.65 120581 178 13500 159 1424 142 1893/94: 112313 1857 1,65 210332 1,96 191692 1,71 177494 1,58 Daß die Verminderung der auf den Kopf der Bevölkerung entfallenden Ausgaben hinter dem erheblichen Herabgehen des Prozentſatzes der Unter⸗ ſtützten zurückgeblieben iſt, dürfte im Weſentlichen darauf zurückzuführen ſein, daß der Betrag der einzelnen Unterſtützungen im Laufe der Jahre allmählig erhöht iſt. Die Armenverwaltung geht von dem Grundſatz aus, daß — von Ausnahmefällen abgeſehen — Unterſtützungen in Form von minimalen Berrägen, wie ſie früher vielfach gezahlt worden ſind, nicht geeignet ſind, den beabſichtigten Zweck, den Empfänger im Kampfe des Lebens aufrecht zu erhalten und ihm eine Grundlage für den eigenen Weitererwerb zu gewähren, zu erfüllen. Zur Zeit bilden monatliche Unter⸗ ſtützungen von etwa 10 Mt. für Einzelperſonen, 15— 20 Mk. für Familien die Mehrzahl aller gezahlten Almoſen. Die allmählige Fortbildung jenes Grundſatzes wird angeſtrebt; immerhin muß auch hierbei das Erreichbare im Auge behalten werden. Im Anſchluß an die gegebene Ueberſicht liegt die Frage nahe, welchen Einfluß die Arbeiterverſicherungsgeſetze auf die Armenlaſt ausgeübr haben. Daß ſie nicht ganz ohne Einwirkung geweſen ſind, kann anerkannt werden, ſoweit ſich darüber überhaupt etwas Poſinives ſagen läßt; ein weitgehender entſcheidender Einfluß muß aber verneint werden. Von den drei großen Klaſſen der Arbeiterverſicherung wird unzweifelhaft der Krankenverſicherung und zum Theil mit ihr konkurirend der Unfallverſicherung die größte Einwirkung beizumeſſen ſein. Ein Theil der hier Verſicherten würde vor⸗ ausſichtlich ohne ſie die Armenpflege in Anſpruch genommen haben. Dies zeigt eine Vergleichung der Zahl der auf Armenkoſten ſeit 1886/87 im ſtädtiſchen Krankenhauſe behandelten Perſonen, die — ſelbſt wenn man die ausnahmsweiſe ſtarke Inanſpruchnahme im Berichtjahr mit berückſichtigt — doch hinter der nach der Bevölkerungszunahme an ſich zu erwartenden ſehr bedeutend zurückbleibt. Auf Armenkoſten ſind behandelt und verpflegt worden: 1886/87 — 372 Perſonen 1890/91 — 246 Per onen 1887/88 — 286 1 1891/92 — 308 — 1888/89 — 261 7 1892/93 — 284 — 1889/90 — 257 7 1893/94 — 486 7 Auf der anderen Seite darf indeß der Einfluß der Krankenverſicherung auch nicht zu hoch geſchätzt werden. Die Erfahrung lehrt, daß der größte Theil der im Wege der Armenpflege unterſtützten Perſonen überhaupt in keinem verſicherungspflichtigen Verhältniſſe ſteht. In Fällen, in denen die Unfallverſicherung wirkſam eintrat, hat bei der langen Dauer, die regelmäßig über die Feſtſtellung der Entſchädigung vergeht, die Armenpflege wiederholt vorläufig helfend eingreifen müſſen, ſo daß erſt längere Zeit nach dem Unfall eine Entlaſtung (theilweiſe auch eine Erſtattung der Aufwendungen) herbeigeführt iſt. Weſentlich geringer muß der Einfluß der Alters⸗ und Invaliditäts⸗ verſicherung veranſchlagt werden, von der im Uebrigen daſſelbe wie von der Unfallverſicherung gilt. Die Zahl der bisher bewilligten Renten iſt eine ſo geringe, daß ſie gegenüber der Geſammtzahl der Unterſtützten wenig in Vetracht kommt. Der geringen Zahl von Fällen, in denen eine Unter⸗ ſtützung wegen der bewilligten Rente hat geſtrichen werden können, ſtehen andere gegenüber, in denen das Almoſen hat fortgezahlt werden müſſen, weil die geringfügige Rente nach den Verhältniſſen nicht als ausreichende Sicherung des Unterhaltes angeſehen werden konnte. Zuzugeben wird ſein, daß eine Anzahl der Rentenempfänger ohne die Rente möglicherweiſe die Armenpflege würde haben in Anſpruch nehmen müſſen, doch laſſen ſich hier auch nur annähernde Schätzungen nicht machen. Statiſtiſches. 1. Die im Berichtjahre erwachſenen Geſammtkoſten der Armenpflege Mk. Koſten der Krankenhaus⸗