— 58.— geſchickt wird, daß die eingeklammerten Zahlen diejenigen des Vor⸗ jahres ſind. Es ſind 633 (654) Streitſachen anhängig gemacht, ſodaß unter Hinzurechnung der am Schluß des Vorjahres unerledigt gebliebenen 34 im Ganzen 667 (664) Streitſachen zu verhandeln waren. Hiernach ſind im Jahre 1894/95 zwar 21 Streitſachen weniger anhängig gemacht als im Vorjahre; dennoch bedeutet dies keine Verminderung der Geſchäfte des Gewerbegerichts. Denn die Zahl der Fälle, im welchen mehrere Kläger durch gemeinſchaftliche Klage ihre Anſprüche erhoben, iſt von 94 auf 106 und die Zahl der Kläger von 872 auf 951 geſtiegen. Außerdem mußte eine ganze Reihe ſchriftlich eingegangener Klagen wegen ganz offenbarer Unzuſtändigkeit des Gewerbegerichts den Abſendern zur Erſparung von Zeit und Koſten zurückgegeben werden, ohne daß eine Eintragung in die Prozeßliſte erfolgte. Die Inanſpruchnahme des Gewerbegerichts iſt ein Zeichen für die Beliebtheit deſſelben wegen ſeiner ſchleunigen und billigen Erledigung von Rechtsſtreitigkeiten. Von obigen 667 Streitſachen betrafen 31 % (35 %% , nämlich 208 (228) Entſchädigungsanſprüche wegen nicht eingehaltener Kündigungsfriſt, darunter 173 (185) Fälle, in denen ledig⸗ lich ſolche Entſchädigungen beanſprucht, und 35 (43) Fälle, in denen da⸗ meben auch rückſtändige Lohnforderungen erhoben wurden. Es zeigt ſich hiernach nur eine ganz geringe Verminderung derartiger Streitfälle gegen das Vorjahr. Dieſe iſt um ſo weniger von Bedeutung, als aus der bis⸗ herigen Praxis des Gewerbegerichts die hieſigen gewerblichen Kreiſe hin⸗ reichende Erfahrungen geſammelt haben könnten, um durch geeignete, jeden Zwerfel ausſchließende, ſchriftliche Arbeitsverträge ſolche Streitfälle möglichſt zu vermeiden. Klare Arbeitsverträge können nur dazu beitragen, gute Veziehungen zwiſchen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herzuſtellen und zu befeſtigen. Um ſo bedauerlicher iſt es, daß die von dem unterzeichneten Vorſitzenden des Gewerbegerichts durch die hieſigen Zeitungen und durch beſondere Mit⸗ theilung an ſämmtliche hieſige Innungen den Gewerbetreibenden gegebene Anregung zur Einführung ſehr einfacher, aber beſtimmter, ſchriftlicher Arbensverträge ſ. g. Arbeitszettel nach den bisherigen Erfahrungen wenig Beachiung gefunden hat. Die ſehr geringen Unbequemlichkeiten und Koſteu derartiger Arbeitszettel kommen dem Werth der ſchriftlichen Arbeitsverträge gegenüber garnicht in Betracht. Doch iſt die Indolenz mancher Arbeit⸗ geber anſcheinend ſolange unüberwindlich, bis ſie eimmal recht traurige Erfahrungen für ihren Geldbeutel gemacht haben. Auf die hieſigen größeren Fabrikbetriebe mit ihren ſehr zahlreichen Arbeitern, für welche alle Arbeitsbedingungen durch die geſetzlich vor⸗ geſchriebenen Arbeitsordnungen klar feſtgeſetzt ſind, entfallen nur 6 % aller Gewerbeſtreitſachen. Hieraus folgt, daß eventuell die geſetzliche Einführung der von dem Unterzeichneten angeregten Arbeitsverträge („Arbeitszettel“) ſich in den übrigen Gewerbebetrieben — größeren und kleineren — gur bewähren würde, wenn auch die ungünſtige wirthſchaftliche Lage des kleinen Gewerbetreibenden und die theilweiſe recht ungeſunden hieſigen Bauunter⸗ nehmungen häufiger zu Prozeſſen führen. Die ſog. Bauſchwindler ver⸗ meiden natürlich geradezu klare Abmachungen mit ihren Arbeitern und beſchäftigen deshalb das Gewerbegericht ganz beſonders mit ihren Streitig⸗ keiten. Es entfallen auf das Baugewerbe 50 % nämlich 334 (329) „ Fabrikbetriebe „ „ 43 (33) „„ das übrige Gewerbe u. Handwert 44 % „ 290 (302 Die Klagen betrafen Streitigkeiten von Arbeitgebern gegen Arbeiter. „ „ „ 1 ( 8) „ Arbeitern gegen Arbeitgebeu. . 660 (639) Arbeitern gegen Arbeiter. 1 6 (17) Dretgenenſtaa war: 1. Antritt, Fortſetzung oder Auflöſung des Arbeitsverhälmiſſes, ſowie Aushändigung oder Inhalr des Arbeitsbuches oder Zeugniſſes in .. 36 (18) Fällen. 2. Leiſtungen und Enmſchadigungsanſprüche aus dem Arbeitsverhältniſſe, ſowie eine in Be⸗ ziehung auf daſſelbe bedungene Konventional⸗ ſtrafe in Berechnung und Anrechnung der von den Arbeitern pp. zu leiſtenden Krankenverſiche⸗ 635 (636) „ rungs⸗Beiträge in 1 ( 25 „ 4. Anſprüche auf Grund der Uebernahme emer gemeinſamen Arbeit von Arbeitern pp. des⸗ ſelben Arbeitsgebers gegen einander in 6 (17) „, Summa 678 (673) Fällen. Darunter Anſprüche zu 1 Vec 3 Lennſe mit denen zu 2 in 2 mithin Streitfälle Aberhaugt⸗ wie e aben Der Werth des betrug: bis 10 Mk. einſchl. . 124 mehr als 10 bis 20 Mt. einſchl. in A cc7 (64) Falen. 53) (217) Falen „ „, 29 , 80 % „ 247 (196) „ „ „ 50 „ 100, „ „ 160 (1699 „ „ „ 100 „ 200, „ „ 42 (36) ⸗, „ „„ 200 „ 300 „ „ „„ 12 ( 10) „ „ „ 300 Mk. . . . . 13 4 25) ,„, Summa 661 (653) Fällen. Darunter befinden ſich 20 Fälle, in welchen nur wegen Verweigerung des Arbeitsantritts bezw. wegen verzögerter Aushändigung der Zeugniſſe pp. Entſchädigungen gefordert wurden. In den übrigen 6 (11) Fällen wurde lediglich die Aushändigung von Zeugniſſen pp. ohne Entſchädigungsanſpruch verlangt. vor dem überhaupt Vorſitzenden Spruchgericht im im im Die Klagen wurden erledigt: 2 2 32. 2 2 E 72 2 22 22 2 25 S 3 s 2 8 Durch Zurücknahme vor dem Terrin — — — — 13 15 Durch Zurücknahme im 68 44 6 — 74 44 „ Bergleich 148] 232] 37 16] 185 248 „ Anerkenntniß ] Termin 10 16 1 2 11 18 durch Verſäumnißurtheil gegen Kläger 2, — 1 2 3 2 „Beklagteſ 71 46 11 9 82 55 nach kontrabiktoriſcher Verhandlung: durch Verurtheilung 4 — 109 65, 113 65 „„ Abweiſung der Klage 21 8 56 57 77 65 auf andere Weiſe (Ruhenlaſſen des Prozeſſes pp.) 85, 118“ 11 — 96, 118 Summa ] 409 464. 232 151] 654 630 unerledigt blieben am Jahresſchluß: 13 34 Dieſe Tabelle ergiebt, daß im Berichtjahre die Parteien trotz der Bemühungen des Vorſitzenden erheblich weniger zur gütlichen Beilegung des Prozeſſes geneigt waren, als im Vorjahre. Während im Vorjahre nur 30 % der Streitſachen durch Verſäumniß⸗ oder kontradiktoriſches Urtheil erledigt wurden, iſt dieſer Prozentſatz im Berichtjahre auf 42 %, geſtiegen. Darauf iſt auch die erhebliche Vermehrung der Zahl der vor das Spruchgericht verwieſenen Streitſachen zurückzuführen Letztere betrug im Berichtjahre 35 % gegen 24 %% des Vorjahres. Man wird nicht fehl⸗ gehen, wenn man dieſe Erſcheinung auf die Schwierigkeit der Zeitverhält⸗ niſſe, welche die Parteien weniger zum Nachgeben geneigt macht und auch auf die beſſere Kenntniß der gegenſeitigen Rechte und Pflichten zurückführt, welche die Gewerbegerichte auch dem gleichgültigſten Gewerbetreibenden — ſei er Arbeitgeber oder Arbeitnehmer — unzweifelhaft gebracht haben. Die erſte Verhandlung über die anhängig gemachten Klagen fand in der Regel vor dem Vorfitzenden allein und nur in 10 Fällen aus beſonde⸗ ren Gründen ſogleich vor dem Spruchgericht d. h. unter Zuziehung der Beiſitzer ſtatt. Die vor dem Vorfitzenden ſtreitig gebliebenen Sachen wurden vor dem Spruchgericht weiter verhandelt. Die Sitzungen des Spruchgerichts wurden auf einen längeren Zeitraum im Voraus feſtgeſetzt und die Beiſitzer für die Sitzungen, und zwar 4 für jede Sitzung, durch das Loos beſtimmt. Die erheblich vermehrte Zahl der ſtreitig gebliebenen Sachen machte wiederholt die Einſchiebung von Spruchſitzungen noth⸗ wendig. Die anhängig gemachten Streitſachen wurden an 77 (78) Termins⸗ tagen verhandelt. An 54 (63) Tagen wurden die Sitzungen von Vorfitzenden allein und an 23 (15) Tagen Spruchſitzungen abgehalten und zwar: